Seit etwas mehr als zwei Jahren analysiere ich monatlich Twitteraccounts, die Unternehmen zur Kommunikation von Arbeitgeber- und Karrierethemen nutzen. Konkret war das im August 2010 als ich die Zählung begonnen habe. Damals waren insg. 16 Accounts in der Zählung und mit seinerzeit schon beachtlichen 2300 Followern lag damals die Deutsche Bahn knapp vor Daimler mit etwa 2100 Followern an der Spitze des Rankings.
Heute, ziemlich exakt 27 Monate später, befinden sich auch diese beiden immer noch ganz vorn im Ranking. UND: Beide haben im letzten Monat wichtige Schallmauern durchbrochen: Während Daimler mit @Daimler_career die 5000er Marke knackte, schaffte es @DBKarriere als erster Kanal dieser Art über die 10000!
Bevor ich weiter unten also zu den aktuellen Zahlen der inzwischen 62 beobachteten Kanäle komme, habe ich den Meilenstein der Deutschen Bahn mal zum Anlass genommen, um mich mit Uwe Baierl, Teamleiter Online Personalmarketing und bei der DB verantwortlich für alle Online-Karrierethemen der DB (Karrierewebsite, Social Media) zu unterhalten und einiges über die aktuellen Personalmarketing-Aktivitäten der Bahn zu erfahren. Also Uwe, ab geht´s…
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Hallo Uwe, jetzt war es soweit: Euer Karriere Twitter-Kanal @DBKarriere hat als erster deutschsprachiger Corporate-Account dieser Art, die Followerzahl von 10.000 durchbrochen. Damit spielt Ihr wie meine monatlichen Rankings zeigen in einer eigenen Liga. @Daimler_Career als nächstplatzierter mehr oder weniger rein deutsch funkender Account hat ziemlich exakt die Hälfte an Followern. Was macht Ihr besser, oder sagen wir mal „anders“ als die anderen?
Zuerst einmal sind wir stolz darauf, diese neue Bestmarke gesetzt zu haben. Wir sind ein kleines engagiertes Team, welches mit viel Leidenschaft dabei ist, neue Kanäle und Themen für die DB zu erschließen und die bestehenden Plattformen auszubauen.
Ich glaube unser Erfolg bei Twitter basiert einerseits darauf, dass wir relativ zeitig mit unserem Kanal im Markt waren, vor allem aber darauf, dass wir einen tollen Content-Mix haben. Wir posten nicht nur Job-Angebote, sondern bieten unseren Followern einen attraktiven Themenmix aus interessanten News, regionalen Veranstaltungen, Erfahrungsberichten, aber auch offenen Jobs. Darüber hinaus beschränken wir uns nicht nur auf reine Karrierethemen, sondern re-tweeten auch viele andere interessante Themen von denen wir glauben, dass sie unsere Follower interessieren. Unser Anspruch ist es mehr zu bieten, als die reine Vermittlung offener Jobs.
Twitter produziert ja zuweilen schon komische Phänomene. Ihr seid bis Juli monatlich konstant immer um über 200 Follower gewachsen, um dann rasant abzubremsen. Von September bis Oktober betrug das Wachstum noch nicht einmal 40 Follower. Habt Ihr was verändert oder wie erklärst du dir dieses Phänomen?
Ehrlich gesagt, so ganz können wir uns dieses Phänomen auch nicht erklären, da wir in dieser Zeit keine grundlegenden Veränderungen vorgenommen haben. Wir führen die Entwicklung jedoch ein Stück weit darauf zurück, dass die Anzahl unserer (Re)Tweets etwas geringer war als in den Monaten zuvor. Der November wird für uns ein heißer Monat, denn bei DB Karriere wird es, über Twitter hinaus, viele spannende Neuerungen geben. Wir mussten unseren Fokus also etwas verlagern, werden aber bald wieder voll durchstarten.
