Ja, der Arbeitskräftemangel ist real.
Das Problem ist, dass immer noch so viele Potenziale zur Bewältigung, oder mindestens Linderung nicht oder nur widerwillig genutzt werden.
Stellhebel wären etwa:
➡️ Weniger Bürokratie in den Tätigkeiten (dann benötigt man auch nicht so viele Menschen…)
➡️ Verbesserung der Vereinbarkeit (nach wie vor vor allem, um Frauen eine berufliche Tätigkeit zu ermöglichen)
➡️ Entstigmatisierung des Alters (warum sollte jemand mit 50 denn bitte zu alt sein?)
➡️ Vernünftige Einwanderungspolitik (v.a. etwas ideologiebefreiter)
➡️ Verbesserte berufliche Orientierung (wer besser orientiert ist, wird gezielter das passende aussuchen = länger verbleiben, mehr leisten, zufriedener / gesünder sein etc.). Übrigens: bessere berufliche Orientierung kann man auch mit “Verbesserung der Selbstselektion” übersetzen.
➡️ Verstärkt potenzialbezogene Rekrutierung, Vereinfachung von Quereinstieg (d.h. weniger danach zu selektieren, was jemand “schon kann”, sondern stärker danach, was jemand “können kann”
➡️ (das bedeutet automatisch) deutlicherer Fokus auf Mitarbeiterbindung / Retention sowie Re- und Upskilling
➡️ Öffnung für oder sogar proaktive Förderung von Re-Hiring bzw. Boomerang-Recruiting, also der Rückkehr ehemaliger Mitarbeitenden ins Unternehmen.
❌ Kein sinnvoller Stellhebel hingegen ist es weniger gründlich hinzusehen bei der Auswahl. Wer meint, das Mangelproblem zu lösen, indem halt einfach jeder durchgewunken wird, der erlebt sein blaues Wunder dann etwas später im Unternehmen (hohe Früh-Fluktuation, Unzufriedenheit, Minderleistung etc.).
Auf wenn man stärker darauf setzt, Menschen einzustellen, die noch nicht alles mitbringen, um diese dann zu entwickeln, ist es wichtig im Recruiting darauf zu achten, DASS die Menschen auch re- und upskillFÄHIG und -WILLIG sind und auch in welchen Bereichen. Auch eine gezielte Entwicklungs- und Retention-Strategie setzt “gutes” Recruiting voraus!
Solange es bei all den oben genannten Punkten noch so viel Luft nach oben gibt, leistet man dem Einwand, es gäbe keinen Mangel oder “die Unternehmen sollen erstmal ihre Hausaufgaben machen” natürlich reichlich Vorschub.
Der Arbeitskräftemangel ist real, aber es man ist diesem auch nicht völlig hilflos ausgeliefert.
Liebe Unternehmen, liebe Politik, liebe Gesellschaft, lasst uns die Stellhebel auch betätigen. Sonst haben wir bald wirklich ein Problem…
Übrigens habe ich mit kürzlich sehr angeregt über viele dieser Punkte mit Stefan Dietz in seinem Podcast ausgetauscht. Hört doch einfach mal rein!
Alles richtig! Nur was mich extrem wundert, dass kein HR-Blogger über die +3 Millionen Arbeitslosen spricht und darüber, dass in Deutschland noch NIE mehr Menschen gelebt haben als heute. Setzt unser Sozialstaat vielleicht bei arbeitsfähigen Menschen (zum Teil) die falschen Anreize?
Können. Wollen. Dürfen.
“Zahl der Arbeitslosen im August gestiegen” August 2023
“Arbeitsagentur vermittelt so gut wie keine Arbeitslosen” August 2023
Wir sind in der Tat nicht ausgeliefert. Aber wir träumen….
Interessanter Beitrag. Meines Erachten schauen aber viele Unternehmen bei sich selbst nicht richtig hin. Oftmals beginnt der Personalmangel durch Fehler im eigenen Unternehmen. Diese Blog zum Thema habe ich geschrieben: https://www.waiderconsulting.de/post/wer-trägt-die-verantwortung-für-den-personalmangel-im-unternehmen
Informativer Artikel. Meiner Meinung nach vernachlässigen viele Unternehmen jedoch die gründliche Selbstreflexion. Oftmals ist der Personalmangel eine direkte Folge von internen Unternehmensfehlern. :(