Festivals: Nach dem #RC19 ist vor Trends+Friends… Und die Frage: Welche HR-Trends haben die letzten 20 Jahre eigentlich geprägt?

So, wieder zurück am Schreibtisch nach zwei pickepackevollen Tagen auf dem #RC19 Festival in Düsseldorf. Wie erwartet haben Gero Hesse und seine Truppe von Territory Embrace im Boui Boui Bilk mächtig aufgefahren und den über 500 Teilnehmern einiges geboten – von Eckart von Hirschhausen bis Jan Delay (und natürlich schicken CYQUEST-gebrandeten Kaffee). Ein umfangreicher Rückblick findet sich im Saatkorn-Blog…

Schwerpunktthema dieses Jahr war, wie wenig überraschend, „künstliche Intelligenz“. Die zentrale Botschaft dabei war aus meiner Sicht, dass wir uns vor dieser Entwicklung nicht zu fürchten brauchen. Aber die Botschaft war für mich auch, dass wir uns möglicherweise sehr wohl vor dieser Entwicklung fürchten müssen und zwar dann, wenn wir sie „einfach so passieren“ lassen.

Von allein ist „künstliche Intelligenz“ nämlich nicht intelligent. Von allein ist KI erstmal, ja wie soll ich sagen, „gar nicht“. Algorithmen fallen nicht vom Himmel (außer es ist so´n Quatsch wie „Wirtschaftsastrologie“, vor der hätten die Gallier zu recht Angst gehabt und Helme getragen), nein Algorithmen werden gemacht. Selbst wenn diese „selbstlernend“ sind – Machine Learning, Deep Learning, Neuronale Netze usw. – werden sie trainiert. Und die Qualität dieser Trainingsdaten nimmt entscheidenden Einfluss auf das was rauskommt: Garbage in – garbage out. Oder wie Jan Delay es sehr treffend auf den Punkt brachte:

Ich habe keine Angst vor künstlicher Intelligenz, ich habe Angst vor echter Dummheit.

Deshalb ist es gut, dass wir die Chose nicht mehr nur technisch diskutieren nach dem Motto „guck mal, wie toll der Algo gelernt hat Pong zu spielen“, sondern vor allem inhaltlich-methodisch („stimmt es überhaupt, was der Algo da herausgefunden hat oder ist das nur eine Scheinkorrelation?“), juristisch (nein, man darf keine Sprachanalyse als Recruiting-Tool einsetzen, denn diese erfüllt den Grundsatz der „Erforderlichkeit“ aus §26 BDSG-neu nicht) und nicht zuletzt und wahrscheinlich am wichtigsten ethisch.

Deshalb waren auch eines meiner persönlichen Highlights des #RC19 die einleitenden Worte von Prof. Martina Mara, Professorin für Roboterpsychologie am Linz Institute of Technology der Johannes Kepler Universität Linz. Sie wies zu recht darauf hin, dass wir uns als Gesellschaft Regeln geben müssen, die dann für die Entwicklung und den Einsatz von künstlicher Intelligenz gelten sollen.

Wie auf´s Stichwort wurden quasi zeitgleich auch die neuen OECD-Grundsätze für den verantwortungsvollen Einsatz von künstlicher Intelligenz veröffentlicht, die rechtlich zwar nicht bindend sind, aber gemeinhin eine so starke Orientierungswirkung entfalten, dass sich die großen Wirtschaftsräume dieser Welt wahrscheinlich schon daran ausrichten dürften. So gehen bspw. die „Ethic Guidelines for trustworthy AI„, die die EU-Kommission durch eine Expertenkommission hat erarbeiten lassen, in eine ganz ähnliche Richtung.

Naja, das ist natürlich alles noch nicht ausdiskutiert und sicherlich wird es um die Details auch heftigen demokratischen Streit geben, aber genau das ist es ja auch, was wir jetzt brauchen: Transparenz, Kontroverse und Kompromiss. Nur so kann Vertrauen und differenzierte Betrachtung entstehen.

Also: Zwei wirklich spannende und abwechslungsreiche Tage in Düsseldorf sind vorüber. Aber: Nach dem Festival ist vor dem Festival…

Auf dem Weg vom #RC19 zum Hotel stolperte ich nämlich nachts über folgenden „Marketingstunt“ von Trendence bzw. Robindro Ullah:

Trendence lädt am 23. und 24. September nach Berlin zum Trendence Festival „Trends & Friends“.

