Das Recruiting ist im Wandel. Auch wenn wir kürzlich auf dem HR Barcamp sehr intensiv die Frage erörtert haben, wer denn nun wohl zuerst sterbe – die Stellenanzeige oder das Anschreiben – , ist für mich eines der plakativsten Anzeichen für die Veränderung im Recruiting der stetige Bedeutungsverlust von Noten bei der Vorauswahl.
Noten als Vorauswahlinstrument
Speziell in jüngeren Zielgruppen, die „in sich“ noch ein relativ hohes Maß an Homogenität aufweisen, oder anders: bei denen die persönliche Vita noch nicht so viel an Unterscheidbarkeit bietet, um auf der Basis entscheiden zu können, wer die Vorauswahl übersteht und wer nicht, waren Noten traditionell der einzige halbwegs vergleichbare Entscheidungsparameter.
In der Azubivorauswahl bei Schülern wurde dann vor allem auf Schulnoten in Mathe, Deutsch und Englisch geschaut, um A-, B- und C-Stapelchen zu bilden, bei Studis, Absolventen und oft auch Young Professionals waren es Examens- oder einzelne Fächernoten aus dem Studium.
Hierzu muss man sagen, dass Noten auch nicht generell ungeeignet für die Vorauswahl sind. Bezogen auf die große Zahl sind etwa Schulnoten sogar ein relativ valider Prädiktor für wichtige Personenmerkmale. Vergleicht man etwa eine Gruppe Schüler, die in Mathematik eine 4 oder 5 mitbringen mit einer Gruppe, die Einsen oder Zweien erreicht haben, so werden im Durchschnitt in letztgenannter Kohorte das mathematische Wissen sowie zahlengebundenes Denken und Schlussfolgern höher ausgeprägt sein.
Das Problem liegt allerdings in der Statistik: Man rekrutiert eben keine Gruppe, sondern einzelne Menschen, möglicherweise mehrere davon, aber im Endeffekt doch jeden einzeln. Und da kann es eben passieren, dass unter den 4er und 5er Kandidaten eben doch welche sind, die Mathe und mit Zahlen gut können und bei denen die schlechte Schulnote schlichtweg andere Ursachen hatte (schlechte Chemie mit dem Lehrer, familiäre Probleme, Stress mit der ersten Freundin, was auch immer…). Sortiert man stur nach Note, sortiert man diese Personen mit aus. Und das obwohl man dies eigentlich gar nicht will oder „wollen sollte“ – es findet eine sog. „Falsch-Negativ-Selektion“ statt.
Und die können wir uns bei knapper werdendem Potential eben schlichtweg nicht mehr leisten…
Ich meine, da machen die Unternehmen aufwendiges Employer Branding und Personalmarketing (ja, über die Qualität kann man sicherlich vielfach streiten, geschenkt), es bewerben sich – hoffentlich – geeignete Kandidaten in hinreichender Anzahl und dann schickt das Unternehmen reihenweise geeignete wieder weg, weil es deren Potential nicht erkennt bzw. weil man dieses eben im Einzelfall nicht sicher aus den Noten herauslesen kann… Macht keinen Sinn.
Alternative zu Noten: Tests
Das haben in der Zwischenzeit auch einige Unternehmen erkannt und an dieser Stelle einen anderen Weg eingeschlagen, allen voran durch den Einsatz von Testverfahren (in der Regel als Online-Test). Das prominenteste, wenngleich bei Weitem nicht einzige Beispiel ist hier wohl die Deutsche Bahn, die vor knapp vier Jahren mit der Meldung für Aufsehen sorgte, fortan bei der Vorauswahl der mehreren Zehntausend Ausbildungsplatzbewerber nicht mehr auf die Noten zu schauen…
Eine Branche jedoch, die sich in der Vergangenheit hier immer ganz besonders „notengläubig“ gezeigt hat ist die Zunft der Rechtsberater, allen voran die juristischen Großkanzleien. Wer meine familiären Verhältnisse kennt, weiß dass ich mir dies nicht nur aus professioneller, sondern aus sehr persönlicher Perspektive jahrelang aus nächster Nähe anschauen konnte…
So kann es für die persönliche Karriere von Juristen einen gewaltigen Unterschied machen, ob man es in den beiden Staatsexamina auf 8,9 Punkte oder auf 9,0 Punkte gebracht hat. Die 9,0 macht Türen auf, die mit der 8,9 hermetisch verschlossen bleiben.
