Interview mit „Suppenreporter“ Robindro Ullah über die Gründe des Erfolgs des Karriere-Twitterkanals der Deutschen Bahn

Ich selber twittere nun seit gut 2,5 Jahren und habe das Medium in der Zeit wirklich schätzen gelernt. Natürlich habe ich dabei quasi von Anfang an die Aktivitäten von Unternehmen, Twitter zur Karrierekommunikation einzusetzen, beobachtet. Seit August 2010 führe ich diese Beobachtung systematisiert, indem ich einmal monatlich aktuelle Statistiken rund um die „deutschsprachigen Corporate Career Twitter-Accounts“ (was für ein Denglisch…) veröffentliche. Die aktuellste Statistik von letzter Woche zeigte dabei erneut ein Bild, das im Grunde seit dem Anfang der Beobachtung unverändert ist: Ganz vorn fährt mit großem Abstand der Lokführer Deutsche Bahn mit dem Account @DBKarriere allen davon. Dieser Befund ist stabil. Doch woran liegt das? Nun, man kann alle möglichen Erklärungsversuche bemühen, z.B. hinsichtlich der Aktivität, des Contents, dem (nicht oder doch) geführten Dialog oder der Neigung, selber auch anderen Twitterern zu folgen (dazu habe ich ja auch schon einige Versuche unternommen), man kann aber auch einfach die Macher fragen. Und das habe ich dann einfach mal gemacht und den vielen aus der Szene bekannten „Suppenreporter“ Robindro Ullah, dem Initiator hinter dem Account hierzu interviewt. Vorab: Das sind spannende Insights… Also, auf geht´s…

Hi Robin, ich beobachte ja nun schon seit knapp zwei Jahren eine ganze Reihe von Twitteraccounts, die deutsche Unternehmen zur Karrierekommunikation einsetzen. Der Account @DBKarriere ist hierbei von Anfang an mit großem Abstand „Tabellenführer“, zumindest was die Followerzahlen angeht. Aktuell bewegt sich der Account auf die stattliche Zahl von 10.000 Followern zu. Warum ist die Deutsche Bahn hier so weit vor allen anderen?

Hallo Jo, ich beobachte ebenfalls unseren Account nun auch schon seit knapp 2 Jahren von der Zuschauerseite aus und es freut mich sehr, dass die Learnings und Erfahrungen, die ich seit entstehen des Accounts in 2008 gesammelt habe, uns auch heute noch weiter nach vorn bringen. Für einen wesentlichen Faktor halte ich die Live-Berichterstattung und die Einbindung von Bildern, um das Geschehen so greifbar wie möglich zu machen. Das Programm sollte zudem kein völliges Zufallsprodukt sein, sondern man sollte sich ein paar gedankliche Meilensteine setzen, wie z.B. eine Messe oder eine Casestudy und diese dann bespielen. Für mich bedeutet dies, das Absetzen mehrerer Ankündigungstweets und der eben angesprochenen Live-Berichterstattung – Stichwort Redaktionsplan. Des Weiteren halte ich es für immens bedeutend, dass diejenigen, die tweeten, das Netzwerk verstanden haben, seine Sprache sprechen und Spaß daran haben – Spaß am tweeten und am Arbeitgeber.

Gibt es aus deiner Sicht so etwas wie ein Erfolgsrezept? Nach dem Motto: Wenn man so twittert, dann klappt´s auch mit den Followern?

