Buchtipp: Praxishandbuch Social Media Recruiting. Was steht drin, Ralph Dannhäuser?

Selten sind so viele spannende Bücher zu Themen rund um die Personalgewinnung erschienen wie 2023.

Mit der zweiten Auflage von “Recrutainment” haben mein Kollege Kristof Kupka, der Hamburger Wirtschaftspsychologie-Prof. Lars Jansen und ich uns ja selber auch als Autoren in diesen Reigen eingefügt.

An anderen Büchern – wie etwa den bemerkenswerten Herausgeberwerken “Personalauswahl 4.0” (Stulle & Justenhoven) oder “People Analytics in der Praxis” (Reindl & Krügl) waren wir als Gastautoren beteiligt.

Und in diese Reihe gehört auch das Praxishandbuch Social Media Recruiting, herausgegeben von Ralph Dannhäuser. Dieses erschien Ende 2023 in der mittlerweile 5. (!) Auflage. Allein daran kann man schon ablesen, dass dieses Buch es mittlerweile zu einem Standardwerk der Personalgewinnung gebracht hat. Die versammelte Schar an GastautorInnen, die Ralph für das Buch zusammengetrommelt hat, liest sich wirklich wie das Who is Who der Szene. Umso mehr kann ich mir wohl darauf einbilden, selber ein paar Zeilen dazu beigetragen haben zu dürfen. 😉

Eines kann ich also definitiv schon mal vorwegschicken: Das Buch lohnt sich. Ich habe mir nun Ralph einmal zum Interview geschnappt, um ihm mal ein wenig auf den Zahn zu fühlen, was genau man von dem Buch erwarten darf. Und ach ja, wir verlosen auch unter unseren LeserInnen ein Exemplar des Buchs, was sich bei 69 € Verkaufspreis durchaus schon lohnt… Wie? Steht am Ende des Interviews…

So, nu aber. Ralph, wollen wir…?

Lieber Ralph,
vor ein paar Wochen ist dein Praxishandbuch Social Media Recruiting erschienen. Und das bereits in der fünften (!) Auflage! Da ich ja selbst so meine Erfahrungen mit dem Schreiben von Büchern gemacht habe, mal ganz unverblümt die Frage: Warum hast du dir das (wieder) angetan…?

Da fragst du was, lieber Jo! Die Frage, warum ich mir das (wieder) angetan habe, stelle ich mir tatsächlich jedes Mal, wenn ich mich mitten im Buchprojekt befinde und auf unvorhergesehene Herausforderungen stoße, die ich ad hoc nicht lösen kann. Insbesondere, wenn ich bedenke, wie sich das Buch in den letzten zehn Jahren über die fünf Auflagen hinweg entwickelt hat – von 400 auf über 800 Seiten.

Als Autor und Herausgeber eines so umfangreichen Standardwerks mit über 35 Co- und Gastautor:innen kann man naturgemäß nicht im Alleingang agieren. Es gleicht eher dem Dirigieren eines Orchesters im Konzertsaal: Die Performance erreicht nur dann ein hohes Niveau, wenn Vertrauen zwischen Dirigent und Orchester besteht. Glücklicherweise kann ich auf ein stabiles Kernteam von Autor:innen aus dem Who’s Who der deutschen Personalerszene zurückgreifen, das mich seit vielen Jahren unterstützt und mir die Treue hält.

Im Ernst, 5. Auflage heißt ja nichts anderes, als dass es sich wirklich um ein Standardwerk handelt. Speziell bei diesem Thema stelle ich es mir aber enorm schwer vor, die Inhalte auch nur halbwegs up to date zu halten. Ich meine, als du 2013 die erste Auflage herausgegeben hast, waren die Leute noch bei Facebook, TikTok war noch ein Song von Kesha, es gab ja noch nicht mal den TikTok Vorgänger musical.ly… In der aktuellen Auflage findet sich ein Beitrag über Twitter, obwohl es das ja mittlerweile nur noch als „X“ gibt. Wie kommst du hinterher?

Verständlicherweise eine berechtige Frage. Tatsächlich war es eine Herausforderung, das Buch über fünf Auflagen hinweg aktuell zu halten, insbesondere in einem Bereich, der sich so dynamisch entwickelt. Bei der ersten Auflage im Jahr 2013 sprachen wir noch über Google+, das in der zweiten Auflage bereits nicht mehr existierte. Dieses Szenario wiederholte sich mit jedem Update.

Meine Vorgehensweise besteht darin, kontinuierlich zu prüfen, welche Trends sich innerhalb der Themenkapitel herauskristallisieren und ob sie durch Gastbeiträge vertieft werden können. Ein Kanal erhält erst ein eigenes Kapitel, wenn er das “Plateau der Produktivität” erreicht und sich in der Praxis bewährt hat. So war es beispielsweise mit Instagram und TikTok, die in der vierten Auflage als Gastbeiträge behandelt wurden und nun in der fünften Auflage jeweils eigene Kapitel gewidmet bekommen haben.

