Karriere-Websites – darauf kommt es an. Teil 4. Was sind Elemente guter Karriere-Websites? Diesmal: Testimonials

Da habe ich Ende letzten Jahres mit viel Elan eine Artikelreihe zum Thema „Karriere-Websites“ gestartet und nach den in schneller Folge veröffentlichten Teilen 1 („Motiv- bzw. bedürfnisgeleitete Navigation„), 2 („überragende Bedeutung der Karriere-Website„) und 3 („Blogs„) einfach aufgehört.

Schande über mich…

Dabei mangelt es keineswegs an Themen rund um die Karriere-Website, die beachtens- und berichtenswert wären. Es mangelt oftmals vielmehr an Zeit, diese Themen aufzuschreiben und natürlich passiert auch so schon soviel tagesaktuelles, was sich dann immer wieder vordrängelt. Im Recrutainment Blog waren das immerhin 66 Beiträge seit dem 28. Januar 2014 – dem Tag der Erscheinung des bis dato letzten Teils der Artikelserie.

Dass mich Gott sei Dank in der Zwischenzeit die Realität aber noch nicht überholt hat, sondern die Karriere-Website nach wie vor – und perspektivisch sicherlich auch bleibend – das zentrale Element der Arbeitgeberkommunikation ist, haben unlängst wieder eine Reihe von Studien bestätigt – wie etwa kürzlich die Studie Azubi-Recruiting-Trends 2014.

Kanäle

Insofern kommt dann heute voller Elan Teil 4 der Artikelreihe „Karriere-Websites – darauf kommt es an“. Heute möchte ich mich dem Einsatz von Mitarbeiter-Testimonials als Elemente der Karriere-Websites widmen.

Wenngleich man den Beitrag sicherlich auch einzeln konsumieren kann, empfehle ich dennoch die Teile 1 bis 3 vorher in chronologischer Reihenfolge zu lesen (Links siehe oben), weil diese doch sukzessive aufeinander aufbauen, bilden sie doch im Prinzip die Inhalte meiner Vorlesung zu Karriere-Websites an der Quadriga Akademie ab, die ich dort zweimal jährlich halte.

(Mitarbeiter-)Testimonials als Element der Karriere-Website

Ich kann mich noch gut erinnern als vor einigen Jahren das erste Mal der Begriff „Authentizität“ so richtig anfing, durch die einschlägige Szene zu wirbeln. Begünstigt durch die aufkommende Euphorie um Social Media begann man das Mantra der Kommunikation auf Augenhöhe vor sich her zu tragen.

Daran bzw. an dessen Richtigkeit hat sich auch seitdem nichts, aber auch gar nichts geändert.

Man kann es so formulieren: Je reiner der Wein ist, dem man einem potentiellen Bewerber im Vorwege einschenkt, desto größer ist auch die Chance, dass sich die richtigen – die passenden – Kandidaten auch vom Unternehmen angesprochen fühlen und sich darauf bewerben, während die Unpassenden dies unterlassen. Wer das etwas weniger umgangssprachlich und wissenschaftlich untermauert haben möchte, der sei auf diesen Beitrag – nebst Sammlung verschiedener wissenschaftlicher Quellen – zum Thema Realistic Job Preview verwiesen.

Allerdings haben damals wie heute viele Unternehmen nicht verstanden, was das heißt.

Statt wirklich zu verinnerlichen und dann auch in Maßnahmen auszudrücken, dass das Konzept des Realistic Job Preview bzw. der authentischen Kommunikation auf Augenhöhe heißt,

die positiven UND (vermeintlich) negativen Aspekte des Unternehmens, der Unternehmensmarke, -kultur und -realität zu kommunizieren

und damit auch

Arbeitgebermarken zu schaffen, die Ecken und Kanten haben und NICHT versuchen, Everybody´s Darling zu sein

wurde (und wird) Authentizität leider viel zu oft auf das mit wackeliger Kamera gedrehte Unternehmensvideo (Blair Witch Project-Syndrom…) und – damit wären wir beim Thema – Zeigen von Mitarbeitern als Testimonials und Markenbotschaftern reduziert.

