Verschiedene “Darreichungsformen” von Tests: Gamified Assessments kommen bei Bewerbenden am besten weg…

Der eine oder die andere wird die Unterscheidung ja mittlerweile kennen, die Lars Jansen, Kristof Kupka und ich in unserem Buch “Recrutainment” vorgenommen haben – die Unterscheidung zwischen “Gamified Assessments” und “Game-based Assessments“…

Kurz zum Hintergrund: Es geht hierbei in beiden Fällen um Auswahltests, die im Rahmen der Auswahlentscheidung der Unternehmen eingesetzt werden. Es handelt sich hier also um Personen, die sich beim Unternehmen beworben haben und nun zur besseren Einschätzung von Eignung und Passung getestet werden sollen (“Fremdselektion”).

Und solche Tests können natürlich unterschiedlich beschaffen sein und vor allem auch unterschiedlich “dargereicht” werden.

Klassisch wäre die Variante des sog. Paper-Pencil-Tests, d.h. der Test wird auf Papier bearbeitet und im Nachgang per Schablone ausgewertet.

Etwas moderner wäre die Darreichung als computerbasierter oder Online-Test, bei denen die Eingaben per Computer gemacht werden und auch die Auswertung dann durch einen Algorithmus passiert.

Und solche computerbasierten Assessments können nun in unterschiedlicher Form und in unterschiedlichem Ausmaß “gamifiziert” bzw. “recrutaint” daherkommen. Man spricht hierbei von Game Related Assessments aber innerhalb dieser gibt es die wichtige Unterscheidung zwischen Game-based Assessment und Gamified Assessment.

Ganz grob gesagt:

Bei Game-based Assessments (GBA) spielen die Testpersonen ein Spiel und aus dem Spielverhalten bzw. der Spielperformance wird dann auf Eigenschaften, Fähigkeiten und Potenziale der Person geschlossen.

Bei Gamified Assessments hingegen handelt es sich nicht um Spiele. Vielmehr bleibt das Messverfahren im Grunde ein computerbasierter Test, der das misst, was gemessen werden soll. Dieser Test wird hier aber quasi in einen spielerischen Rahmen eingefügt, eine mehr oder weniger fantasievoll-spielerische (“surreal”) bzw. mehr oder weniger informative (“serious”) Rahmenhandlung.

Ähnlich sortiert dies übrigens auch der an der Universität von Zaragoza lehrende Prof. Pedro Ramos-Villagrasa, der sich ebenfalls sehr intensiv mit diesem Themenfeld beschäftigt, in einem Ende 2023 erschienenen Artikel:

Wie werden die verschiedenen Formen bewertet? Von RecruiterInnen und KandidatInnen?

Zu dieser Frage wurde nun eine sehr aufschlussreiche Untersuchung veröffentlicht:

Playful personnel selection: The use of traditional versus game-related personnel selection methods and their perception from the recruiters’ and applicants’ perspectives (Ohlms, Melchers, Kanning, 2024)

Was kam raus?

Gründe für den Einsatz von Game Related Assessments aus Sicht des Recruitings

Wenn das Recruiting erwägt, statt der eher klassischen Formen von Tests Game Related Assessments einzusetzen, dann wie folgende Abbildung zeigt, sind die maßgeblichen Gründe, dass man sich davon einen positiven Effekt auf die Imagewahrnehmung des Unternehmens sowie positive Bewerberreaktionen (also Akzeptanz) verspricht (die Skala reichte von -2 bis +2).

Spannend wird nun der Blick darauf, wie RecruiterInnen, VOR ALLEM aber KandidatInnen denn die verschiedenen Formen der Testdarreichung hinsichtlich ihres Potenzials, die beabsichtigten Ziele auch erreichen zu können, einschätzen. Besonders interessant ist hierbei natürlich der Blick auf die KandidatInnen-Seite, denn um deren Akzeptanz sowie deren Imagewahrnehmung des Unternehmens geht es ja.

Und hier zeigt sich, dass vor allem Gamified Assessments einen wirklichen Unterschied machen können. Als signifikant “moderner” werden beide Formen der Gamification wahrgenommen, in Bezug auf Spaß (Enjoyment), der (wahrgenommenen) “Gelegenheit, sich zu zeigen” (Opportunity to perform) sowie vor allem der Job-Bezogenheit (Jobrelatedness) schneiden Gamified Assessments deutlich besser ab als Game-based Assessments. Game-based Assessments liegen bei der für die Arbeitgeberkommunikation ja ganz maßgeblichen Kennzahl “Jobrelatedness” sogar (deutlich) hinter den nicht recrutainten Testvarianten Paper-Pencil und Computerbasiert.

Fazit:

Ja, man kann mit der Gamification von Testverfahren sehr wohl positive Effekte in Bezug auf Akzeptanz und Image erzielen.

Aber es ist entscheidend wie die Gamification erfolgt!

Die Tests im Kern dabei gar nicht wirklich anzufassen, sondern auf bewährte, validierte Instrumente zu setzen, diese dann aber in eine möglichst informative und den Arbeitgeber vorstellende Rahmenhandlung einzubetten, dürfte das Mittel der Wahl sein!

Dass nämlich auch die Art und Weise, wie diese Rahmenhandlung gestaltet wird, einen erheblichen Unterschied machen kann, zeigt eine andere Studie aus dem vergangenen Jahr, die aktuell zur Veröffentlichung eingereicht ist:

It’s just a game! Effects of the level of fiction of a storified test on applicant reactions (Ohlms, Melchers, Lievens, 2023)

Hier zeigt sich, dass eine spielerische Rahmenhandlung um die Tests herum insb. dann überlegen ist, wenn diese einen echten informatorischen Mehrwert liefert, also “anforderungsbezogen” ist. Wir haben diese Formen in unserem Buch “Serious Gamified Assessments” genannt (siehe Klassifikation oben).

Es freut uns natürlich, dass die Forschung hier nachdrücklich und unabhängig bestätigt, was wir aus praktischer Erfahrung in etlichen Kundenprojekten (u.a. Allianz, Telekom, Douglas, Fielmann, EDEKA, EON, TK oder ganz frisch gerelauncht: Targobank uvm.) schon recht lange wissen…

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