Innovative Talentstrategien: Interview mit Herausgeber (und Initiator des HR Barcamp) Christoph Athanas

In der Szene ist er bestens bekannt, nicht zuletzt weil er gemeinsam mit Jannis Tsalikis das HR Barcamp aus der Taufe gehoben hat und damit der Personalersuppe einmal im Jahr einen Pflichttermin in Berlin in den Kalender diktiert hat. Aber Christoph Athanas´ Stimme findet mit seiner Beratungsfirma MetaHR und seinem Blog natürlich auch außerhalb des HR Barcamps Gehör. Nun hat er gemeinsam mit der Initiatorin des HR Innovation Slam Prof. Dr. Nele Graf vor einigen Wochen zudem das sehr bemerkenswerte Buch “Innovative Talentstrategien” herausgegeben, an dem neben den Herausgebern eine ganze Reihe namhafter Co-Autoren beteiligt waren.

Eine kurze Rezension des Buchs von Helge Weinberg findet sich übrigens bei Crosswater-Systems. Wer also noch ein Weihnachtsgeschenk mit Sinn und Verstand sucht, dem sei erst die Rezension und dann der Kauf des Buchs empfohlen. Aber vorher lese man bitte noch das folgende Interview, in dem ich Christoph zu seinem Buch und dessen Zielsetzungen und Schwerpunkten befragt habe.

Also Christoph, los geht´s…

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Hi Christoph,

ich habe ja mit meinem Kollegen Kristof Kupka dieses Jahr selber ein Buch geschrieben (bzw. in weiten Teilen schreiben lassen, wir sind ja nur die Herausgeber), von daher weiß ich, was für ein dickes Brett das sein kann. Euer Buch “Innovative Talentstrategien” ist mit insgesamt fast 400 Seiten ja auch ein echter Wälzer geworden. Was hat Nele und dich bewogen so ein umfangreiches Buch herauszugeben?

ch_athanas1Hallo Jo. Ja, „Innovative Talentstrategien“ ist umfangreich, das stimmt. Die gute Nachricht ist aber, dass man es zwar komplett lesen kann, aber keinesfalls muss, um Nutzen daraus zu ziehen. Viele Artikel darin bieten auch schon für sich allein einen wirklich guten Zugang zum jeweiligen Thema. Damit verlieren ca. 400 Seiten ihren „Schrecken“ ;-)

Im Ernst: Als mich der Haufe-Verlag ansprach, ob ich ein Buch über zeitgemäßes Recruiting machen wolle, fand ich das reizvoll. Allerdings wäre das aus meiner Sicht zu kurz gegriffen gewesen und allein hätte ich auch kein solches Buch in knapp unter einem Jahr schreiben können. Daher sprach ich Nele an, ob wir nicht unsere Expertise verbinden könnten, um das Thema „Talent“ in der nötigen Breite zu bearbeiten. Diese Breite umfasst dann eben nicht nur das spannende Feld der Talentgewinnung, sondern eben auch das der Talententwicklung und –bindung. Und da es wenig Sinn macht, diese Handlungsfelder isoliert zu betrachten, haben wir dem Ganzen aus einen strategischen Blickwinkel einen entsprechenden Rahmen gegeben: Die unternehmensindividuelle Talentstrategie und die Rolle der Innovation für die HR.

Das Buch unter diesem Zuschnitt als Herausgeberwerk zu machen war dann die logische Konsequenz. Für die je Themenblock angekoppelten Beiträge und Praxisberichte benötigten wir klasse Autoren mit Expertise in ihrer jeweiligen Nische. Ich denke es ist uns gelungen, diese zu finden und ihre Beiträge durch unser Framework noch wertvoller für die Leser zu machen.