Völlig losgelöst von der Frage, ob Super-Examensnoten nachher einen guten Rechtsanwalt, Staatsanwalt oder Richter vorhersagen – das steht auf einem anderen Blatt – hat mich an dieser Praxis immer der „kategoriale Imperativ“ überrascht: 9,0: drin, 8,9: nicht drin. Das geht dann soweit, dass selbst Kandidaten, die jahrelang als Werkstudenten im Unternehmen waren, von denen also über einen langen Zeitraum beurteilbare Arbeitsproben vorliegen, später kategorisch aussortiert werden, weil es in der „Punktmessung Examen“ dann ganz knapp nicht für voll befriedigend gereicht hat. Da soll nochmal einer sagen, Maschinen und Algorithmen würden mechanistisch und „binär“ entscheiden…
Neben der Frage, ob die Examensnote(n) überhaupt alle vorauswahlrelevanten Merkmale abdeckt oder abdecken kann, überrascht den Eignungsdiagnostiker hieran vor allem folgendes:
Es gibt schlicht kein Messinstrument, nicht in der Leistungs-, erst recht nicht in der Persönlichkeitsdiagnostik, das so exakt und auf den Punkt messen kann, dass eine solch geringe Abweichung trennscharf sagen kann, dass der eine Kandidat, der 9-Komma-Nuller, auf jeden Fall geeignet ist, während dies der andere, der 8-Komma-Neuner, auf keinen Fall sein kann und deshalb aussortiert gehört.
Dass hier eine ganze Branche sehenden Auges und entgegen jeder eignungsdiagnostischer Erkenntnis ständig „Falsch-Negativ-Entscheidungen“ in Kauf nimmt, kann ich mir eigentlich nur so erklären, dass man hier oft immer noch der Überzeugung ist, dass es schon genügend gute Leute gibt, die diese Hürde springen (und man daher getrost auf die paar Guten verzichten kann, die eben an der harten Kante gescheitert sind). Oder eine andere Erklärung wäre, dass in den oft als „Partnerschafts-System“ organisierten Unternehmen im Senior-Management oft noch die Auffassung regiert, dass man da ja auch „selber durchmusste“ und es (so) ja auch „bis hierher geschafft“ hat – eine Selbstattribution also. Nun, wer mehr über „Unconscious Bias“ und Wahrnehmungsfehler verschiedenster Art lesen möchte, dem sei der Beitrag „Unconscious Bias: “Ich Erkenne Potenzial Nach Zwei Minuten” von Marcus Reif sehr ans Herz gelegt, ich vertiefe das hier mal nicht weiter…
Umso erstaunlicher und in jeder Hinsicht begrüßenswert ist es, dass nun eine der wirklich großen Adressen, die internationale Großkanzlei Linklaters, ein eignungsdiagnostisches Instrument in die Vorauswahl potentieller zukünftiger Mitarbeiter einzieht.
Noten bleiben wichtig, aber man eröffnet sich eine weitere, zusätzliche Perspektive auf die Kandidaten.
Online-Assessment für das Stipendiatenprogramm der Linklaters Talent Community
Linklaters agiert global mit Büros in 29 Ländern. Allein in Deutschland arbeiten an vier Standorten rund 320 Rechtsanwälte, Steuerberater und Notare („Berufsträger“) für das Unternehmen.
