It´s Analytical Thinking, stupid! Welche Skills sind aktuell wichtig, welche werden es? Der Future of Jobs Report 2023 des WEF

Alle drei Jahre bringt das Weltwirtschaftsforum (WEF) den Future of Jobs Report raus. Dieser ist aus verschiedenen Gründen immer sehr spannend.

Erstens werden darin Fragen erörtert, wohin sich die Arbeitsmärkte und verschiedene Berufsbilder (wahrscheinlich) so entwickeln (werden). D.h. es wird bspw. geschaut, in welchen Branchen durch die verschiedenen gesellschaftlichen und technologischen Veränderungen Arbeitsplätze entstehen oder vernichtet werden. Und auch wie viele.

Zum zweiten beleuchtet der Report regelmäßig die Frage, welche Skills, also Fähig- und Fertigkeiten, welche Bedeutung haben (werden).

Mich interessiert hierbei immer ganz besonders dieser zweitgenannte Punkt, denn wir befassen uns ja sehr intensiv mit Fragen der Messung von Personenmerkmalen und zwar insb. im Hinblick auf die Passung zu beruflichen Anforderungen. Und zu diesen Personenmerkmalen zählen ja all die Dinge wie Skills, Kompetenzen, Einstellungen, Interessen, Werte oder (Persönlichkeits-)Eigenschaften.

Analytisches Denk(vermög)en ist der wichtigste Skill

Der lt. dem aktuellen Future of Jobs Report 2023 wichtigste Skill ist (und bleibt!) analytisches Denken. Das ist ein sehr stabiler Befund des Reports. Auch wenn dieser Skill in den vorherigen Reports immer mal leicht abweichend genannt wurde (z.B. Critical Thinking and Analysis oder Analytical Thinking and Innovation) ist auch dieses Mal wieder die Fähigkeit zum “Durchdringen von Problemen” an der Spitze der Tabelle zu finden – und das weiterhin mit recht komfortablem Vorsprung.

Und auch Platz zwei wird von einem kognitiven Skill besetzt: Creative Thinking.

Jetzt kann man sicherlich die Frage aufwerfen (aus diagnostischer Sicht müsste man das wahrscheinlich sogar), was genau denn mit diesen Merkmalen gemeint ist, wie genau sie hier operationalisiert sind, aber diese Frage will ich heute der Einfachheit halber mal ausklammern. Es ist mir zunächst einmal wichtig festzuhalten, dass es offenbar auf der ganzen Welt und auch quer durch alle Branchen für sehr wichtig gehalten wird, dass Menschen in einem beruflichen Kontext in der Lage sind, Probleme verstehen zu können.

Kognitive Skills werden auch zukünftig am wichtigsten bleiben

Und dies wird auch so bleiben!

Auch auf die Frage, wie sich die Bedeutung der verschiedenen Skills in der Zukunft entwickeln werden, stehen die beiden genannten kognitiven Fähigkeiten ganz oben auf der Liste.

Kognitive Skills stehen auch beim Up- und Reskilling ganz oben

Interessant ist auch, dass die Skills Analytisches Denken und Kreatives Denken auch Spitzenplätze bei der Frage einnehmen, worauf denn bei der Aus- und Weiterbildung der Fokus gelegt werden wird.

Das finde ich aus einem Grunde besonders bemerkenswert:

Die Unternehmen verstehen ja – zum Glück – in zunehmendem Maße, dass es immer mehr auf eine kontinuierliche Fortbildung der Workforce ankommt. Manche überaus Progressive haben sogar schon verstanden, dass darin ein Schlüssel zur Bewältigung des das Recruiting so quälenden Arbeitskräftemangels liegen kann (“Mehr Upskilling > mehr Retention > weniger Recruitingdruck…).

Dass man aber nun ausgerechnet Analytisches und Kreatives Denken in den Fokus der Up- und Reskilling-Bemühungen stellen will, mutet ulkig an. Denn es handelt sich hierbei um Fähigkeiten, die man nur sehr begrenzt lernen oder beibringen kann. Die entscheidende Stelle, an der auf kognitive Fähigkeiten geschaut werden sollte, ist bei der Personalgewinnung bzw. im Recruiting!

Analytische- (und auch kreative-) Denkfähigkeit sind Potenzialmerkmale. Bei denen geht es nicht um die Frage, was jemand kann, sondern was jemand können kann.

D.h. wenn man Menschen aus- und weiterbilden möchte (was sehr sinnvoll ist, siehe oben), dann braucht man dafür Menschen, bei denen das Potenzial hierfür auch vorhanden ist. Und wenn man analytische und kreative Denkfähigkeit für wichtig hält (was sie ja offenkundig auch sind), dann muss man diese zwingend versuchen herauszufinden, wenn man die Menschen rekrutiert.

Man kommt immer wieder dahin zurück: Kognitive Fähigkeiten sind wichtig, aber sie lassen sich nicht wirklich beibringen. Wer also rekrutiert nach dem Motto “Hauptsache Stelle besetzt, den Rest bringen wir dann bei”, der wird schnell feststellen, dass auch dafür ein entsprechendes Potenzial vorhanden sein muss.

Wer analytisches Denken im Unternehmen haben will, der muss dies im Recruiting überprüfen. Es lässt sich nicht wirklich upskillen…

Wie werden Skills in der Personalgewinnung eingeschätzt?

In diesem Zusammenhang rückt also auch die Frage in den Blickpunkt, wie Unternehmen denn die ihnen wichtigen Skills im Rahmen des Recruitings erheben. Und hier schauen die allermeisten Unternehmen immer noch vor allem auf die Historie der KandidatInnen bzw. deren Arbeitserfahrung.

Das ist sicherlich ein Aspekt, der Eignung und Passung zu einem gewissen Grad vorherzusagen vermag. Ich glaube allerdings, dass die Bedeutung dieser “in der Vergangenheit unter Beweis gestellten Fähigkeiten” für die Prognose, ob jemand auch zukünftige Probleme zu lösen im Stande ist, eher abnimmt. Der Grund: Die zukünftig zu lösenden Probleme verändern sich immer schneller. DAS konkret morgen zu lösende Problem werden Menschen zukünftig immer seltener gestern schonmal zu lösen gehabt haben.

Und die Fähigkeit, neue, bislang unbekannte Probleme lösen zu können, nun die nennt man übrigens Intelligenz. Oder wie der Future of Jobs Report sie nennt: Analytical und Creative Thinking.

Und da schließt sich der Kreis.

Ein Gedanke zu „It´s Analytical Thinking, stupid! Welche Skills sind aktuell wichtig, welche werden es? Der Future of Jobs Report 2023 des WEF

  1. Hier scheint mir das gesamte Handwerk zu fehlen. Aber zum Glück hat man Empathie und Zuhören nicht ganz vergessen. Bodenständigkeit ist auch ein skill der fehlt. Scheint mir etwas LinkedIn lastig zu sein diese ganze Betrachtung.

    Critical Thinking! :-)

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