Sind “Mitarbeiter-Testimonials” noch zeitgemäß?

Seit einiger Zeit wird allerorts der Einsatz von Mitarbeitern als Testimonials für Zwecke des Personalmarketings bzw. Employer Brandings beobachtet. Vor dem Hintergrund der Bestrebungen, möglichst “authentisch” zu kommunizieren, sieht man hierin oft eine Art “Allheilmittel”.

Nun ist es hier jedoch so, wie bei allen Marketinginstrumenten. Wenn es alle machen, wird das Instrument an sich immer weniger zum Alleinstellungsmerkmal.

Doch der Reihe nach: Es gab und es gibt sehr viele Gründe, die für einen Einsatz von Mitarbeitern als “Spokesmen and -women” für das Unternehmen sprechen. Wir selber haben diesen Ansatz 2004 das erste Mal im Rahmen virtueller Studienorientierungsformate eingesetzt, wobei in Videoform Studierende oder Absolventen verschiedener Studiengänge darüber berichteten, wie es in ihrem Studiengang zugeht oder was sie jetzt – nach ihrem Studium – beruflich machen, und wie sie das Studium dafür qualifiziert hat. Diese Videos wurden von den Nutzern der virtuellen Studienberatung regelmäßig als “Killerapplikation” eingestuft, weil die zu sehenden Personen hervorragend als Projektionsfläche dienten, für die Frage “Könnte ich das sein?”.

Diese positiven Erfahrungen wurden später in anderen Projekten, etwa für Bertelsmann, Tchibo, Lunar (Edeka) oder die Commerzbank bestätigt, wohlgemerkt jeweils basierend auf fünf- oder sogar sechsstelligen Befragungsbefunden.

Das – zumindest gemessen an der budgetären Ausstattung – sicherlich prominenteste Beispiel für den Einsatz von Mitarbeiter-Testimonials lieferte dann McDonald´s, die diesen Ansatz dann sogar ins TV brachten. Auch hier berichtete McDonald´s Personalvorstand Wolfgang Goebel glaubhaft von sehr positiven Effekten.

Doch wie gesagt: Wenn es alle machen, ist es dann noch besonders? Interessant zu beobachten ist auf jeden Fall, dass einige prominente Arbeitgebermarken wie z.B. Unilever (in seiner “Want more” Kampagne) oder Pro Sieben Sat 1 momentan Auftritte plazieren, die allein mit Typo und Copy arbeiten, also gänzlich ohne Bilder von Mitarbeitern.

Meine Meinung hierzu: Zuallererst sollte man diese Diskussion nicht vom “Instrument her” führen. Es geht nicht um den Einsatz oder Nicht-Einsatz von Mitarbeiter-Testimonials, es geht darum, ob ein solches Instrument zur Arbeitgeber-Marke passt bzw. ob die Arbeitgeber-Marke darüber transportiert werden kann. Wir sollten meines Erachtens grundsätzlich etwas weniger in Instrumenten oder Features denken und uns ein bißchen öfter die Frage stellen, was denn die Employer Brand eigentlich ist, wodurch sie sich auszeichnet und erst dann, wie diese transportiert werden kann. Wenn Mitarbeiter exemplarisch für diese stehen, dann ist es auch nur konsequent, diese zu “Sprechern” zu machen, wenn nicht, sollte man es lassen.

Zweitens: Mitarbeiter-Testimonial ist nicht gleich Mitarbeiter-Testimonial. Manche funktionieren, mache nicht. Klar, das Casting der Mitarbeiter-Testimonials wird oft – bis zu einem gewissen Grad ja auch sinnvollerweiße – diktiert von gewissen Quotenüberlegungen (ein bißchen Gleichstellung, ein bißchen Diversity…), aber dabei kann eben auch herauskommen, dass man nachher Mitarbeiter ins Schaufenster stellt, die die gewollte Botschaft entweder nicht transportieren (weil sie eben nicht für die Employer-Brand stehen) oder nicht transportieren können.