Der vermeintlich so einfache Kniff, dass man ja nur Mitarbeiter vor eine Kamera setzen muss, die dann fröhlich über ihre Jobs und das Unternehmen plaudern und damit alle Kommunikationsaufgaben gelöst hat, hat zu einem inflationären Einsatz von Mitarbeitertestimonials geführt und damit das Instrument an sich diskreditiert.

So wurde der Mitarbeiter-Testimonial Ende 2012 kurzerhand für tot erklärt, weil dieses Instrument eben kein Differenzierungspotential mehr bietet.

Ich halte diese Sicht für falsch.

Klar, der Einsatz dieses Instruments an sich ist wahrlich nichts spektakuläres mehr. Als wir Ende 2007 den „ViRoN“ (virtueller Unternehmensrundgang ohne Namen…) für Tchibo oder Anfang 2008 mit „Discover Bertelsmann“ einen videobasierten „Unternehmensrundgang“ durch den Bertelsmann-Konzern mit seinen diversen Divisionen fertigstellten und dabei sehr stark auf den Einsatz von Mitarbeitern als Storytellern setzten, da war das neu und unverbraucht. Mitarbeiter als Unternehmenssprecher einzusetzen, war eben an sich eine Botschaft.

Aber nur, weil man heute sicherlich durch den schieren Einsatz von Testimonials keine „Ohs und Ahs“ mehr in der Szene hervorruft, heißt das eben keineswegs, dass Testimonials nicht mehr sinnvoll wären.

Wir wissen aus inzwischen nahezu 100 virtuellen Studienorientierungs-Applikationen (sog. „OSA“), dass regelmäßig die Interview-Sequenzen mit Studierenden und Absolventen des jeweiligen Studiengangs von den Nutzern als immens wertvoller Beitrag zur eigenen Orientierung eingestuft werden. Als dann vor nicht einmal zwei Jahren (unfassbar) das Wiener Unternehmen whatchado mit seinen vom Prinzip her stark standardisierten Videos die Szene betrat, habe ich viel von der Machart unserer Videos wiedererkannt.

whatchado ist heute ein gefeierter Star in der HR-Suppe, weil sie eines bewiesen haben: Auch wenn die Machart der jeweiligen Videos an sich immer gleich ist und ein standardisiertes Set an Fragen an den „Testimonial“ umfasst, sind die Videos inhaltlich eben doch alle verschieden. Weil eben doch jeder Mensch anders ist und spannende Geschichten zu erzählen hat.

Will sagen: Nicht der Testimonial ist tot; nicht das Instrument an sich hat sich überlebt. Nein, es kommt vielmehr darauf an (und das ist ja eigentlich eine Selbstverständlichkeit), dass der Testimonial etwas interessantes, spannendes und (für den Betrachter) orientierungsgebendes zu berichten hat und auch berichtet!

Wichtig hierbei ist vor allem eines: Authentizität entsteht beim Betrachter! Authentizität entsteht nicht durch das Gesagte. Der Bericht eines Testimonials kann noch so sehr im objektiven Sinne „wahr“ sein oder zumindest „ehrlich“ gemeint. Wenn der Betrachter es dem Testimonial nicht abnimmt, nicht glaubt, dann ist es auch nicht authentisch.

Das heißt, es ist nicht damit getan, einen Mitarbeiter einen Erfahrungsbericht schreiben zu lassen oder ihn vor eine Kamera zu stellen und zu sagen „jetzt erzähl mal“.

Selbst wenn sich die Unternehmenskommunikation wirklich mal nicht einmischt und jedes Wort solange „rundschleift“, dass gar keine Ecke und Kante mehr übrigbleibt, sondern der Testimonial wirklich unzensiert berichten kann und darf, reicht das noch nicht aus.