Auch Thyssen-Krupp hat einen merkwürdigen Kurvenverlauf: Von September 2010 bis Juli 2011 hat sich die Followerzahl von @Thyssenkruppjob mehr als verdoppelt, seitdem ist sie nahezu konstant. Man kann Euren Kanal überhaupt nicht mit dem von ThyssenKrupp vergleichen – die senden ausschließlich automatisiert Jobpostings -, und dennoch gibt es diese teilweise schwer zu erklärenden Kurvenverläufe. Befasst Ihr Euch damit oder ist die Followerzahl aus deiner Sicht ohnehin nicht wirklich als KPI geeignet?
Die Anzahl der Follower bzw. Fans ist für uns durchaus ein wichtiger KPI, da er doch schnell einen ersten Überblick liefert. Dennoch, die Zahl alleine sagt noch lange nichts darüber aus wie erfolgreich man ist. Viele Follower sind noch lange kein Indikator dafür, wie erfolgreich ein Kanal ist. Viel spannender ist es sich anzuschauen, wie hoch die Interaktion mit den Fans bzw. Followern ist.
Wir sehen diese Entwicklung sehr stark bei unserem Facebook Kanal. Wir haben ein großes Wachstum an Fans und sind mittlerweile in den Top 10 der deutschsprachigen Karriereseiten angekommen. Sehr spannend ist zu sehen, dass wir im direkten Vergleich zu den Platzhirschen, mit teilweise vierfach so vielen Fans, hervorragend bei dem Wert „Sprechen darüber“ abschneiden. Dieser KPI ist für uns viel entscheidender, denn er gibt uns ein direktes Feedback, dass unsere Themen ankommen und vor allem interessant sind. Und er bestätigt uns darin, dass unser Themenmix den Nerv unserer Fans bzw. Follower trifft.
Genau, Ihr macht ja nicht nur Twitter. Kannst du uns erläutern, wie Ihr Social Media ansonsten noch für eure Arbeitgeberkommunikation einsetzt?
Ja das stimmt, Twitter ist nur einer der Kanäle, den wir als Team betreuen. Für uns bilden die Karrierewebsite und die Social Media Kanäle eine Einheit, um in der Gesamtheit unsere Zielgruppen dort abzuholen, wo sie unterwegs sind. Von daher setzen wir je nach Zielgruppe auf verschiedene Plattformen, so dass wir nur die für sie relevanten Themen kommunizieren. Zum Beispiel sprechen wir auf Facebook hauptsächlich mit Schülern und Studenten, wohingegen wir auf Xing eher mit Hochschulabsolventen und akademischen Berufserfahrenen im Austausch stehen.
Darüber hinaus wollen wir auf jeder Plattform auf Augenhöhe mit den Nutzern kommunizieren, auf individuelle Fragen eingehen und herausfinden, was die Zielgruppe in Bezug auf Job, Ausbildung und Bewerbung bewegt. Das Gießkannenprinzip kann aus meiner Sicht nicht funktionieren, denn jeder Kanal ist anders, aber vor allem jede Zielgruppe ist anders. Unser Anspruch ist kein anonymer Kanal mit automatisierten Posts, sondern das menschliche Gesicht der DB zu zeigen und für unsere Fans bzw. Follower da zu sein.
Gibt es dabei zählbare Resultate? Ich meine die Meinungen darüber, was in Social Media jetzt eigentlich ein Erfolg ist, gehen ja recht weit auseinander, aber wie bemesst Ihr, ob Ihr auf dem richtigen Weg seid und sich die investierte Zeit und evtl. das investierte Budget rechnen?
Der primäre Fokus unserer Social Media Aktivitäten ist Informationen über Einstiegsmöglichkeiten und Jobmöglichkeiten zu bieten, Hilfestellung bei der Bewerbung zu leisten, Beratung bei der Ausbildungssuche anzubieten und generell mit unseren Beiträgen dem Arbeitgeber Deutsche Bahn ein Gesicht zu geben.
Eine monetäre Erfolgsbewertung ist oftmals schwierig und man kann auch nur schwer einen Hebel errechnen, welchen Nutzen jeder eingesetzte Euro am Ende des Tages hat. Dennoch, die Interaktion mit unseren Fans ist ein guter Gradmesser für den Erfolg. Beispiel: Wir haben vor einigen Wochen engagierte Studenten und Studentinnen gesucht, die Lust hatten, an einem Fallstudienwettbewerb bei unserer Konzernstrategie teilzunehmen. Unserem Aufruf über Twitter und Facebook sind viele Studierende gefolgt und wir haben innerhalb kürzester Zeit viele gute Bewerbungen bekommen. Dies war ein wirklicher Erfolg für alle Beteiligten. Das Beispiel zeigt recht gut, dass sich Social Media Aktivitäten durchaus auszahlen und einen wirklichen Mehrwert darstellen können.
