Am Jahresanfang ist ja immer die Zeit, zu der viele die berühmte Kristallkugel bemühen und mehr oder weniger fundierte Prognosen darüber anstellen, wohin die Reise dieses Jahr gehen wird.
Ich selber habe mich da eingereiht und letzte Woche den Gedanken oder vielmehr die Frage formuliert, ob 2017 das Jahr werden könnte, in dem das Robot Recruiting seinen Durchbruch feiern wird. Meine Prognose – in aller Kürze – lautet dabei: ja. Und nein. Ja, weil die Algorithmen in so atemberaubender Geschwindigkeit besser werden, dass es absolut abwegig erscheint, dass ausgerechnet der Bereich Personalgewinnung davon ausgenommen bleiben sollte. Nein, weil zum einen das technikaverse Mindset vieler Personaler einer solchen Entwicklung schlicht im Weg steht, zum anderen aber auch, weil die Algorithmen bei aller Brillanz doch auf gewisse Art und Weise immer noch zu ziemlich dummen Fehlern neigen.
Doch naja, wer hier tiefer eintauchen will: Hier entlang. Und ein bisschen Zeit einplanen…
Manche Jahresausblicke sind aber doch mehr als Blicke in die Kristallkugel, schlicht und ergreifend deshalb, weil sie auf Empirie beruhen. Eine der umfangreichsten Datengrundlagen zur Beantwortung der Frage, was denn nun im Recruiting trendet und was nicht, stellt dabei die alljährlich vom ICR durchgeführte Befragungsreihe “Recruiting Trends“ dar.
Wolfgang Brickwedde vom ICR befragt alljährlich einige Hundert Unternehmen, so dass allein die Breite der Daten eine sehr gute Bestandsaufnahme ermöglicht. Zum anderen gibt es die Befragung nun bereits seit einigen Jahren, so dass inzwischen auch sehr schöne Längschnittaussagen über die Jahre möglich sind.
So wurde jetzt eine Art Zusammenfassung der Ergebnisse der Jahre 2012-2016 herausgegeben, aus der allerhand spannendes abgeleitet und – möglicherweise – in die Zukunft extrapoliert werden kann.
Ich habe mir da mal eine handvoll Kernergebnisse herausgegriffen und nachfolgend dargestellt. Wer der den ganzen Report haben möchte, der kann diesen über den Link am Ende des Beitrags kostenfrei bestellen.
Topthema: Employer Branding
Tja, eigentlich haftet dem Thema Employer Branding doch inzwischen so etwas wie die “große enttäuschte Hoffnung” an. Weil die Unternehmen den Kerngedanken des Brandings eben offenkundig nicht verstanden haben und statt Unterscheidbarkeit nur Austauschbarkeit produzieren, wurde Employer Branding von einigen schon für “tot” erklärt.
Nun, die Teilnehmer der Recruiting Trends Befragung tun dies nicht und sehen im Employer Branding nach einer kurzen Delle in den letzten zwei Jahren sogar wie DAS Top-Thema.
Bleibt zu hoffen, dass sie dann auch das richtige darunter verstehen…
Alles Active Sourcing, oder was?
Und technologisch? Ganz vorn liegt immer noch allein auf weiter Flur und sogar mit stetig steigender Bedeutung die Software zur Bewerberverwaltung, auch kurz BMS oder ATS genannt.
Der absolut Shooting Star – zumindest in 2016 – war aber Software zur Suche von Bewerbern, also Active Sourcing Software.
Auf Platz 3 – relativ stabil – Software zur Auswahl und Beurteilung von Bewerbern. Das wundert mich ehrlich gesagt etwas, weil mein Eindruck hier ist, dass Recruiter gerade überhaupt erst anfangen derartige Instrumente in größerer Zahl zu entdecken. Aber wer weiß, vielleicht sehen wir ja hier in 2017 dann auch den Knick nach oben. Wundern würde es mich nicht…
Ob das aber nur eine Momentaufnahme ist oder 2017 so weitergeht, mal schauen. Das Thema Sourcing ging nämlich über die letzten Jahre in der Bedeutung eher kontinuierlich zurück, um 2016 dann mit Macht zurückzukommen…
Es wird schwieriger…
Das könnte was damit zu tun haben, dass immer mehr Unternehmen von Schwierigkeiten berichten, gute Leute zu finden und offene Stellen zu besetzen…
Mehr Geld für´s Recruiting
Packt man beides zusammen, also größere Probleme bei der Besetzung und Active Sourcing, überrascht es auch nicht, dass insbesondere im Bereich der Business-Netzwerke mehr Geld ausgegeben wurde (wird?).
Also: Schnell nochmal ein paar XING-Aktien kaufen… ;-) Aber auch Mitarbeiterempfehlungen, Social Networks (Facebook) und gute alte Face-to-Face Formate wie Messen stehen besser da. Unsere Freunde bei Einstieg wird´s freuen! Zu den Verlierern gehören (fast schon traditionell) Printanzeigen und externe Sourcer (aka Personalberater).
Man könnte also tatsächlich meinen, Sourcing boomt. Aber eben inhouse.
It´s the Karriere-Webseite, stupid
Kommen wir zum letzten Punkt: Wo kommen die neuen Mitarbeiter am Ende denn nun her? Klassiker: Ganz vorn Jobboards, dahinter die eigene Karriere-Website.
Das ist im Prinzip seit Jahren unverändert. Andere Studien wie die Recruiting Trends vom CHRIS kommen auch regelmäßig zu diesem Befund. Was aber interessant ist, ist dass die Karrierewebsite offenbar den Jobbörsen immer näher kommt.
Na mal schauen, ob diese Entwicklung in 2017 so weitergeht. Komplett überraschen würde es mich nicht, denn auch wenn einem immer wieder Karriere-Websites über den Weg laufen, die den Namen nicht kaum verdienen (diese findet man dann in schönster Regelmäßigkeit fein filetiert und zerlegt bei Henner Knabenreich im Blog), finde ich, dass der Professionalisierungsgrad bei Karriere-Websites in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen hat.
Vielleicht hat ja der eine oder andere doch mal einen Blick in meine Artikelserie zu Karriere-Websites geworfen oder Henner´s mahnende Worte Ratschläge verinnerlicht…
So, wer nun Lust bekommen hat, sich den ganzen Recruiting Trends report vom ICR zu bestellen (kostenfrei), der kann dies über diesen Link tun.
Sehr geehrter Herr Diercks,
Ihr Beitrag zur aktuellen Entwicklung und zu Trends aus dem Bereich Online-Recruiting ist sehr interessant.
Da ich im Rahmen meiner Master-Arbeit momentan die Rekrutierung von High Potentials untersuche, bittet mir Ihr Blog viele Informationen.
Neben der von der “Recruiting Trends” Studie nutze ich auch die Studien der Agentur Index für meine Untersuchung https://hr-marketing.index.de/employer-branding-studien/
Sollten Sie weitere Anregungen für Studien haben, stehe ich für Kontakt zur Verfügung.
MfG Monika
Das ist interessant. Vor allem weiche Faktoren spielen beim Employer Branding weiter eine große Rolle – aber dabei müssen die Unternehmen wirklich darauf achten, dass sie keine austauschbaren Floskeln verwenden und ihre Werte glaubhaft kommunizieren. Das ist auch das Ergebnis der aktuellen Studie zu den Rectruiting-Trends: http://dreilandmedien.de/recruiting-trends-so-gelingt-das-personalmarketing.