Vor ein paar Monaten haben die Personalberatung TGMC, die Messe Husum und CYQUEST zur Teilnahme an einem Gehalts- und Karrierevergleich in der Windindustrie aufgerufen. Insg. sind über 200 Personen aus der Branche dem Aufruf gefolgt. Nun liegen die Ergebnisse in Form der Kurzstudie „Karriere im Wind“ vor:
Die Windindustrie ist mittlerweile eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft. Beflügelt durch das politische Ziel in Europa bis zum Jahr 2030 fast ein Viertel des Strombedarfs aus der Quelle Wind zu erzeugen (in Deutschland sollen es bereits 2020 30% sein) beschäftigt die Windindustrie mittlerweile in Deutschland mehr als 100.000 Personen direkt. Bis 2030 werden wohl noch einmal weitere 100.000 bis 150.000 hinzukommen.
Vor diesem Hintergrund fragte die Studie folgende Dimensionen im Rahmen der Online-Befragung ab:
– Unternehmensstruktur mit Größe, Betriebsstätten etc.
– Unternehmensstruktur und Zahl der Mitarbeiter
– Berufliche Qualifikation
– Gehaltstrukturen
– Rekrutierungswege
– Subjektive Strukturen der Berufssituation
Folgende Kernergebnisse sind dabei aus meiner Sicht wichtig:
1) Die in der Windbranche gezahlten Gehälter weichen nicht substantiell von denen anderer „konkurrierender“ Branchen wie Automotive oder Flugzeugbau ab. Das insg. etwas niedrigere Niveau erklärt sich aus der noch relativ „jungen“ Beschäftigtenstruktur und der damit einhergehenden niedrigeren durchschnittlichen Berufserfahrung und Unternehmenszugehörigkeit.
Das durchschnittliche Gehalt eines Mitglieds der Geschäftsleitung bewegt sich zwischen € 80.000,- und über € 150.000,-. In der kaufmännischen Verwaltung werden Gehälter zwischen € 60.000,- und € 100.000,- gezahlt; wobei dieser Wert in den Großunternehmen auch bis auf € 150.000,- steigen kann. Unter Berücksichtigung der vielen Berufseinsteiger im Bereich F+E muss der durchschnittliche Wert mit € 40.000,- bis 60.000,- gesehen werden, denn mit zunehmender Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit steigt das Gehalt schnell auf bis zu € 80.000,- an. In der Produktion werden, wie zu erwarten, die geringeren Gehälter und Löhne gezahlt. Ein knappes Drittel verdient aber auch hier bereits über € 40.000,- im Jahr.
2) Die Mitarbeiter in der Windenergie sind insg. mit ihrer Branche sehr zufrieden. In erster Linie mit Kollegen und Mitarbeitern, der eigenen Position und den Aufgaben. Nicht so sehr sind sie dies mit den Gehältern und den Zusatzleistungen.
3) Die Branche wird als „wachsend“, „innovativ“ und „modern“ wahrgenommen, nicht als „fair“. Bemerkenswert, dass es einer jungen und modernen Branche offenbar nicht wirklich gelingt, „fair“ zu erscheinen, z.B. die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu realisieren oder – nach Empfinden der Mitarbeiter – fair zu vergüten bzw. gut zu bezahlen.
4) Die Branche sieht sich einem „Recruitingproblem“ gegenüber: Nur 4,4 Prozent der Befragten stimmten der These absolut zu, die Branche könne ihren aktuellen Bedarf an Nachwuchs und qualifizierten Mitarbeitern zufriedenstellend decken. Hingegen waren 76,7 Prozent nicht oder auch absolut nicht dieser Ansicht. Allerdings wird dieses Problem für die Zukunft (Interessant! Demografische Entwicklung!) nicht so kritisch gesehen, was mit zunehmender Branchenattraktivität insg. begründet wird. Windenergie sieht sich scheinbar zunehmend auf Augenhöhe mit anderen Branchen, die um die gleichen Ingenieure buhlen.
5) Der Branche gelingt es nur bedingt zu kommunizieren, welche Berufsbilder und Tätigkeiten sie überhaupt bietet: Immerhin haben 50,5 Prozent der Befragten der These: “Nein, es gelingt der Branche überhaupt nicht, Klarheit hinsichtlich der angebotenen Jobprofile zu bieten.“ deutlich bzw. sehr deutlich zugestimmt. Umgekehrt sind aber wiederum die anderen knapp 50% der Meinung, dass dies sehr wohl gelänge. Dies deckt sich dann auch mit der nächsten Aussage sehr gut:
6) Selbsttestverfahren können helfen, für mehr Transparenz zu sorgen: Mehr als 40% der Befragten sehen in Selbsttestverfahren (SelfAssessments) ein Instrument, das in Zukunft (deutlich) stärker eingesetzt werden sollte. Andersherum sehen auch etwa 40% der Befragten hierin ein Instrument, das weniger oder gar nicht genutzt werden sollte. Meine Vermutung ist, dass diese beiden Gruppen sehr starke Korrelationen zu den beiden Gruppen zeigen, die bzgl. der Transparenz der Jobprofile eher skeptisch bzw. optimistisch waren.
7) Social Media hat im Recruiting (noch) eine nachrangige Bedeutung: Bei der Frage der Recruitingkanäle, über die die Befragten in die Branche gelangt sind, gaben nur 2% an, dass dies „via soziale Netzwerke“ wie XING oder Facebook passiert ist. Bei den unter 30-Jährigen lag dieser Wert schon bei knapp 7%. Von daher kann man wohl von „noch“ nachrangig sprechen.