Das Interesse an Influencer-Marketing hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Mittlerweile ist es aus dem Marketingmix nicht mehr wegzudenken. Wie geeignet ist es fürs Recruiting? Wir werfen einen Blick hinter den Trend.
Influencer Marketing ist in aller Munde. Kaum einer, der sich in den sozialen Medien bewegt oder aber selbst im Vertrieb beschäftigt ist, kommt um dieses Phänomen herum. Um es jedoch am Anfang noch einmal kurz definieren, hier die wichtigsten Fakten:
Innerhalb des Influencer-Marketings arbeiten Unternehmen mit Personen aus den sozialen Medien (z.B. Facebook, Instagram, YouTube & Co., Blogs, u.v.m.) zusammen, die aufgrund ihrer starken digitalen Präsenz und Authentizität eine bestimmte (zu dem Auftraggeber passenden) Zielgruppe wirkungsvoll ansprechen. Sie genießen Anerkennung und Vertrauen von ihrer Community, die deshalb ihren Meinungen und Empfehlungen folgt. So werden diese Personen zu „Influencern“, zu Deutsch: „Meinungsmachern“. Dabei wurde längst das Potential dahinter erkannt, potentielle Konsumenten in ihren Kaufentscheidungen zu beeinflussen, indem Influencer als Markenbotschaftler ein bestimmtes Image des Produktes oder des Unternehmens verbreiten und so dessen Reputation positiv gestalten.
Die daraus resultierenden Kampagnen müssen eindeutig als Werbung gekennzeichnet werden, um Transparenz zu schaffen. Dass hier – zumindest dem einen oder anderen Marketingverantwortlichen – rechtlich noch nicht alles ausgepaukt zu sein scheint, drückt daher auch weniger ein grundsätzliches Problem mit dem Influencer-Marketing aus, sondern unterstreicht, dass diese Marketing-Gattung erst so langsam erwachsen wird. Auch dass ein Unternehmen wie Unilever unter relativ viel Getöse bei den Cannes Lions extra betonen muss, dass man nicht (mehr) mit Influencern zusammenarbeitet, die ihre vermeintliche Wichtigkeit durch den Kauf von (Fake-)Followern aufzuwerten versuchen oder versuchten, zeigt dass die konkreten Spielregeln, nach denen Influencer-Marketing abläuft, noch nicht in allen Bereichen abschließend definiert sind.
Wie stark das Topic in den letzten Jahren explodiert ist, zeigt allein das Interesse am Suchbegriff „Influencer-Marketing“ bei Google. Weltweit hat der Trend ab Mitte 2015 zugenommen und sich die Suchanfragen bis heute nahezu verzehnfacht. In Deutschland hat das Ganze ca. ab Ende 2016 seinen Boom erlebt.
Mit derzeit circa 30.000 deutschsprachigen Meinungsmachern in Deutschland, Österreich und der Schweiz hat sich das Influencer-Marketing zu einer festen Größe im digitalen Marketing entwickelt. Dabei erzielten Influencer bereits 2017 Umsätze in Höhe von 560 Mio. Euro und bis 2020 wird nach Prognosen die Milliardengrenze in greifbare Nähe rücken.
Spätestens jetzt wird klar, diese Reichweiten nicht zu nutzen, wäre nichts Anderes als verschenktes Potential.
Also warum nicht auch im Personalmarketing?
Vor allem der Nachwuchs des Arbeitsmarktes, ist ja bekanntlich besonders gut über soziale Netzwerke zu erreichen. Dabei ist in dieser Altersgruppe bis 20 YouTube das am meisten genutzte Medium gefolgt von Instagram, Facebook und Snapchat.
Allen voran geht die Polizei Berlin, die probiert mit Hilfe des YouTube-Stars Aaron Troschke (bekannt durch den V-log „Hey Aaron!!!“), der auf seinem Kanal über 800.000 Abonnenten zählt, das Interesse für eine Karriere bei der Polizei zu wecken. In dem 15-minütigen Video begleitet Aaron als Praktikant den Ausbilder einen Tag lang und gewährt seinen Viewern Einblicke in den Berufsalltag mit viel Humor (natürlich in die wohl spannendsten Herausforderungen in der Ausbildung).
Darunter noch ein Link zur Karrierewebseite und schon scheinen die Klicks auf die Webseite der Polizei und deren Bewerberzahlen zu steigen. Was auf den ersten Blick so simpel wirkt und sich jetzt auch einige denken: „Warum ist man nicht eher darauf gekommen?“, muss dennoch gut strategisch vorbereitet und organisiert werden.
Wichtig für erfolgreiches Recruiting ist, das Employer-Branding auf die Zielgruppe abzustimmen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Zielgruppe des Influencers auch zu der des Unternehmens passen muss. Andernfalls wird sowohl dem Unternehmen als auch dem Influencer, Vertrauen und Glaubwürdigkeit aberkannt. Somit kommt nicht jeder Influencer für jedes Unternehmen in Frage.
Daraufhin öffnet sich ein riesiges Feld von Analysen und Vergleichen, die im Vorhinein getroffen werden müssen, ehe man sich für eine Kooperation entscheidet. Weiterhin bedeutet eine große Followerschaft nicht automatisch hohes Engagement und Commitment der Follower. Markerly konnte dies in einer Analyse von mehr als 800.000 Instagram-Accounts nachweisen.
Zumal heutzutage Follower einfach per Mausklick gekauft werden können. Außerdem haben die größeren Accounts bereits einige Kooperationen hinter sich, sodass es fraglich ist, inwiefern die Follower die Empfehlungen noch wahrnehmen.