Im Wesentlichen halte ich folgende drei Punkte für wertvolle Bestandteile eines jeden Erfolgsrezeptes. Ich schreibe bewusst eines JEDEN Erfolgsrezeptes, da die Erfahrung eindeutig zeigt, dass unterschiedlichste Konzepte sehr erfolgreich sein können. Als erstes empfehle ich einen konsistenten Account aufzusetzen. Einfach gesagt: versprich in der BIO keinen Dialog, wenn du nur Job-bot einsetzen willst. Dem Nutzer nichts vorzugaukeln, schafft die Basis für ein gutes Kommunikationskonzept. Als zweiten Punkt sehe ich die Schulung der Recruiter. Denn es sollten nicht nur diejenigen tweeten, die an der Quelle der News sitzen – sprich ein Recruiter der auch vor Ort ist -, sondern sie sollten im Sinne des Recruiter 2.0 geschult sein, sich in den Netzwerken bewegen zu können. Und zuletzt halte ich das Mitlesen und das Interessieren für die Follower für sehr wichtig. Hinter dem Interessieren steckt auch das Monitoren: wer liest uns eigentlich? – um auf diese Weise die Themen der Follower auch zu treffen.

Du hast @DBKarriere vor einigen Jahren ja federführend auf den Weg gebracht. Ehrlich gesagt wäre die Deutsche Bahn aus meiner Warte nicht unbedingt das Unternehmen gewesen, dem ich bei einem solchen Thema eine Vorreiterrolle zugetraut hätte. War das ein Betriebsunfall oder wie ist es dazu gekommen?

Nein, ein Unfall war das nicht. Ich hatte mir Anfang 2008 mehrere Konzepte überlegt, wie eine Personalmarketingkommunikation über Twitter aussehen könnte. Von diesen Konzepten wurden alle quasi abgelehnt, bis auf dasjenige, welches du heute sehen kannst. Interessant war, dass – obwohl ich jede Menge Gehirnschmalz in das Konzept gesteckt habe – es letzten Endes ein wir „fangen einfach an und twittern“ war und demzufolge eine schöne Bauchlandung. Unser Erfolg stellte sich erst Mitte-Ende 2009 ein, als ich die ersten Learnings umgesetzt hatte. Was das Zutrauen angeht, so wird die DB viel zu häufig unterschätzt und nachdem wir u.a. auch das LBS-Recruiting intensiv getestet haben, denke ich, lernt der Markt allmählich, dass auch wir gern vorn mit dabei sind.

Nochmal zu den Followern: Das Wachstum der Followerzahlen ist bei den allermeisten Accounts relativ linear, bei @DBKarriere auch. Aber Eure Kurve ist steiler als bei den anderen, d.h. Ihr vergrößert den Abstand kontinuierlich. Woran liegt das? Brauchbaren Content und attraktive Arbeitgebermarken haben die Daimlers, Ottos und Telekoms doch auch…

Ich glaube tatsächlich, dass auf Twitter eine attraktive Arbeitgebermarke kaum etwas wert ist. Als Twitterati kann ich es mir nicht „leisten“ meine Timeline mit unnützen Informationen zu belasten, nur weil ein paar Accounts zu namhaften Firmen gehören. Hier gilt ganz klar: content rules. Blicken wir auf den Content, muss man sich wirklich einmal im Vergleich ansehen, wie viel Live-Berichterstattung wir liefern im Vergleich zu anderen. Ich denke, unsere Recruiter sitzen teilweise näher am Puls der Bewerber als so manch strategischer Bereich, so dass wir hier nach wie vor Punkten können. Zudem – das muss ich leider zugeben – zieht, meiner Meinung nach, auch die Tatsache, dass wir bereits viele Follower haben.

Jetzt sind Followerzahlen und deren Vergleiche ja immer so eine Art „…(Piiiep)-Vergleich“: Die eigentlichen KPIs sollten ja aber wohl andere sein. Woran bemisst sich deiner Meinung nach der Erfolg eines Twitterkanals? Und gibt es andere, „handfestere“ Kennzahlen, die Ihr bei der Deutschen Bahn generieren konntet, z.B. neue Einstellungen?