Unser Anspruch ist es, Inhalte so zu verfassen, dass ihre “Haltbarkeit” möglichst lange gewährleistet ist. Dennoch lässt sich aufgrund der langen Produktionszeiten nicht vermeiden, dass sich neue Entwicklungen, die sich zwischen dem schöpferische „Schreibprozess“ und der langersehnten „Erscheinen der Publikation“ ergeben. Wie im Fall von Twitter – X, den du bereits erwähnt hast.

Die erste Auflage des Buchs hatte 14 Kapitel auf rund 400 Seiten, die aktuelle umfasst 24 Kapitel und das Buch ist gut 800 Seiten dick. Drückt dieses Wachstum im Umfang deines Erachtens aus, dass das Thema Social Media Recruiting diverser und vielschichtiger, vielleicht auch wichtiger geworden ist?

Das deutliche Wachstum im Umfang des Buchs reflektiert meiner Ansicht nach die zunehmende Diversität und Vielschichtigkeit des Themas Social Media Recruiting. In den letzten zehn Jahren habe ich zwei wesentliche Entwicklungen beobachtet, die dieses Wachstum beeinflusst haben:

Erstens hat die Bandbreite der Social-Media-Kanäle erheblich zugenommen. Zielgruppen sind auf verschiedenen Kanälen aktiv, was zu einer feineren und segmentierten Ansprache führt. Die Bedürfnisse der Zielgruppen variieren und es ist entscheidend, sie im spezifischen Sprachjargon und Kontext jedes Kanals anzusprechen. Diese Entwicklung spiegelt sich nicht nur in der beruflichen Landschaft, sondern auch in der gesellschaftlichen Entwicklung wider, bei der sich Berufsbilder immer weiter spezialisieren.

Zweitens hat die Dynamik der Veränderungen in den Social-Media-Kanälen erheblich zugenommen. Die rasante Entwicklung von Funktionen und Interfaces macht es schwer, Schritt zu halten. Die gestiegene Anzahl von Entwicklern, insbesondere bei größeren Plattformen, intensiviert diese Dynamik. Im Gegensatz zur Gründungszeit z.B. von LinkedIn (2002), XING (2003 OpenBC) Meta (2004 Facebook), hat sich nicht nur die Größe der Entwicklerteams dramatisch verändert, sondern auch die Geschwindigkeit, mit der Innovationen und Veränderungen eingeführt werden.

Insgesamt spiegelt das Wachstum des Buchumfangs die zunehmende Komplexität und Relevanz von Social Media Recruiting wider, sowohl in Bezug auf die Vielfalt der Kanäle als auch auf die dynamischen Veränderungen in der Social-Media-Landschaft.

Du hast ja als Beitragsautor:innen wieder einige bekannte Namen der Szene an Bord, z.B. Stefan Scheller, Jubin Honarfar, Daniela Chikato, Anja Lüthy, Peter Wald oder Jan Kirchner. Einige andere wie Barbara Braehmer, Gero Hesse, Wolfgang Brickwedde, Carsten Ulbricht, Tim Weitzel, Hans Fenner, Nikolaus Reuter oder Martin Grothe sind ja sogar durchgehend seit der ersten Auflage dabei. Und dieses Mal hast du außerdem noch einige ExpertInnen wie Madeleine Kern, Marcus Merheim, Andreas Doppler, Michael Witt oder mich um Einschätzungen zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren bei der Stellenbesetzung gebeten. Ist ein so großer und diverser Kreis an Gastautoren eigentlich noch zu managen oder hat das was von Flöhe hüten?

Wie in der Eingangsfrage schon angeschnitten ist ein Herausgeberwerk in dieser Größenordnung schon eine Challenge. Im Unterschied zu einem Buch, das man allein oder vielleicht zu zweit schreibt, geht der größte Anteil der Zeit in das Projektmanagement und weniger in die Schreibarbeit.

Bei der aktuellen 5. Auflage war es so, dass ca. 30% meiner Energie in der Schreibarbeit von ca. 250 Seiten floss und 70% in das Projektmanagement sowie Kommunikationsaufgaben mit Autor:innen, Ansprechpartner:innen beim Verlag, Kooperations- und Medienpartner:innen. Der Lohn ist am Ende eines der führenden Standardwerke mit zweimaligem Bestseller-Prädikat auf Amazon in diesem Segment im deutschsprachigen Raum geschaffen zu haben. Das weißt du aber zu Beginn der Reise nicht. Ich hätte am Anfang auch nicht gedacht, dass es jemals mehrere Auflagen über so einen langen Zeitraum geben würde.