Innerhalb der letzten Jahre hat sich ein Überschuss an Influencern und damit auch an austauschbaren Content herausgebildet, sodass es nicht mehr reicht, allein auf die Reichweite zu schauen. Viel mehr spielen jetzt Faktoren wie Brand-Fit, Content-Umfeld, sowie die Persönlichkeit des Influencer und dessen Beziehung zu der Marke bzw. dem Unternehmen eine übergeordnete Rolle. Denn vor allem Vertrauen und Authentizität sind maßgeblich für den langfristigen Erfolg des Influencings. Dies im Vorfeld zu beachten wird immer mehr Zeit und Geld kosten.
Auch interessant ist die Frage, inwiefern das ganze bei älteren Zielgruppen klappt, die überwiegend schon einen Berufsabschluss und wirklich auf der Suche nach einem guten Job sind. Influencing könnte helfen, die Marke des Unternehmens attraktiv verkaufen zu können, um im Wettbewerb um potentielle Bewerber mithalten zu können.
Speziell Absolventen fühlen sich von Unternehmen des Öfteren falsch angesprochen. Zu diesem Ergebnis kommt der Report „Inside the Mind of Today’s Candidate“ des Karrierenetzwerks LinkedIn. Dabei zählt für 74 Prozent der Befragten nicht nur die reine Stellenausschreibung, sondern vielmehr die Informationen rund um das Arbeiten genau in diesem Unternehmen. Dabei wird Authentizität gefordert.
Wie gut, dass einer der größten Benefits von Influencer-Marketing laut einer Umfrage, veröffentlicht im finalen Report „The State of Influencer Marketing 2017“ von linquia.com, das Kreieren von authentischen und kreativen Content zum Unternehmen und deren Marke ist.
Dennoch ist auch das nicht ohne Einschränkungen zu betrachten. Ältere Zielgruppen sind zunehmend auf berufsorientierten und (bisher) Influencer-fernen Plattformen wie Xing oder LinkedIn unterwegs. Sie lassen sich eher über Expertise als über emotionale Kommunikation ansprechen. Das Feld an Influencern mit Expertenwissen ist aber wesentlich dünner besiedelt. Geeignet wären hier eigene Mitarbeiter des Unternehmens, die aber nicht automatisch vertrauenswürdige Influencer mit hoher Reichweite sind.
Sicherlich können Influencer den Bekanntheitsgrad eines Unternehmens erhöhen, sodass aus einem größeren Bewerberpool geschöpft werden kann. Influencer-Marketing erreicht aber nur die, die auch die jeweiligen Social-Media-Kanäle nutzen. Das sind zwar mittlerweile laut neuesten Ergebnissen des Social Media Atlas‘ 90 Prozent der Internetnutzer, aber die Plattformen unterscheiden sich:
Das Ganze ersetzt also keine klassische Stellenausschreibung und muss somit zusätzlich betrieben werden. Es benötigt eigene Ressourcen und läuft nicht einfach so nebenbei. Inwiefern dann die akquirierten Bewerber tatsächlich qualifiziert für den Beruf sind oder sich der Ernsthaftigkeit bewusst sind, bleibt fraglich.
Und wenn wir gerade beim Thema Ernsthaftigkeit sind: EDEKA hat eine “gewagte” Influencer-Kampagne mit den OST BOYS, bekannt durch ihren Plattenbau-Charme aus Berlin-Marzahn mit knapp 400.000 Abonnenten auf Facebook, gestartet.
Unter dem Motto „Mach was aus dir!“ wird mit Geld aus EDEKA-Tüten geworfen, mit Statussymbolen geprotzt und gleichzeitig probiert, die junge Zielgruppe als potentielle Bewerber für die Ausbildungsplätze bei EDEKA anzusprechen. Edgy…
Nach einer Woche hatte das Video mehr als eine Mio. Aufrufe auf Facebook und überwiegende positive Resonanzen zu verzeichnen. Mit diesem bisherigen Ergebnis sollte EDEKA schon zufrieden sein. Ob es am Ende für mehr (Berufs-)Orientierung sorgt oder sich mehr (passende) Azubis bewerben, nun das gilt es zu evaluieren. Sichtbarkeit und (möglicherweise) auch ein unverstaubtes junges Arbeitgeberimage ist aber wohl sicher…
Ein anderes Beispiel: Die Bundesagentur bewarb ihren “Berufsberater-Chatbot auf WhatsApp-Basis” – den WhatsMeBot unter anderem mit dem Youtuber Julien Bam. Das hat nach meinem Eindruck auch ziemlich gut funktioniert – auch wenn es leider die äußerst dürftige inhaltliche Qualität des Tools nicht übertünchen konnte.
Alles in allem: Influencer-Marketing wird uns auch in Zukunft begleiten. Wir können auf weitere so kreative Kooperationen mit viel Entertainment gespannt sein.
Wie viel Recruiting dann dabei ist, bleibt abzuwarten.
Autorin: Benita Ebersbach
Sehr ausführliche und tolle Analyse. Ich werbe ja schon lange dafür, dass Influencer Einzug halten in den Personalmarketing-Mix. Leider begegnen einem dabei mehr Vorurteile als wirkliche Erfahrung.
Nur bei “allen voran geht die Polizei Berlin” muss ich widersprechen, denn eigentlich sind Sie zwei Jahre später als meine erste Influenceraktion ; )
Hatte hier auch mal generell zu dem Thema gebloggt: http://www.personalblogger.net/2018/02/13/influencer-marketing-im-employer-branding/
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