Nach wie vor bin ich der Meinung, dass Twitter „nur“ ein Personalmarketingkanal ist. Daher würde ich nicht empfehlen, den Versuch zu starten, das Netzwerk an Einstellungen zu messen. Die wohl effektivste Kennzahl ist der Anteil der Zielgruppen innerhalb der Followerschaft bzw. der Anteil an zielgruppenrelevanten Followern (Multiplikatoren). Erst diese Zahl sagt etwas darüber aus, ob ich mein mir gestecktes Ziel/ Zielgruppe überhaupt erreiche. Als Beispiel kann ich unsere ersten Monate anführen, in denen die Analyse ergeben hat, dass nahezu alle Follower aus den Bereichen Personalberatung oder andere Unternehmen stammten. Erst nachdem ich damals die Kommunikationsstrategie drastisch geändert haben, kamen die ersten Studenten. Andere sehr aufschlussreiche Kennzahlen sind z.B. die Follow/Unfollow Rate oder aber auch der Anteil an aktiven Accounts innerhalb der Followerschaft. Letzteres meint den Anteil an Accounts, die lebendig erscheinen im Sinne von: hat eine Bio; hat eine Landingpage; ist kein Spambot und kein „wir-sichern-mal-den-Namen“ Account.

Wenn dich jemand fragt: „Herr Ullah, lohnt sich Twitter als Instrument des Arbeitgebermarketings / des Recruitings?“ Was antwortest du so jemandem?

Auf eine solche Frage würde ich immer mit „ja“ antworten. Als Arbeitgebermarketinginstrument lohnt es sich. Man muss aber bedenken, dass es sich um ein Instrument handelt, was eben nichts von selbst tut. In einem erfolgreichen Corporate Twitter Account steckt eine große Menge Arbeit, Zeit, Know How und Geduld.

Wenn ich das richtig mitbekommen habe, „bist“ DU ja nicht mehr @DBKarriere. Als du das Staffelholz übergeben hast, hätte man ja auch unken können, dass das Thema bei der Bahn damit auch einen Knick bekommt. Hat es aber nicht, Eure Wachstumskurve ist schnurgerade und die Aktivität ist mit immer so 100 Tweets im Monat auch weiterhin sehr hoch. Wer steckt denn jetzt hinter dem Account und hast du eine Art „How to-Übergabe“ gemacht?

Den Übergang kann man als fließend betrachten, denn noch während meiner Zeit im Hochschulmarketing in 2009 hatten parallel Recruiter angefangen mitzutweeten. Dazu gehörte natürlich auch die Vermittlung von How-to-Tweet. Das beinhaltet sowohl das technische Know How als auch das Wissem um die netzwerkspezifischen Eigenheiten wie z.B. den Umgang mit #tags. Zuletzt ist es aber dem Engagement meiner Twitternachfolger zu verdanken, dass es keinen Knick gab!

Robin, wenn du jetzt nicht mehr als @DBKarriere twitterst, was machst du stattdessen? Man hört ja allerhand spannendes über „bayerische Recruiter 2.0“… ;-)

@DBKarriere bin ich ja nun schon seit 2 Jahren nicht mehr. Seit Anfang 2010 war es mehr ein Privatvergnügen, die Firmenaccounts zu beobachten und das Thema von @robindro und meinem Blog aus zu treiben. Beruflich hatte ich, bekannter Maßen, dem Personalmarketing den Rücken zugekehrt. Seit dem 01.02.2012 bin ich allerdings auch beruflich wieder in der Suppe unterwegs: als Leiter Personalmarketing und Recruiting Süd für die Deutsche Bahn AG. Meine Abteilung durfte ich komplett neu zusammenstellen und bin nun seit dem 01.04. mit 7 Recruitern und einem starken Backoffice am Start. Meine persönliche Herausforderung ist es, diese Abteilung auf die Anforderungen des zukünftigen (eigentlich schon heutigen) Arbeitsmarktes vorzubereiten und in diesem Zusammenhang fällt schnell mal das Stichwort Recruiter 2.0. Ich sehe diesem Vorhaben allerdings sehr positiv entgegen, denn mein Team bringt den notwendigen Hunger auf Neues mit.

Das können wir dann ja vielleicht bei unserem Praxisseminar im September nochmal etwas intensiver diskutieren! Lieber Robin, ich danke dir auf jeden Fall schon mal herzlich für das Interview. Bis demnächst in der Suppe…

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