Die Festival-Location, der Berliner Holzmarkt, wird dem Boui Boui Bilk wahrscheinlich in Puncto „Unconference“ kaum nachstehen und Programm und Lineup – soweit schon bekannt – sprechen ebenfalls für den einen oder anderen bewusstseinserweiternden Gedanken…

Es steht noch nicht alles final, aber ich wage mich schon mal soweit vor, zu versprechen, dass es sich lohnen wird… Wer also nicht nicht genug hat von Festival und wer 20% auf den regulären Ticketpreis bei Trends + Friends sparen möchte, der kann dies über folgende Seite tun und sich den „FRIENDSWITHJO“-Rabatt sichern

Welche Entwicklungen haben die letzten Jahre im HR geprägt?

Es geht also immer sehr viel um die Zukunft und die Dinge, die kommen mögen. Aber es lohnt oft auch mal ein Blick zurück. Wo kommen wir eigentlich her, welche Entwicklung hat HR denn über die letzten Jahre schon genommen?

Diese Frage beschäftigt uns bei CYQUEST ja sehr oft – insb. in der aktuell sehr gehypeten und durch viel Venture Capital aufgepumpten HR-Tech-Welt – schließlich feiern wir bei CYQUEST Anfang kommenden Jahres 20-jähriges Firmenjubiläum…

Ebenjenes hat Trendence nun aber schon begangen und zu diesem Anlass vier Trends identifiziert, die die vergangenen zwei Dekaden im Personalwesen am stärksten geprägt haben:

Trend 1: Der demographische Wandel führt zu Personalmangel

Daten des Statistischen Bundesamtes belegen, dass zwischen 1997 und 2017 der Anteil der
unter 20-Jährigen ebenso wie jener der 20-40-Jährigen jeweils um fast fünf Prozent gesunken ist. Der Job-Nachwuchs wird rar. Trendence-Daten zeigen: In der Folge werden Absolventen besonders nachgefragter Fächer wechselfreudiger. Sie erwarten zunehmend, ihren ersten Job nicht übermäßig lange zu machen.

Prof. Dr. Wolfgang Jäger, Fachbereich Design Informatik Medien, Hochschule RheinMain:

„Die ersten 10 Jahre war der Arbeitsmarkt noch sehr volatil in seiner ganzen Breite. Mehrmals in dieser Zeit galt das Motto: „Vollgas oder voll auf die Bremse“. Auslöser dafür waren letztlich wirtschaftliche Wellenbewegungen. Kurzfristiges Denken und Handeln bestimmte den Arbeitsmarkt. Die Zweiten und somit letzten Jahre verliefen komplett anders. Zehn Jahre wirtschaftliches Wachstum, ständig steigende Nachfrage nach Arbeitskräften unter zunehmend spürbar werdenden Demografie-Problemen, dem Boom-Thema Digitalisierung mit neuer Nachfragemacht auf Seiten der Fach-und Führungskräfte, insbesondere in den MINT – Berufen.“

Trend 2: Die Arbeitswelt wird digital

Digital Natives gehen souverän mit digitalen Technologien um. Sie kaufen online ein, bilden sich online fort, entwickeln und pflegen Online-Kanäle oder Apps. Sie leben digital – und wollen auch digital arbeiten. Trendence-Daten zeigen, dass der Anteil der
Wirtschaftswissenschaftler, Ingenieure und Naturwissenschaftler, die mit Microjobs Geld
verdienen, allein in den vergangenen zwei Jahren stark zugenommen hat. Microjobs sind
online-basierte Auftragsarbeiten, die an eine Crowd ausgeschrieben und virtuell erledigt
werden.

Joachim Diercks, Geschäftsführer CYQUEST GmbH (Eignungsdiagnostik/Recrutainment):

„Vor 20 Jahren gab es Internetzugang noch mit quietschendem Modem, und E-Mail war für viele Neuland. In der Arbeitswelt beherrschte das Schreckgespenst Arbeitslosigkeit alles. Heute gibt es in vielen Bereichen Vollbeschäftigung und sogar einen massiven Mangel an Personal, mit gravierenden Folgen für die Personalgewinnung und die Arbeitsorganisation.

Dann: Wertewandel, z.B. was die Bedeutung von Vereinbarkeitsthemen angeht. Schlagwort: Cultural Fit.

