Das Online-Assessment bei Tchibo

Ich habe in der letzten Zeit verschiedene Vorträge vor abschlussnahen Studierenden gehalten zum Thema, was eigentlich Online-Assessment oder eAssessment Verfahren sind, wie man sich diese vorstellen kann, worauf dabei zu achten ist und wie man sich ggf. darauf vorbereiten kann. Schließlich ist die Wahrscheinlichkeit inzwischen recht hoch, dass einige im Zuge ihrer Bewerbungsaktivitäten zu einem oder mehreren eAssessments eingeladen werden.

Ein dabei von mir sehr häufig herangezogenes Beispiel ist das eAssessment von Tchibo. Dieses eignet sich hervorragend zur Illustration für zeitgemäße Online-Eignungsdiagnostik, weil es eben nicht nur Testverfahren ist, also wenn man so will etwas „vom Kandidaten nimmt“, sondern auch Employerbranding-Instrument, das dem Testteilnehmer eine Menge an Informationen über Tchibo als Arbeitgeber vermittelt. Das Tchibo eAssessment dient also gleichzeitig dem Recruiting (Fremdauswahl) wie auch dem Personalmarketing (Selbstauswahl). In sofern hilft es mit, die m.E. ohnehin nicht mehr wirklich zeitgemäße Trennung zwischen Recruiting einerseits und Personalmarketing andererseits zu überwinden.

Für den geneigten Leser: Das Tchibo eAssessment ist sehr ausführlich in dem Artikel „Die Kombination aus internetbasiertem Employer Branding und eAssessment bei Tchibo“ beschrieben, der 2008 in dem von Christoph Beck herausgegebenen Buch „Personalmarketing 2.0“ erschienen ist. Das Buch erscheint übrigens Anfang 2012 in einer zweiten völlig überarbeiteten Ausgabe, worin auch der Tchibo Artikel in einer überarbeiteten Fassung enthalten sein wird, doch das nur am Rande.

Also: Was ist das Tchibo eAssessment?

Das Verfahren wird eingesetzt im Zuge der Vorauswahl von Führungsnachwuchs für Tchibo. Eingeladen werden Kandidaten, die die erste Sichtung der Bewerbungsunterlagen überstehen. Im Rahmen des ca. 60-minütigen (netto, dazu gleich mehr…) Tests sind insg. sieben Testmodule zu durchlaufen, wobei folgende Merkmale getestet werden:

  • Sprachgebundene kognitive Denkfähigkeit
  • Zahlengebundene kognitive Denkfähigkeit
  • Figural-bildhafte kognitive Denkfähigkeit
  • Konzentration und Bearbeitungsgeschwindigkeit
  • Planungsfähigkeit und Problemlösekompetenz

Wie an diesen Beispielaufgaben erkennbar, sind die Testverfahren nicht nur äußerlich an Corporate Design Vorgaben von Tchibo angepasst, sondern zeigen auch inhaltlich einen semantischen Bezug zum Tchibo Geschäft. Innerhalb eines mehrwöchigen Bearbeitungszeitraums kann das eAssessment zwischen den Testmodulen unterbrochen und zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden.

Wie aber schon angedeutet ist das Tchibo eAssessment mehr als ein reiner Auswahltest. In diesem Fall sind die einzelnen Testmodule in eine unternehmensindividuelle Rahmenhandlung integriert. So werden parallel zu den Tests auch unternehmensspezifische (Employer Branding-) Aspekte an den Kandidaten vermittelt (Dresscodes, Umgangsformen, Diversity-Aspekte, Einblicke in das Geschäft, verschiedene Unternehmensbereiche  etc.). Wenn man so will wird das eAssessment zu einem wechselseitigen Kennenlern-Prozess.

Alle Testmodule werden von echten Tchibo Mitarbeitern in realen Tchibo Settings anmoderiert. Dabei erzählen diese auch immer ein wenig über ihre Tätigkeit und ihren Unternehmensbereich. Das Tchibo eAssessment bindet sich somit gestalterisch nahtlos an den virtuellen Tchibo Unternehmensrundgang. Die tatsächliche Verweildauer der Kandidaten im Tchibo eAssessment liegt daher (brutto) höher als die reine Testzeit von 60 Minuten. Die Informationen zwischen den Tests werden als willkommene und informative Verschnaufpausen genutzt.

Typischerweise haben eAssessment Verfahren (entgegen klassischen Pen&Paper Testverfahren) eine recht hohe Akzeptanz. Die Gründe hierfür kann man wie folgt umschreiben:

  • Die Tests können durchgeführt werden, WANN der Kandidat möchte
  • Die Tests können im EIGENEN, STRESSFREIEN UMFELD durchgeführt werden
  • Die Tests sind per Definition „objektiv“, d.h. KEIN „NASENFAKTOR“ bei der Beurteilung
  • Sehr NIEDRIGER AUFWAND für den Kandidaten (Reise-, Zeitaufwand etc.)

Wird das eAssessment zudem nach Recrutainment-Gesichtspunkten gestaltet, wird es zudem noch informativ, bekommt einen konkreten Unternehmensbezug und macht sogar Spaß! Ein Effekt, den wir inzwischen bei zahlreichen eAssessments nachwiesen konnten (z.B. Unilever, Media-Saturn, Gruner+Jahr, usw.).

Wenn man zu einem Online-Test eingeladen wird, sollte man diesen zwar auf jeden Fall ernst nehmen, aber man muss definitiv nicht in Panik geraten. Wenn man folgende Tipps beherzigt, hat man sehr gute Voraussetzungen, das eigene Leistungspotential auch voll abzurufen:

  • Übung – es gibt online und in Buchform Möglichkeiten, sich mit Testinhalten vertraut zu machen. Bei Leistungstests ist dies sinnvoll
  • Ehrlichkeit – bei Persönlichkeitstests hilft Ehrlichkeit am weitesten
  • Keine Angst – man sollte den Online-Test ernst nehmen, aber keine Angst davor haben
  • Ausgeruhtheit – am besten ausgeschlafen und ausgeruht in den Test gehen
  • Störungsfreies Umfeld – ein möglichst störungsfreies Umfeld schaffen (Telefon aus, Tür zu etc.)
  • Am besten Wochentags, zu Bürozeiten – im Falle eines technischen Problems steht Support zur Verfügung
  • Instruktionen / technische Ausstattung – Instruktionen (z.B. in Einladungs-Email) gründlich lesen und sicherstellen, dass eine ausreichende technische Infrstruktur vorhanden ist

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