Ausbildung als Spiel: Klinikum Dortmund sucht mit dem #GameChanger nach Nachwuchs und lässt um Ausbildungsberufe “jindern”…

Man kann natürlich viel und ausgiebig über den Fachkräftemangel in der Pflege lamentieren. Man kann aber auch etwas dagegen unternehmen. Etwa wenn man die Ursachen angeht oder zumindest wenn man sich in der Kommunikation der entsprechenden Berufsbilder etwas einfallen lässt.

Wenn beides zusammenkommt, nun umso besser.

Ein Unternehmen, das hier seit Jahren für Aufsehen sorgt ist das Klinikum Dortmund, mit über 4000 Mitarbeiter_innen immerhin das größte Krankenhaus in NRW.

So war das Klinikum Dortmund gerade erst kürzlich auf verschiedenen Kanälen im Fernsehen, weil es als eines der ersten Unternehmen überhaupt wagte, TikTok als Kanal zur Arbeitgeberkommunikation einzusetzen.

Ich persönlich glaube zwar, dass es erhebliche ethische Bedenken hinsichtlich der Plattform TikTok gibt und auch Unternehmen, die diesen Kanal für ihre kommunikativen Zwecke einsetzen, sich diesbezüglich sicher hinterfragen müssen. Aber diese Thematik möchte ich an dieser Stelle ausklammern und verweise zunächst einmal auf den Beitrag von Henner hierzu.

Warum TikTok im Azubimarketing und Recruiting tabu sein sollte

Auf das Thema werde ich demnächst nochmal gesondert zu sprechen kommen.

Doch zurück zum Klinikum Dortmund und wie man dort dem Fachkräftemangel begegnet…

2018 gewann das Klinikum Dortmund den Personalmarketing Innovation Award mit einem Recruiting-Video, in dem aus OP-Geräuschen ein Lied orchestriert wird. Die wunderbar transportierte Metapher: Der “Rhythmus von Teamarbeit”… Sehr cool.

Der 2019er-Beitrag zum PMI-Award hat dann zwar die begehrte Trophäe nicht gewonnen, war aber mein persönlicher Favorit auf den Titel: Die Kampagne “Lockstoff” inszenierte Desinfektionsmittel wie Parfüm und Mitarbeiter wie Models – im wahrsten Sinne aufsehenerregend…

Doch all das nur vorab… Ich greife mir heute noch zwei weitere Aktionen des Klinikums Dortmund heraus, die zwar etwas weniger Aufsehen erregt haben, aber aus meiner Sicht ebenfalls bemerkenswerte Cases sind und zudem auch noch sehr viel mit dem Recrutainment Blog zu tun haben…

GameChanger…

Unter dem Namen GameChanger bietet das Unternehmen eine Art “Spiel” an, mit dessen Hilfe man Einblicke in insgesamt zwölf Ausbildungsberufe des Klinikums Dortmund – von Operationstechnischer Assistenz (OTA) über Kaufleute im Gesundheitswesen bis zu Fachkraft für Lagerlogistik – erlangen kann.

Jetzt ist der Begriff “Spiel” in diesem Zusammenhang möglicherweise etwas irreführend, denn ein Spiel ist das Tool eigentlich nicht. Es handelt sich konkret um Youtube-Videos, die verschiedene gestalterische Merkmale tragen, die man aus Computerspielen kennt:

Eine Person bewegt sich durch verschiedene Situationen und Locations, was man als Betrachter quasi aus der aus Ego-Shootern bekannten “Over Shoulder”-Perspektive begleitet. Es werden Aufgaben abgearbeitet (“Questlog”), deren erfolgreiche Bearbeitung EP (Experience Points) bringt, in jedem Beruf werden Level angezeigt usw.

D.h. man spielt selber den Job nicht, aber es sieht so aus, als wenn dies jemand täte (den man dabei beobachtet).

Das hat natürlich bei Weitem nicht die gleiche Immersion wie dies “richtige” Berufsorientierungsspiele haben (siehe etwa Lidl, Peek&Cloppenburg, apoBank, Deloitte, EDEKA usw.), weil man die Aufgaben im Video eben nur sieht und nicht selber ausführt, aber es vermittelt nichtsdestotrotz Einblicke in die Berufsrealitäten der verschiedenen Jobs, zeigt die Arbeitsumgebungen, Dresscodes und Tätigkeiten. Und es ist sehr niedrigschwellig.

Jinder for Jobs…

Und auch das letzte Beispiel, das ich heute vorstellen will, passt sehr gut in den Recrutainment Blog. Denn auch das Klinikum Dortmund bietet einen Jobmatcher an, eine Art Tinder for Jobs: Man bekommt im Sinne eines Selbsttests verschiedene kurze Items gezeigt, bewertet diese nach dem bekannten Yay-or-Nay-Prinzip und erhält am Ende eine Einschätzung, wie gut man zu verschiedenen Jobs passt. Beim Klinikum Dortmund heißt dieses Instrument “Jinder – der Job-Finder“.

Wer jetzt denkt “Moment mal, das Prinzip kenne ich doch irgendwoher…?”, ja genau: Von dieser Art Matching-Tool gibt es inzwischen durchaus einige – wir haben selber eine ganze Reihe davon gebaut (BVG, Allianz, BAVC, Postbank, DAK usw.) und darüber berichtet (siehe zuletzt etwa der “Knast-O-Mat“).

Nun also auch das Klinikum Dortmund…

Die Sache mit Jinder hat aus meiner Sicht nur einen (leider recht gravierenden) Haken: Es handelt sich hierbei um eine native App. Man kann Jinder also nicht einfach im Browser nutzen, sondern man muss eine entsprechende App aus dem Playstore installieren.

Das leuchtet mir nicht wirklich ein, weil es einen beträchtlichen Teil der potenziellen Nutzerschaft nicht erreichen wird. Apps installiert man sich für wiederkehrende und sich dynamisch verändernde Anlässe (Bahn-App, Banking-App, Wetter-App usw.). Dazu können auch Job-Apps gehören, aber dann nur, wenn sich hinter der App befindliche Angebot laufend verändert (z.B. das sich ständig verändernde Angebot offener Stellen bei einer Jobbörse). Wenn das Matching-Target hinter der App letztlich ein relativ statisches Set an Berufsbildern ist, wie das bei Jinder der Fall ist, ist die Umsetzung als Web-App erheblich zielführender. Auch sind Änderungen, Anpassungen, Korrekturen so erheblich leichter zu machen, als wenn das alles immer über die Playstores dieser Welt laufen muss.

Insofern muss ich beim Jinder in der A-Note einiges abziehen. Hier könnten die Macher beim Klinikum mE. also durchaus nochmal tätig werden und den Jinder ins Web rüber ziehen. Denn das Prinzip macht total Sinn.

Fazit:

All diese Beispiele zeigen, dass man sich dem Fachkräftemangel nicht wehrlos ergeben muss. Im Gegenteil: Kreativität und Mut können sich durchaus auszahlen. Das Klinikum Dortmund jedenfalls scheint das ganz gut zu gelingen…

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