Erst kürzlich wurde sie wieder sehr prominent diskutiert: Die Frage, ob Spiele sich eigentlich als Auswahltest eignen. Dieser Gedanke liegt oftmals sehr nahe, meint man doch landläufig, dass man im Spiel „das wahre Ich“ einer Person sehr gut erkennen kann:
Wer aus Wut beim „Mensch ärgere dich nicht“ das Spielbrett durch den Raum wirft, der neigt zu Jähzorn, wer im (Computer-)Spiel von der Klippe springt, der ist risikofreudig usw… .
Das ist zwar im besten Wortsinne nichts weiter als Küchenpsychologie, aber auch in der Personalauswahl haben Spiele eine lange Tradition. Letztlich ist jedes Assessment Center oft nichts anderes als ein (Rollen-)Spiel: Kandidaten werden in Stresssituationen gebracht und sollen vor diesem Hintergrund Probleme lösen. Dabei werden sie beobachtet und bewertet.
Und jetzt gibt es einige Anbieter, die diesen Gedanken insoweit auf „Auswahltests“ übertragen. Hier werden dann Kandidaten im wahrsten Sinne Spiele vorgesetzt und – so die Marketingverpackung – „mit den Möglichkeiten von KI und Big-Data, kombiniert mit den neuesten Erkenntnissen der Neurowissenschaften“ aus dem Spielverhalten abgeleitet, wie diese denn wohl so ticken.
Warum das aus meiner Sicht alles sehr bedenklich ist habe ich vor einiger Zeit einmal sehr ausführlich in dem Artikel „Computerspiel als Auswahltest? Wo liegt die Wahrheit?“ begründet. Neben gravierenden methodischen Bedenken (vor allem im Bereich der Validität) ist es vor allem der fehlende Anforderungsbezug dieser Methoden:
Was genau soll denn das Aufpumpen von Ballons (mit dem man vermeintlich Risiko-Affinität misst) mit dem Job eines Marketing-Trainees zu tun haben…?
Oder das rechtzeitige Fertigstellen und Servieren von Sushi-Rollen mit einem Job im Controlling?
Genau! Nix.
Wie meint Ihr fühlt sich ein Bewerber, der sich bei einem Markenartikel-Unternehmen auf eine Marketing-Trainee-Stelle bewirbt, dann Ballons aufpumpen soll und daraufhin eine Absage bekommt?
Deswegen sind ja auch die besagten „Spiele“ in Präsenz-Assessment Centern nur dann „gut“, wenn diese auch einen Bezug zu der Tätigkeit haben, um die es sich bei der Bewerbung dreht…
Heißt das aber nun, dass „spielerisch“ und „Auswahltest“ gar nicht zusammenpassen? Nein! Wenn ich das denken würde, dann wäre die Überschrift Recrutainment bei uns ja doch eher verwunderlich.
Im Gegenteil: Die Situation während eines Auswahltests eignet sich eigentlich ganz hervorragend, um mittels Storytelling auch den Arbeitgeber vorzustellen!
Der Testteilnehmer sitzt ja typischerweise sehr konzentriert davor (es handelt sich ja um einen Test…). Diese Aufmerksamkeit kann wunderbar genutzt werden, um Personalmarketingbotschaften zu vermitteln. Das Assessment wird so zu einem gegenseitigen Geben und Nehmen: Der Kandidat wird getestet, das Unternehmen stellt sich vor.
Aber es handelt sich hierbei um Wechselspiel, keine Vermengung.
Bei den enthaltenen Auswahltests handelt es sich weiter um valide Tests. Das spielerische sind nicht die Testmodule, das spielerische ist die Verpackung der Tests, das Drumherum.
Ein beinahe schon Klassiker dieses Ansatzes ist die TARGOBANK Tour, der Auswahltest, den die TARGOBANK zur Vorauswahl von Auszubildenden und Dualstudierenden einsetzt.
Die TARGOBANK war eines der ersten Unternehmen, die hier konsequent auf Online-Assessment gesetzt haben. Noch vor der Übernahme durch Crédit Mutuel und der Umfirmierung von citibank in TARGOBANK setzte man schon Mitte des letzten Jahrzehnts auf dieses Instrument.
Was ist denn das besondere an der TARGOBANK Tour?
Nun, zunächst einmal handelt es sich dabei wie gesagt um eine Kombination verschiedener Testmodule, schwerpunktmäßig zu Messung der kognitiven Leistungsfähigkeit und der berufsbezogenen Persönlichkeit. Das Tool liefert also relevante Auswahlmerkmale, die eine gute Vergleichbarkeit aller Bewerber ermöglichen. Das ist insbesondere in der Zielgruppe „Schüler“ ein maßgebliches Argument, weil die vorliegenden biografischen Merkmale in aller Regel kaum beurteilungsrelevante Unterscheidbarkeit hergeben. Der Test macht also schlichtweg die Auswahl besser und fairer.
Aber die TARGOBANK Tour ist auch ein Vorstellungstermin des Unternehmens beim Kandidaten!
Je nach Berufsbild, für das sich der Kandidat beworben hat, erfährt dieser im Verlauf der TARGOBANK Tour einiges über das Unternehmen, wie es dort aussieht, was typische Tätigkeiten sind oder wie die Kultur und die Umgangsformen untereinander aussehen. Teilweise explizit, teilweise sublim werden zentrale Botschaften über das Unternehmen als Arbeitgeber vermittelt. Beispielsweise vermitteln die abgebildeten Personen ein gutes Gefühl hinsichtlich des im Unternehmen gelebten Dresscodes, etwas oftmals für Schüler sehr Intransparentes.
Und diese Employer Branding Botschaften sind nicht einfach nur vor, zwischen und hinter die enthaltenen Testmodule gestellt. Vielmehr zieht sich durch das gesamte Online-Assessment ein Erzählfaden: Für einige Bewerber stellt das Konzept der sog. „Jungen Filiale“ diese Rahmenhandlung dar, für andere geht es in einer Art Rundgang ins Dienstleistungscenter der TARGOBANK nach Duisburg.
Die Zauberworte hierbei lauten Storytelling und Realistic Job Preview. Klar, zunächst mal ist (und bleibt) die TARGOBANK Tour ein Test. Und zwar einer, der diese Bezeichnung auch im besten Sinne der Eignungsdiagnostik verdient, denn es liegen umfangreiche Kennwerte zu Testgütekriterien und auf großen Fallzahlen realer Bewerbungen basierenden Vergleichsnormen vor.
Aber die TARGOBANK Tour vermittelt eben auch Einblicke – ein Umstand der unter anderem zu sehr hohen Akzeptanzwerten bei der Bewerberschaft führt.
Aber um das ganz klar zu sagen: Die TARGOBANK Tour ist deswegen KEIN Spiel! Alle Inhalte – sowohl die Test- als auch die Marketinginhalte – haben ein hohen Anforderungsbezug und beziehen sich direkt auf das, worum es hier letztlich geht: Eine Ausbildung bzw. ein duales Studium bei der TARGOBANK.
Nicht als Sushi-Kellner. Und nicht als Ballon-Aufpumper.