´Meine Nachricht an mich…´ – Techniker Krankenkasse mit interessantem Ansatz zur (beruflichen) Orientierung junger Menschen

Anfang des Jahres habe ich mit dem Aufruf zur Blogparade 2014 zum „Jahr der Berufsorientierung“ ausgerufen. Dass jedoch die ganzen HR-Blogger nichts anderes zu tun zu haben scheinen, als diesem Aufruf auch noch zu folgen (… ;-)) hatte ich so definitiv nicht erwartet. Bis dato sind sage und schreibe 40 (!) Beiträge im Rahmen der Blogparade eingegangen. Für mich ist das Bestätigung dessen, was ich schon vermutet hatte: Das Thema scheint irgendwie unter den Fingern zu brennen…

Nun, wir haben das Thema „Orientierung“ ja nicht ganz grundlos zum Leitthema der Recruiting2015 in zwei Wochen erklärt. Die inzwischen über 100 Anmeldungen zu der Tagung bestätigen auch hier die Aktualität des Themas (ein paar Resttickets gibt es übrigens noch, also schnell noch zuschlagen…).

Jetzt ist aber die Diskussion um die berufliche Orientierung zum Glück nicht nur eine akademische. Nein, vielmehr entstehen allerorten konkrete Lösungen: Nicht nur aggregierende Plattformen wie blicksta oder karista oder von „zentraler Stelle“ angebotene Orientierungshilfen wie etwa der Studium-Interessen-Test (SIT) von ZEIT ONLINE und der Hochschulrektorenkonferenz, der ein Interessenmatching auf allen nahezu 10000 grundständigen Studiengängen ermöglicht, sind hier zu nennen.

Auch zahlreiche Unternehmen haben offenbar verstanden, dass es nicht reicht, nur offene Stellen zu posten oder die angebotenen Ausbildungsberufe aufzulisten. Es müssen andere, zeitgemäßere Formen der Orientierung her. Diese müssen niedrigschwellig, möglichst wenig verkopft und – warum nicht – unterhaltsam dabei helfen, einen besseren Match zu erreichen zwischen dem, was Unternehmen auf der einen und (potentiellem) Kandidat auf der anderen Seite jeweils zu bieten haben.

Meine Nachricht an mich…

Einen zwar vordergründig nicht spektakulären, aber in der Sache aus meiner Sicht umso pfiffigeren Ansatz hat nun gerade die Techniker Krankenkasse (TK) auf die Beine gestellt. Und zwar fordert die TK junge Menschen über die TK-Ausbildungsseite bei Facebook oder eben über die Microsite nachrichtanmich.tk.de auf, sich selber eine Videobotschaft zu senden, in der man sich Gedanken zu der eigenen (beruflichen) Zukunft macht. Der Clou: Die TK verwahrt diese Videobotschaften genau ein Jahr und sendet sie dann dem Urheber wieder zu.

Das ist eine ganz spannende psychologische Finesse, weil über diese Methode im Prinzip ein intrapersoneller Dialog provoziert und expliziert wird.

Jeder ist ja ständig mit sich im inneren Zwiegespräch und trifft so Entscheidungen („nehme ich das Auto oder das Fahrrad?“, „trinke ich noch ein Bier oder lasse ich es lieber bleiben…?“ oder auch: „mache ich eine Ausbildung oder gehe ich studieren?). Sich selber quasi aus diesem „inneren Dialog“ zu lösen und diesen durch den Dialog mit dem „eigenen zukünftigen Ich“ auf eine Metaebene zu heben, kann dabei helfen, die (Selbst-)Reflexion zu verbessern – eine wichtige Voraussetzung für eine gute Orientierung. In etwas variierter Form hat das ja auch schon der Weihnachtsmann im Personalgespräch mit seinem Rentier Rudolph gemacht… Doch ich schweife ab…

Um mal zu horchen, was die Zielsetzung hinter dieser Idee war und ob es schon Zählbares gibt, habe ich mir Jürgen Sorg, bei der TK zuständig für Social Media Recruiting und Personalmarketing, mal geschnappt und ihm drei zackige Frage zur Nachrichtanmich gestellt.

Jürgen, ab geht er…

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Lieber Jürgen,

Ihr fordert junge Menschen auf, sich selbst eine Videobotschaft zu senden, in der sie sich Gedanken über die eigene Zukunft zu machen. Der Clou: Ihr verwahrt diese Botschaft genau ein Jahr bei Euch und sendet sie dem Urheber dann zurück. Was ist aus Eurer Sicht der „Nutzen für den Nutzer“ und was verspricht sich die TK von der Aktion?