In den Beiträgen wird eine unheimlich breite Themenpalette bespielt: XING, LinkedIn, Active Sourcing, Karriere-Blogs, Instagram, TikTok, Twitter, Facebook, Arbeitgeberbewertungsportale etc. Ich habe vor einiger Zeit in einem Blogartikel mal die Frage gewagt, ob es überhaupt noch Soziale Netzwerke gibt bzw. ob an Social Media eigentlich noch irgendwas „social ist“. Nach meiner Beobachtung geht es eigentlich nur noch um „Senden“ und „Inszenierung“, nicht um „Interaktion“. Und „ungefiltert“ sind Inhalte ganz sicher auch nicht mehr. Wie siehst du das? Ist der Begriff „Social Media“ nur noch ein sprachliches Relikt aus einer anderen Zeit? Oder steckt in dem Konzept und den Plattformen immer noch der eigentliche Gedanke des direkten Austausches, der Vernetzung, der Authentizität?

In der heutigen Social-Media-Landschaft sehe ich eine Verschiebung weg von der ursprünglichen Idee des direkten Austauschs und der Authentizität hin zu einem Fokus auf Inszenierung und Selbstdarstellung.

Die Vielzahl an Plattformen und die breite Themenpalette ermöglichen es zwar, sich zu präsentieren, jedoch scheint die Interaktion und der echte Dialog in den Hintergrund zu treten. Oftmals steht das “Senden” von Inhalten im Vordergrund, während echte Vernetzung seltener wird. Die ursprüngliche Vision von “Social Media” als Ort des direkten Austauschs scheint in der Masse an Content und Inszenierung verloren zu gehen.

Dennoch gibt es sicherlich noch Nischen und Plattformen, wo Authentizität und Vernetzung im Vordergrund stehen, aber der Begriff “Social Media” scheint in vielen Fällen eher ein sprachliches Relikt aus einer anderen Zeit zu sein. Aktuelles Beispiel ist die Transformation vom einstigen Karrierenetzwerk XING, das 2004 als „Open Business Club“ mit dem Social Media Netzwerkgedanken von Lars Hinrichs gegründet wurde, hin zum „Jobsnetzwerk“, bei dem der Austausch unter den Mitglieder:innen offensichtlich nicht mehr gefördert wird (Schließung der Gruppen oder Events).

Einige Beiträge drehen sich um Themen wie Blue Collar Recruiting, Corporate Influencer oder auch Desinformationsangriffe. Das sind ja eigentlich Meta-Themen, die nicht mehr auf „Social Media“ begrenzt sind. Gero schreibt daher in seinem abschließenden Beitrag beispielsweise auch: „Social Media Recruiting ist Recruiting“. Meinst du, dass die begriffliche Klammer „Social Media Recruiting“ noch lange trägt? Oder ist Social Media nicht ohnehin irgendwie überall im Recruiting drin und gar keine Teildisziplin mehr?

Die begriffliche Klammer “Social Media Recruiting” könnte sich tatsächlich langfristig auflösen, da soziale Medien zunehmend integraler Bestandteil des gesamten Recruiting-Prozesses werden. Die Bezeichnung erscheint in vielen Fällen redundant, da Social Media längst in verschiedenen Aspekten des Recruitings verankert ist. Social Media ist mittlerweile omnipräsent und beeinflusst diverse Recruiting-Strategien. Geros Feststellung, dass “Social Media Recruiting Recruiting ist”, unterstreicht diese Entwicklung.

Nach der Auflage ist ja vor der Auflage… Ralph, hast du schon mit den Vorüberlegungen für Auflage 6. angefangen? Ich meine, wenn du in dem Tempo weitermachen willst, dann müsste die ja eigentlich 2025 unter dem Weihnachtsbaum liegen, oder?

Aktuell bin ich froh, dass die 5. Auflage im 10. Jubiläumsjahr nun am Markt ist und sehr guten Anklang findet. Was das Buchprojekt betrifft, „schnaufe“ ich jetzt erst einmal durch. Allerdings kommen schon die ersten Interessensbekundungen bzgl. neuer Themen rein, die ich sammle. KI-gestützte Social Media Recruiting Ansätze und -Anwendungsszenarien aus Recruitersicht stehen ganz oben auf der Agenda.

Ralph, ich danke dir für das spannende Interview! Und ach ja, wir wollte ja ein Buch unter meinen LeserInnen verlosen! Also, wer sich für die 5. Auflage des Klassikers „Praxishandbuch Social Media Recruiting“ interessiert, der schreibe mir eine kleine Nachricht (gern auch her in die Kommentare).

20 Gedanken zu „Buchtipp: Praxishandbuch Social Media Recruiting. Was steht drin, Ralph Dannhäuser?

  1. Vielen Dank an alle Interessentinnen und Interessenten! Die Buchverlosung ist durch, die glückliche Gewinnerin hat ihr Buch erhalten.

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