Insb. letztgenannter Aspekt darf nicht vernachlässigt werden. Es ist nämlich nicht jedem in die Wiege gelegt, vor der Kamera – ob nun Foto oder sogar Film – unverkrampft, flüssig und locker zu sein. Authentisch ist NICHT, was ein Absender sich ausdenkt, sondern was der Empfänger dafür hält. Man kann somit nicht authentisch kommunizieren, man kann nur authentisch wahrgenommen werden! Wir haben schon mehrfach mit Personen gearbeitet, die im  Zwiegespräch echt toll waren, die sehr glaubhaft vermitteln konnten, voll und ganz hinter ihrer bzw. der Unternehmensbotschaft zu stehen. Sowie das Licht angeknipst war und die Kamera lief, war davon leider nicht mehr viel übrig. Entsprechend war die Resonanz auf die Filme anschließend auch oft: “Nicht authentisch…”. Hier kann – ich betone KANN – es manchmal dann sogar sinnvoller sein, sich eines professionellen Darstellers zu bedienen. Übrigens: Zwei ganz gelungene Beispiele hat der Wollmilchsau Blog gerade rausgesucht (hier).

Also: Sicherlich sind Mitarbeiter-Testimonials keine revolutionäre Neuerung mehr, und allein das Vorhandensein von Mitarbeiter-Videos oder Erfahrungsberichten lockt sicherlich per se keinen mehr hinter dem Ofen hervor. Es gibt aus meiner Sicht aber absolut keinen ersichtlichen Grund, warum der Einsatz von Mitarbeitern als Markenbotschaftern aktuell oder zukünftig nicht mehr zeitgemäß sein sollte. Mitarbeiter werden immer in irgendeiner Form für Ihren Arbeitgeber sprechen, ob nun abend am Tresen mit Freunden oder auf Karriere-Website.

Aber: Auch dieses Instrument wird sich weiterentwickeln (müssen). Und natürlich sind alle gefordert, innovative Wege auszuprobieren.

5 Gedanken zu „Sind “Mitarbeiter-Testimonials” noch zeitgemäß?

  1. Hallo Zusammen,
    ich glaube, das Testimonials für ein gelebte und authentische Arbeitgebermarke unabdingbar sind. Es geht ja nicht alleine um die Frage des Bewerbers (wenn er den Testimoinal sieht) “Könnte ich das sein”. Vielmehr wird eine Arbeitgebermarke erst durch Mitarbeiter gelebt und dadurch authentisch. Darüberhinaus hat man so die Gelegenheit so ein Videoshooting auch für das interne Employer Branding zu nutzen. Mfg Birger Meier

  2. Hallöchen,

    ich bin grundsätzlich ein Verfechter von Mitarbeiter-Testimonials, und zwar von “echten” Testimonials. Und dies aus folgenden Gründen:

    Eine Employer Brand muß m.E. aus der Unternehmensmarke abgeleitet werden und sollte für eine wettbewerbsdifferenzierende und authentische Positionierung des betreffenden Unternehmens als Arbeitgeber stehen.
    Dies bedeutet: es muß eine Botschaft geben, die über das Personalmarketing operationalisiert in die Zielgruppe getragen wird.

    Ergänzend dazu sollten Mitarbeiter sagen, was für sie das Besondere an ihrem eigenen Unternehmen als Arbeitgeber ist. Idealerweise ergibt sich aus den Mitarbeiter-Statements in Gänze auch wieder eine wettbewerbsdifferenzierende Botschaft.

    Dass Mitarbeiter als Testimonial dienen finde ich dann nur konsequent und glaubwürdig, zumal die Kommunikation in Zeiten von Social Media ohnehin viel personenfokussierter geworden ist (Jeder kennt jeden über X Ecken).

    Der Einsatz von Mitarbeiter-Testimonials ist also in meinen Augen kein Selbstzweck und auch kein Mangel an Kreativität (die erwarte ich in der Arbeitgeberpositionierung selbst), sondern authentischer und glaubwürdiger Ausdruck der Positionierung.

    LG Gero Hesse

  3. Liebe Leserinnen und Leser,

    nach wie vor bin ich überzeugt, dass echte Mitarbeiter die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens als Arbeitgeber erhöhen. Nicht zuletzt um potentiellen Bewerbern einen genauen Eindruck davon zu verschaffen, was sie bei ihrem möglichen neuen Arbeitgeber erwartet. Daher ist es in meinen Augen auch wichtig und ratsam, dass die Mitarbeiter in ihrem persönlichen Arbeitsumfeld berichten können und so ein authentisches Bild von ihrem Arbeitgeber vermitteln. Denn je eher sich zukünftige Mitarbeiter eine Meinung bilden können, desto besser. Der Erfolg unserer Kampagne hat uns darin bestätigt.

    Beste Grüße,
    Wolfgang Goebel

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