Es muss auch auf eine Art und Weise kommuniziert werden, dass man als Betrachter dem Testimonial das Gesagte auch abnimmt! Es gibt eben Mitarbeiter, die sind zwar vielleicht absolut begeistert von dem was sie tun und wirklich überzeugt von ihrem Arbeitgeber, aber sie können diese Begeisterung nicht glaubwürdig darstellen.

Dann hat der Testimonial zwar nachher (wahrheitsgemäß und nach Kräften bemüht) von seinem Job und seinem tollen Arbeitgeber berichtet aber die Zuschauer denken nur „Glaube ich nicht! Das war doch vorformuliert und dann aufgesagt…“

Das Instrument des Testimonials ist nach wie vor lebendig und es macht Sinn. Aber es ist kein Selbstgänger, es erfordert gute Vorbereitung, oftmals ein gutes Casting und immer immer immer eine gute Geschichte…

Gelungene Beispiele

Dass der Einsatz von Testimonials inzwischen auch ein Thema für den Big Screen ist, zeigte vor exakt einem Jahr die Kampagne ´Moin, wir sind die Rügenwalder´ der Rügenwalder Mühle. Hier wurden die Grenzen zwischen Produktmarketing und Employer Branding aufgehoben und die Mitarbeiter „hinter der Wurst“ zum Inhalt der Kampagne.

Betriebsrat-Rügenwalder-Mühle

Ein anderes gelungenes Beispiel wäre aus meiner Sicht der Video-Beitrag „Ein Tag mit Tjorven„, das einen Auszubildenden bei OTTO einen typischen Tag begleitet.

Dass das mit dem Testimonial-Ansatz auch gehörig in die Hose gehen kann, zeigt hingegen dieses wunderbare Exemplar. Zum Schaudern und deshalb nicht zu unrecht einer der Abräumer bei der letztjährigen Goldenden Runkelrübe

Was sind also zusammengefasst die großen Stärken des Einsatzes von Testimonials als Element der Arbeitgeber-Kommunikation (und damit auch, aber nicht nur, der Karriere-Website)?

  • Authentische Einblicke
  • Lean-Back-, affektiver Content (zumindest wenn es sich um Videos handelt)
  • Mitarbeiter als Markenbotschafter
  • Virales Potential
  • Multiple Verwendbarkeit sowohl auf der Karriere-Website, Offline (Messestand etc.) und Social Media (Youtube, Facebook, Blogs usw.)

Dabei aber dringend zu beachten:

  • Testimonials sind kein Allheilmittel!
  • Nahezu inflationärer Gebrauch hat das Instrument etwas aus der Mode gebracht
  • Die Uniqueness sollte nicht im Instrument liegen, sondern darin, was ausgesagt wird

Testimonial muss nicht zwingend ´Video´ bedeuten…

Abschließend aber noch der wichtige Hinweis, dass sich der Einsatz von Testimonials keineswegs auf Bewegtbild reduziert. Nein, auch textbasierte und ggf. „Foto-unterstützte“ Erfahrungsberichte sind nach wie vor ein sehr adäquates und vergleichsweise einfach und kostengünstig erstellbares Instrument und vor allem in Bezug auf die Findbarkeit im organischen Suchindex bei Google Bewegtbildcontent auch immer noch überlegen…

Auch hier zwei Beispiele von vielen:

Soweit für heute. Ich hoffe, nein ich bin mir sicher, dass es bis zum nächsten Teil der Artikelserie zu Karriere-Websites nicht wieder ein halbes Jahr dauern wird. Dann wird es in Teil 5 übrigens um Videos als Baustein der Karriere-Website gehen.

Stay tuned and enjoy the summer!

Teil 5: Videos…

3 Gedanken zu „Karriere-Websites – darauf kommt es an. Teil 4. Was sind Elemente guter Karriere-Websites? Diesmal: Testimonials

  1. Lieber Jo,

    spannender Beitrag mit super Praxisbeispielen :)
    Sowohl im Bereich Personalberatung sowie auch für Assessment und Co. sind deine beiden Beispiele anhand der Testimonial-Beiträge wirklich top – lieben Dank!

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