Studien, eigene Erfahrungen und vor allem Gespräche mit unserer Zielgruppe – u.a. auch mit Hilfe von Marktforschung – haben immer wieder gezeigt, dass sich jugendliche Berufsanfänger zu Beginn ihrer Suche nach einer passenden Ausbildung, Studium oder Beruf einem fast kaum zu bändigenden Komplex von Fragen, Angeboten, persönlichen Tipps und Hinweisen, etc. gegenüber sehen. Zum einen sind es Fragen an die Berufsfelder oder Arbeitgeber, die sie interessant finden, die ihnen empfohlen wurden oder ihren Neigungen entsprechen. Zum anderen sind es aber Fragen an sich selbst, denn schließlich stehen sie an einer entscheidenden Weggabelung mit großer Auswirkung für ihren Lebensweg: Was möchte ich erreichen? Welche Erwartungen habe ich an die Arbeitswelt? Wie sieht die ideale Arbeit für mich aus, was will ich lernen, persönlich wie fachlich? Wie wird sich mein Leben verändern?

Natürlich gibt es zahlreiche Möglichkeiten, um Antworten zu finden oder Rat zu bekommen. Auch wir als TK versuchen mit verschiedenen Angeboten auch Orientierung zu bieten. Letztlich muss aber jeder für sich selbst die Entscheidung treffen, wo die Reise hingehen soll. Wir möchten jugendliche Berufsanfänger ermutigen, in sich zu gehen, ihre eigenen Hoffnungen, Gefühle und Botschaften quasi in einem „Dialog mit sich selbst“ zu reflektieren. Die eigene „Nachricht an mich“ soll helfen, sich über die eigenen Vorstellungen klar zu werden.

Wir als TK wollen damit deutlich machen, dass uns die individuellen Fragen, Bedürfnisse und Sorgen jugendlicher Berufsanfänger wichtig sind. Die Aktion soll keinen Content für unser eigenes Marketing produzieren, sondern im Privaten, quasi fern der Öffentlichkeit, stattfinden. Was wir uns also davon versprechen? Vertrauen. Vertrauen in uns als Arbeitgeber, der sich um seinen Nachwuchs „kümmert“.

Ich habe ja Anfang des Jahres versucht mit der Blogparade das Thema „Berufsorientierung“ bzw. den dringenden Handlungsbedarf in diesem Bereich ins Bewusstsein zu heben. Meinst du, dass eine Art „Zwiegespräch“ mit dem zukünftigen Ich auch der Verbesserung der eigenen Orientierung helfen kann, so im Sinne von „mal drüber nachgedacht“…?

Mit dem Thema „Berufsorientierung“ hast Du mit deinem Aufruf definitiv in eine richtige Kerbe geschlagen. Wird auch m.E. viel zu wenig im Kontext der Diskussion um Gen-X und Gen-Y thematisiert. Wenn man bedenkt, dass „Berufsorientierung“ mit Erwartung und Gestaltung der eigenen Zukunft zu tun hat – und zwar unabhängig davon, welchen Stellenwert ein oder der „Beruf“ für den einzelnen hat -, dann ist das definitiv auch etwas, dass man mit „sich selbst“ vereinbaren oder klären muss. „Mal drüber nachdenken“ ist ja ein ganz entscheidender Schritt dahin, sich über seine eigenen Wünsche, Erwartungen, Stärken und Schwächen Gedanken zu machen. Berufsorientierungs-Angebote – und damit meine ich auch die „quasi-professionellen“ Tipps aus dem eigenen persönlichen Bekannten- und Familienkreis – funktionieren m.E. vor allem dann nicht, wenn sie von „außen aufgestülpt“ werden. Orientierung ist immer ein reziprok-dialektischer Prozess. Und Voraussetzung ist hierfür Selbstreflexion. Also ein Verständnis darüber, was die eigenen Stärken, Schwächen, Vorlieben, Eigenarten usw. sind. Erst über die Reflexion des eigenen Verhaltens – quasi als Dialog mit sich selbst -, kann ein gesunder Abstand zur eigenen Umwelt entwickelt werden und ggfls. eigenes zukünftiges Verhalten verändert werden. „Das Zwiegespräch mit dem zukünftigen Ich“, wie Du es so treffend beschrieben hast, soll genau hier ansetzen und die eigene Selbstreflexion unterstützen.

Die Aktion ist ja gerade erst gestartet. Gibt es schon erste Ergebnisse? Sind bei Euch schon Videobotschaften an die eigene Zukunft in den virtuellen Tresor gewandert?

Die Aktion haben wir erst Ende letzter Woche angefangen aktiv zu kommunizieren und zu bewerben. Wir hoffen natürlich sehr, dass unsere Aktion auch bei den Zielgruppen auf Anklang stößt. Erste Videos sind aber eingegangen, aber da alles verschlüsselt ist, wissen wir nur, dass welche und wie viele eingegangen sind. Mehr nicht. Die ersten Rückmeldungen unserer eigenen Azubis und Bewerber sind aber sehr positiv.

Letztlich werden wir das Thema in einem Jahr nochmal aufgreifen, wenn die „Videonachrichten“ wieder verschickt werden. Hier wäre es interessant zu erfahren, was das Betrachten der eigenen Nachrichten bei unseren Nutzern bewirkt.

Jürgen, ich danke dir für unser „Zwiegespräch“! Ich hoffe, wir sehen uns dann in zwei Wochen bei der Recruiting2015, um es bei einem Glas Wein fortzusetzen…

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