Fundstück zwischendurch… Employer Branding Video zum Schauen, äh Schaudern…

Eigentlich gibt es die “Fundstücke” ja immer nur zum Wochenende. Aber das, was mir hier vor kurzem über den Weg gelaufen ist, oder vielmehr “meinem Auge zugemutet” wurde, kann ich nicht bis Freitag zurückhalten. Das Corpus Delicti: Ein Arbeitgebervideo der Firma ECON TEL.

ECON TEL ist ein Dienstleistungsunternehmen, das “Unternehmen mit erklärungsbedürftigen Produkten und Dienstleistungen” hilft “Zugang zu potentiellen Kunden” zu bekommen. Also Vertriebsdienstleister; hier offensichtlich mit dem Schwerpunkt Bauwirtschaft. Über die Optik der Website kann man – wie immer – sicherlich streiten, aber insg. wirkt das professionell und die zahlreichen Referenzen vermitteln den Eindruck eines gesunden und soliden Unternehmens. Die Nominierung für den Großen Preis des Mittelstands sowie das kununu-Siegel “Top-Company” unterstreichen das zudem. Soweit alles gut. Und dann: Das Video…

Entgegen meiner eigentlichen Gewohnheit das Fazit gleich mal vorneweg. Das Video ist nicht zum Schauen, sondern Schaudern. Und das bezieht sich überhaupt nicht auf die handwerkliche Qualität des Films, sondern wirklich auf die Inhalte und die Anmutung. Da sitzt ein offensichtlich vertrieblich gut dress… äh trainierter Mitarbeiter locker mit lässig drapier… äh abgestelltem Kaffeebecher am Konfitisch und schwärmt von seinem Arbeitgeber. Beispiele? Gern.

“…die Verkehrsanbindung ideal – der Bus fährt alle zwanzig Minuten…”

Das gibt es ja wohl nicht! ALLE ZWANZIG MINUTEN!

“Wenn man das Gebäude sieht, denkt man “Wow”!…”

Jaa, das habe ich auch gedacht…

“Drinnen wurde ich – mein persönliches Highlight – namentlich auf einer elektronischen Infotafel begrüßt…”

DAS hat die Welt wirklich noch nicht gesehen…

Nun, ich will das jetzt nicht im Detail rezitieren. Ich habe während des Videos lange Zeit gedacht, gehofft, dass es sich hierbei um eine selbstironische Realsatire handelt (was dann wirklich sensationell gelungen wäre…), aber ich fürchte, dass es das nicht ist, sondern man es ernst meint.

Man kann den Testimonial-Ansatz ja sehen wie man möchte. Ein wenig inflationär ist er sicherlich geworden und eignet sich somit auch für Satire (Twitter hat es vorgemacht), aber grundsätzlich verdammen würde ich den Ansatz deshalb eigentlich nicht. Eigentlich… Denn DIESES Testimonial-Video ist wirklich schauderhaft und führt vieles von dem, was das Unternehmen in Puncto Employer of Choice womöglich zu bieten hat ad absurdum…

12 Gedanken zu „Fundstück zwischendurch… Employer Branding Video zum Schauen, äh Schaudern…

  1. Hallo, also ich habe Tränen gelacht, als ich mir das Video angeguckt habe. Ich würde sagen, das Video fällt definitiv in die Kategorie “Bad-Taste Employer Branding Video”. Hiermit rufe ich einen neuen Arbeitgeberaward aus: Die gelblich grinsende Employer Branding Zitrone geht an (Trommelwirbel, Trommelwirbel): ECON TEL.
    Herzlichen Glückwunsch.

  2. Klasse :-)

    Meine Lieblingskommentare

    “Toll – der Bus fährt alle 20 Minuten”
    “Mein persönliches Highlight – mein Name wurde auf einer elektronischen Anzeigentafel angezeigt”
    “Die Wände sind in warmen Farbtönen gehalten, die Einrichtung hochwertig”
    “Klar, ich bin zum Arbeiten hier – ist ja logisch”.
    “Wir werden immer wieder zu Unternehmensführungen eingeladen – wir wissen also wirklich, worum es geht!”
    Ein Beamer fährt aus der Decke – “das supermoderne Mediensystem hilft uns”

  3. Bisher gibt es die Goldene Himbeere für Employer Branding-Videos noch nicht. Mit diesem Video könnte die ECON TEL bei einem Employer Branding Razzie Award abräumen. In fast allen Kategorien, ob worst actor, worst screenplay oder worst music setzt dieses Video Maßstäbe. Daran können sich BMW und Edeka noch eine dicke Scheibe abschneiden.

    Am Testimonial-Ansatz würde ich nach wie vor festhalten wollen. Aber anders als hier verwirklicht.

    Vielen Dank für den Hinweis!

    Beste Grüße, Helge Weinberg

  4. Hm. Bei aller Objektivität kann ich mich von der Esoterikanmutung nicht freimachen. Und auch nicht davon, dass man den Eindruck gewinnt, hier würden sogar Testimonials geschult, bevor sie etwas von sich geben dürfen.

  5. Durch Zufall gerade das Video gesehen, ich mich beschlich das Gefühl auf QVC gelandet zu sein..Schon nicht schlecht gemacht, wenn das Ziel “Realsatire” sein und damit Aufmerksamkeit generieren sollte. Andernfalls wirkt das “Testimonial” wenig bis gar nicht authentisch, alleine Gestik und Betonung lassen auf Drehbuch-Storytelling schliessen..”man sollte hochdeutsch sprechen und schreiben können” – meine absolute Lieblingsstelle..

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