Letzte Frage: Im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen ist „Mobilität“ bei Euch ja tatsächlich Programm. Wie steht es bei Euch um das Thema „Mobile Recruiting“ – angefangen bei Location Based Services wie Foursquare als Marketingkanal bis hin zu Apps zur Kommunikation oder sogar als Bewerbungsinstrument…?
Die DB ist mit ihren Bahnhöfen ja seit kurzem aktiv bei Foursquare vertreten und auch wir schauen, ob dies ein relevanter Kanal für uns als Karriereteam ist. Dennoch, bei aller Euphorie, am Ende muss der Nutzen stimmen und man muss den Usern einen echten Mehrwert bieten können, gerade im Karrierebereich. Einfach einen Kanal zu besetzen reicht nicht aus und macht einen aus meiner Sicht auch unglaubwürdig bei der jeweiligen Zielgruppe. Ohne ein stichhaltiges Konzept und vor allem konkrete Ziele werden wir nichts unternehmen.
Was für uns jedoch einen hohen Stellenwert hat, ist das Thema Mobile Recruiting. Ich hatte es bereits angedeutet, der November wird ein heißer Monat für uns und man sollte häufiger mal einen Blick in Richtung unserer Karrierewebsite werfen. Darüber hinaus haben wir noch viel vor, gerade im mobilen Bereich. Wir wollen unsere Zielgruppen dort anholen wo sie unterwegs sind, und das wird perspektivisch noch viel stärker nicht mehr der klassische Desktop daheim sein, sondern das Tablet und das Smartphone. Hier arbeiten wir an konkreten Konzepten und werden auch 2013 zu überraschen wissen. Man darf gespannt sein.
Uwe, ich danke dir vielmals für das Interview und wenn Ihr die Aktion ausgewertet habt, würde mich einmal sehr interessieren, wie Eure Azubi-Nacht im DB-Museum so gelaufen ist…
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Soweit zur Deutschen Bahn. Damit das hier auch den geduldigsten Leser nicht überstrapaziert, fasse ich das aktuelle Ranking sehr kurz und beschränke mich nur auf die Charts. Da kann sich ja jeder sein Häppchen rauspicken…
Soweit die Rankings. Wie zu sehen, feierte neben der Bahn und Daimler auch die Commerzbank ein kleines Achievement – man übersprang die Marke 500 und stieg somit quasi in die dritte Liga auf…
Der Index, also die “durchschnittliche Anzahl Followers der über einen längeren Zeitraum betrachteten Kanäle”, ist im September um 29 Punkte gestiegen. Das entspricht etwa dem Wachstum der Vormonate, liegt aber weiterhin unter dem langfristigen Wachstum.
Bei der Aktivität, also der Anzahl abgesetzter Tweets, setzte SNT mit atemberaubenden 531 Tweets eine neue Allzeit-Bestmarke. Auf Platz zwei folgte dann mit der Rational AG der einzige Neuling im Ranking (227 Tweets). Im Durchschnitt betrug der Wert 41 Tweets, was einen Hauch mehr als sonst ist, was sich aber eigentlich einzig durch den enormen Output von SNT erklären lässt.
Ich bin durchaus der gleichen Meinung, dass alleine die Anzahl der Follower kein Kriterium für Erfolg oder Misserfolg in Stellenbesetzung ist.
Mich würde einfach die Frage interessieren, ob diese Unternehmen auch nachvollziehen können, wieviele Jobs durch die Aktivitäten auf Twitter besetzt werden konnte.
Immerhin sind die Aktivitäten ja nicht kostenlos und das „kleine“ Team muss sich täglich mit dem Thema befassen.
Ob und wieviel es bringt kann wahrscheinlich niemand beantworten.
Markus Baldauf
IT Headhunter