Aus meiner Sicht hat “Innovative Talentstrategien” das Zeug zu einem Standardwerk. Ihr nähert Euch der Thematik sehr systematisch vom “Talente finden” über das “Talente entwickeln” bis zum “Talente binden”, d.h. Ihr habt einen klaren theoriebezogenen Rahmen. Diese drei Abschnitte eröffnet Ihr jeweils mit einer soliden Einleitung, füllt sie dann aber vor allem sehr praxisnah durch insg. 16 Gastartikel von – neben Euch – 20 Gastautoren auf (wenn ich richtig gezählt habe). Wie habt Ihr für die Praxisbeiträge den Rahmen gesteckt? Oder anders: Warum glaubt Ihr, dass diese Praxisbeiträge ein wenig länger Relevanz haben als nur für den flüchtigen Augenblick?

Tatsächlich war uns der systematische Ansatz im Hinblick auf das Buch und die Einbettung der Beiträge in einen theoretischen Rahmen sehr wichtig. Dieser Rahmen, nämlich die Megatrends und ihre Auswirkungen auf Personalarbeit und was Innovationen im HR benötigen um Wirksamkeit zu entfalten, sorgt dafür, dass dieses Buch trotz vieler Autoren und Beiträge entlang eines gemeinsamen Verständnisses von Talentmanagement entstanden ist. Dies sorgt dafür, dass es eben nicht nur eine bloße Ansammlung von Einzelbeiträgen ist, wie das leider gelegentlich bei Herausgeberwerken der Fall ist. Die Beiträge haben wir dann eben danach ausgewählt, dass sie wirklich eine HR-Innovation thematisieren und damit aufzeigen, wie Unternehmen aktuelle Herausforderungen rund ums Thema „Talent“ angehen können. Die Halbwertszeit der Beiträge dürfte damit i.d.R. recht gut sein, da die Beiträge alle stets die praktische Übersetzung strategischer Entwicklungen und Trends darstellen, welche länger wirken werden.

So spannend und wichtig ich die Bereiche der Talententwicklung und des Retention Managements finde; mich interessiert naturgemäß der Bereich der Findung, Überzeugung und Auswahl von Talenten am meisten. Hier habt Ihr mit den Themen Employer Branding (Reiner Kriegler), Social Recruiting (deine Wenigkeit…), Talentpools (Martin Gaedt), Karrierewebsites (Jannis Tsalikis), Active Sourcing (Kai Deininger) und Online-Assessment (meine Wenigkeit) im Prinzip alle Buzzwords der letzten Jahre vereint und auch vom Lineup einige der die Diskussion prägenden Suppen-Vertreter ins Buch genommen. Was nimmt der Leser aus diesem Abschnitt des Buches mit?

Klar, die genannten Themen sind jene Felder, wo sich HR-Innovationen vielleicht am stärksten zeigen. Daher mussten jene Ansätze ins Buch. Die Leser bekommen gerade in diesem Abschnitt des Buches einen sehr guten Überblick darüber, mit welchen Elementen zeitgemäße und zukunftsfähige Talentgewinnung umgesetzt werden kann. Dabei schaffen es die Beiträge, Antworten auf längerfristige Entwicklungen und Herausforderungen in der Personalbeschaffung zu liefern und gleichzeitig praxis- und anwendungsnah zu sein. Dadurch kann sich der Leser ein klares Urteil bilden, welche Chancen in dem jeweiligen Ansatz liegen, wann dieser Sinn macht bzw. wann nicht und welche Bedingungen dann zu dessen Funktionsfähigkeit erfüllt sein müssen. Damit kann der Leser seinen Talentstrategie-Mix schon grob bestimmen. Wir denken, dass das für unsere Leserschaft ein echter Mehrwert ist.

So ein Buch hat ja immer einigen zeitlichen Vorlauf bis es dann endlich physisch gedruckt im Laden liegt. Würdest du heute, also ja wahrscheinlich ein knappes Jahr nachdem Ihr gestartet seid, Themen mit aufnehmen, an die Ihr damals noch nicht gedacht hattet? Also etwa “Mobile Recruiting”? Oder “Rechtliche Problemfelder”?