Neben anderen Möglichkeiten, das Unternehmen auch vor dem offiziellen Berufseinstieg nach dem zweiten Staatsexamen kennenzulernen, wie etwa einem Praktikanten- und einem Referendarsprogramm, bietet Linklaters auch ein Stipendiatenprogramm für Studis ab dem vierten Semester – im Rahmen der Linklaters Talent Community.
Die Talent Community bietet Mitgliedern die Möglichkeit, sich untereinander zu vernetzen und regelmäßig an Veranstaltungen und Workshops von Linklaters teilzunehmen. Leistungsstarke und engagierte Studierende ab dem vierten Semester bis zum Abschluss des ersten Staatsexamens können über das Stipendienprogramm Teil der Talent Community werden.
Das Stipendienprogramm bietet seinen Mitgliedern neben Einladungen zu exklusiven Veranstaltungen und Stipendiatentreffen auch Beratung und Begleitung im Studium durch Mentoren, Büchergutschein für Fachliteratur des Beck-Verlags i.H.v. EUR 200,- sowie Zugang zum Online-Repetitorium “Jura Online”, also gezielte Vorbereitung auf das erste Staatsexamen.
Und für die Rekrutierung für eben dieses Stipendienprogramm kommt nun ein Online-Assessment, ein webbasierter Auswahltest zum Einsatz.
Das Online-Assessment überprüft hierbei verschiedene Merkmale, von denen die Personalpsychologie weiß, dass sie einen beträchtlichen Erklärungsbeitrag hinsichtlich der Prognose beruflichen Erfolgs liefern: Allen voran die Fähigkeit zum schlussfolgernden Denken, kognitive Leistungsfähigkeit und Problemlösekompetenz aber auch ausgewählte Wissensfacetten wie etwa – speziell bei Juristen sehr wichtig – der sichere Umgang mit Sprache.
Das Testspektrum setzt sich daher aus verschiedenen einzelnen Modulen zusammen wie etwa einer Textanalyse…
…einem Englischtest…
…oder einer Planungsaufgabe…
Aber das Online-Assessment nimmt nicht nur etwas vom Kandidaten, um diesen aus Sicht des Unternehmens besser kennenlernen und beurteilen zu können, sondern es gibt auch etwas. Und was ein Unternehmen an dieser Stelle vor allem geben kann und geben sollte, sind Einblicke und Informationen:
Informationen darüber, wer das Unternehmen eigentlich ist, was es tut, wie es dort aussieht, wie die (Entwicklungs-)Perspektiven für Einsteiger sind und möglicherweise auch Hinweise auf die Unternehmenskultur.
Denn – und das hat man bei Linklaters offenkundig erkannt – AUCH der Kandidat wählt aus! Speziell die guten Leute, und auf die zielt man hier ja ab, haben inzwischen oft die Auswahl zwischen verschiedenen Top-Adressen, die alle mit „angenehmen“ Einstiegsgehältern locken… Da schadet es ganz sicher nicht, sich im sog. Relevant Set dieser Zielgruppe frühzeitig entsprechend zu positionieren.
Im Linklaters Online-Assessment heißt das konkret, dass sich Testpassagen und Abschnitte, in denen sich das Unternehmen vorstellt immer wieder abwechseln. Das sorgt nicht nur für Verschnaufpausen zwischen den herausfordernden Tests (was die Verfahrensakzeptanz und sogar die Testgüte positiv beeinflusst), sondern hinterlässt am Ende schlichtweg einen besser informierten Bewerber.
Das Unternehmen lernt den Kandidaten besser kennen und der Kandidat lernt das Unternehmen besser kennen – mit entsprechend positiven Effekten für die Qualität der Fremdauswahl UND der Selbstauswahl…
Ich sag mal so: Noten bleiben wichtig. Aber alles sind sie nicht mehr…
Das Recruiting verändert sich. Gut so.
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