Einen starken Veränderungsdruck erzeugt seit etwa fünf Jahren auch die Digitalisierung: Big Data, künstliche Intelligenz, Robo-Recruiting – das alles hat vor 20 Jahren noch keine Rolle gespielt.“

Trend 3: Frauen erobern den Arbeitsmarkt

Mehr Frauen als noch vor 20 Jahren sind heute erwerbstätig, zeigen Statistiken. Doch nicht
nur das. Frauen bewegen sich inzwischen auch vermehrt in Branchen, in denen sie früher sehr unterrepräsentiert waren. So ist dem Statistischen Bundesamt zufolge der Anteil der
weiblichen Studierenden in naturwissenschaftlichen Fächern wie Chemie, Physik, Biologie und Astronomie innerhalb von sechs Jahren um fast zwei, in Fächern mit ingenieurwissenschaftlichem Schwerpunkt um drei Prozent gestiegen. Ebenfalls beachtlich ist ein Sprung, der von 2018 bis 2019 in den Trendence-Daten sichtbar ist. Um ganze vier Prozent stieg bei den weiblichen IT-Absolventen der Prozentsatz jener, die als sogenannte „High Potentials“ gelten: Sie gehören hinsichtlich ihrer Noten zu den besten 25 Prozent ihres Jahrgangs und haben bereits Praxiserfahrung.

Eva Stock, Head of Business Relations JobUFO GmbH (Recruiting-Optimierung):

„Vor 20 Jahren? Arbeit war Arbeit, Freizeit war Freizeit. Der Chef hatte Recht und das Sekretariat war weiblich. Vereinbarkeit war, wenn die Frau zu Hause bleibt. Gingen Mütter arbeiten, hatte der Mann als Ernährer versagt. Mittlerweile sprechen wir über New Work,
aber die Vereinbarkeit ist leider immer noch nicht da, wo sie sein müsste. Dabei kann sich heute kein Unternehmen mehr leisten, Frauen wie Männer in stereotype Rollen zu drücken.

Neue Stellen gibt es genug, die Angebote findet man auf dem Smartphone in der Mittagspause. Apropos Mittagspause: Die war Arbeitnehmern schon vor 20 Jahren heilig. Manches ändert sich wohl nie.“

Trend 4: Erwartungen an den Job verändern sich

Der War of Talents, der Kampf der Firmen um die Talente, wird durch den demographischen Wandel verschärft. Was Studenten, Absolventen und Young Professionals (jene mit akademischem Abschluss und bis zu zehn Jahren Berufserfahrung) wollen und fordern können bekommt dadurch mehr Gewicht. Dass sie von potentiellen Arbeitgebern selbstverständlich sowohl materielle als auch immaterielle Benefits erwarten zeigen die Trendence-Daten: Die Mehrzahl findet sowohl betriebliche Altersvorsorge und vermögenswirksame Leistungen wichtig als auch kostenlose Getränke und Obstkörbe, Weiterbildungsmöglichkeiten und hohe Flexibilität bezüglich Arbeitszeit und -ort.

Gero Hesse, Territory Embrace (Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting):

„In den letzten 20 Jahren ist aus meiner Sicht der größte Umbruch der von Arbeitgeber- zu
Arbeitnehmermärkten. Durch die demografische Entwicklung und die Digitalisierung verschieben sich die Machtverhältnisse zusehends. Das betrifft uns alle, als Individuen und auf organisationaler Ebene. Die gute Nachricht: als Individuen werden wir in den nächsten Jahren, sofern gut ausgebildet, wohl nicht so schnell arbeitslos werden. Für Organisationen ist der zunehmende Fachkräftemangel natürlich eine große Herausforderung. Für Dienstleister rund um Employer Branding, Personalmarketing und Recruiting bieten sich spannende Wachstumsmöglichkeiten.“

Michael Witt, Berater für Recruiting und Personalmarketing:

„Die letzten 20 Jahren haben glaube ich gezeigt, dass nicht der Arbeitsmarkt im Wandel ist, sondern die Gesellschaft an sich und der Arbeitsmarkt adäquat darauf reagieren muss. Dies scheint in der jüngeren Zeit, mit Blick auf die größeren Anforderungen wie Digitalisierung oder auch ein neues Verständnis von Arbeit immer weniger und nachhaltiger zu gelingen. Für mich ist genau dies das Spannendste dies mitzuerleben und auch in Teilen mitzugestalten.“

In diesem Sinne: Nach dem Festival ist vor dem Festival. Nach den letzten 20 Jahren ist vor den nächsten zwei Jahrzehnten. Es bleibt spannend. Packen wir es an.

TGIF…

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