Ja, eine interessante Frage. Sicher geht die Entwicklung weiter und insbesondere das von Dir angesprochene Feld „Mobile Recruiting“ wäre sicher mit an Bord, würden wir das Buch heute noch mal beginnen. Es hat meiner Meinung nach strategischen Wert und ist sicher in Zukunft Teil bei der erfolgreichen Umsetzung einer unternehmensspezifischen Talentgewinnungsstrategie.

Wolf Reiner Kriegler fordert in seinem Beitrag zum Employer Branding von den Unternehmen den Mut zu “Ecken und Kanten”. Nur so entsteht Unterscheidbarkeit, nur so entsteht “Nicht-Beliebigkeit”… Was ist dein Eindruck? Haben die Personaler das wirklich verstanden oder nicken dabei immer nur alle und wenn es dann an die “Kante” geht, wollen sie es doch wieder allen Recht machen und ja keine Angriffsfläche bieten…?

Ich stimme Reiner Kriegler was diesen Aspekt des Employer Brandings angeht ausdrücklich zu. Doch das Verständnis dafür muss nicht nur bei den Personalern reifen. Ich erlebe bspw., dass in manchen Unternehmen HR gern „mehr“ machen möchte, eben z.B. auch mal mehr „Kante zeigen“ im Employer Branding. Solche HR´ler werden dann aber von sehr vorsichtigen Top-Managern ausgebremst. Auch die Marketing-Abteilungen, die PR-Departments oder die externen Agenturen, mit denen Unternehmen zusammenarbeiten, setzen häufig zu wenige Akzente und spülen zu weich. Bei aller auch manchmal berechtigten Kritik an der HR, aber die sind fast nie allein unterwegs in diesem Thema…

Recrutainment und Online-Assessment ist ja nicht nur das Thema des Beitrags von meinem Kollegen Kristof Kupka und mir, sondern auch Jannis greift dies mehrfach in seinem Artikel zu zeitgemäßen Karrierewebsites auf. Wo steht das Thema für dich auf der Skala zwischen “Do” und “Don´t” oder “Must have” und “Nice to have”?

Von mir grundsätzlich ein klares „Do“. Allerdings würde ich immer zunächst auf die Ausarbeitung einer passenden Recruitingstrategie setzen. Im Rahmen einer solchen Strategie passt dann Recrutainment häufig gut hinein als ein Element unter mehreren. Sei es zur Verbesserung der Bewerber(selbst)-auswahl oder zur „Aufwertung“ der Karrierewebseite durch Realistic Job Previews und spielerische Info-Mehrwerte.

Das werden wir dann ja demnächst – ich würde vermuten zu Beginn des nächsten Jahres – mit dem Buch “Recrutainment – Spielerische Ansätze in Personalmarketing und -auswahl” detailliert beleuchten… Christoph, letzte Frage: Arbeitet Ihr schon an der zweiten Ausgabe oder seid Ihr erstmal kuriert vom “Büchergeschreibe”…? ;-)

Erstmal wünsche ich Euch viel Erfolg und Kraft im Endspurt hin zu Eurem Buch. Unser „Innovative Talentstrategien“ waren nur dank der vielen, tollen Autoren möglich und trotzdem für uns Herausgeber ein Kraftakt. Daher mache zumindest ich erstmal Pause vom Bücherschreiben. Aber über HR-Themen schreiben tue ich natürlich weiter: Ich habe ja noch mein metaHR Blog.

Christoph, ich danke dir für das Interview! Wir sehen uns dann ja spätestens Anfang März beim HR Barcamp. Da werden wir ja wieder ausgiebig Gelegenheit haben, die ganzen “Talentthemen” ausgiebig zu diskutieren. Ich freue mich drauf.

2 Gedanken zu „Innovative Talentstrategien: Interview mit Herausgeber (und Initiator des HR Barcamp) Christoph Athanas

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