Personalgewinnung und Personalauswahl im Öffentlichen Dienst

Vor etwas über einem Jahr veröffentlichte Stepstone die Studie “Arbeiten im Öffentlichen Dienst“. Wenngleich sich zeigte, dass es um das (Arbeitgeber-)Image gar nicht so schlecht bestellt zu sein schien – immerhin gaben seinerzeit 78% der deutschen Fach- und Führungskräfte an, einen Job im Öffentlichen Dienst gerade sehr attraktiv zu finden -, wurde doch sehr deutlich, dass es hinsichtlich einiger wichtiger Wahrnehmungsdimensionen große Probleme für öffentliche Arbeitgeber gibt: So nahmen nur 3,4% der Befragten die Tätigkeit als “dynamisch”, 1,6% als “ambitioniert” und nur 2,9% als “spannend” wahr. Außerdem muss natürlich dazu gesagt werden, dass die Befragung mitten in der Rezession durchgeführt wurde, einer Zeit also, in der “Arbeitsplatz-Sicherheit” sicherlich höher bewertet wird, als in Zeiten des Aufschwungs.

Es wunderte also nicht, dass die Personalwirtschaft seinerzeit schrieb: …Langweilig, aber sicher…

Prof. Dr. Martin Kersting

Es hat mich sehr gefreut, dass Prof. Martin Kersting, einer der profiliertesten Eignungsdiagnostiker Deutschlands und u.a. Mitautor der DIN 33430 nun in der aktuellen der Zeitschrift PERSONAL das Thema “Personalgewinnung im Öffentlichen Dienst” erneut aufgegriffen hat. Unter dem Titel “Potpourri der Methoden” beschreibt er die aktuelle Situation, der sich öffentliche Arbeitgeber in der Personalgewinnung gegenüber sehen und stellt verschiedene Beispiele vor, wie sie versuchen, sich den gestiegenen Anforderungen entgegenzustellen. Als Professor am Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung in Münster ist er hierfür natürlich nahezu prädestiniert.

Martin Kersting zählt folgende Probleme auf, die die Personalgewinnung im Öffentlichen Dienst besonders herausfordernd machen:

– Überalterung des bestehenden Personals

– Mehrgenerations-Beamtenfamilien

– Daraus folgend oft mangelhafte Diversity der Belegschaft

– Hohe Verweildauer des Personals mit entsprechend größerer Tragweite der Personalgewinnung und -auswahl.

Als ein Beispiel wie es der Öffentlichen Verwaltung gelingen kann, die eigene Arbeitgeber-Attraktivität zu steigern und auf zielgruppen-adäquate Weise zu kommunizieren, welche Tätigkeiten sich eigentlich dahinter verbergen, nennt Kersting die Applikation “C!You – start-learning@hamburg“:

So heisst es:

Die Stadt Hamburg zum Beispiel gibt Interessenten die Möglichkeit, das Berufsbild der allgemeinen Verwaltung kennen zu lernen und mit den eigenen Fähigkeiten und Interessen abzugleichen. Dabei erleben die potenziellen Bewerber in der Rolle eines Auszubildenden virtuell einzelne Stationen der Ausbildung und lösen konkrete Aufgaben. Die Lösungen werden ausgewertet und die Kandidaten erhalten unter ihrem Pseudonym ein Feedback mit einer Empfehlung, ob sie sich bewerben sollen.

“C!You” wurde 2009 für den European Public Sector Award nominiert, u.a. begründet mit der Tatsache, dass durch den Einsatz des Instruments die Zahl ungeeigneter Bewerbungen im Jahrgang 2009 um 18% gesenkt und die Zahl geeigneter Bewerbungen um 7% erhöht werden konnte. Dies unterstreicht die Bedeutung der Selbstauswahl auf die Qualität der späteren Auswahlentscheidung.

Kersting führt weitere Beispiele an (z.B. Stadt Düsseldorf, Polizei Sachsen), die die Bemühungen öffentlicher Arbeitgeber verdeutlichen, insg. ihre Auswahlprozesse zu professionalisieren. Welche Stellhebel im Einzelnen den größten Wirkungsbeitrag entfalten oder wie verschiedene Instrumente sinnvoll miteinander kombiniert werden sollten, lässt sich nur individuell beantworten. Kersting schreibt:

Als Königsweg der Diagnostik gilt eine anforderungsorientierte, theoriegeleitete Kombination unterschiedlicher diagnostischer Vorgehensweisen, also Methodenvielfalt.

Einen Denkrahmen für mögliche Methoden bietet Kersting den CUBE-Ansatz an:

4 Gedanken zu „Personalgewinnung und Personalauswahl im Öffentlichen Dienst

  1. Die wissenschaftliche Studie im Rahmen einer universitären Abschlussarbeit beschäftigt sich primär mit der Personalgewinnung öffentlicher Arbeitgeber (Kernstudie: Arbeitgeberattraktivität der Bundeswehr). Sie thematisiert, dass mittelfristig nicht nur das Ehrenamt in Deutschland „Personalprobleme“ hat, sondern auch der „Arbeitgeber Staat“, der elementar anderen Recruiting-Restriktionen als ein Zivilunternehmen unterliegt, diese in allen Behörden- und Amtsbereichen auf Bundes- und Landesebene bekommen wird oder aktuell bereits hat.
    Daher wurde das militärische Recruiting, das einen besonders hohen Anspruch der nachhaltigen Personalgewinnung und –haltung darstellt ausgewählt. Dies ist der aktuell zugespitzten Personalsituation dort, durch die Eintrittssituation des Trigger-Events „faktische Abschaffung der Wehrpflicht“, geschuldet. Die Studie thematisiert dabei Gesamtzusammenhänge wirtschaftlicher sowie gesellschaftlicher Art, am konkreten Beispiel der Bundeswehr, als exemplarischen öffentlichen Arbeitgeber. Dennoch ist sie interdisziplinär für die Anwendbarkeit im Recruiting öffentlicher Arbeitgeber im Allgemeinen konzipiert. Hierzu anzumerken ist, dass die Arbeit modular aufgebaut wurde um neben dem konkret ausgestalteten Fallbeispiel der Bundeswehr, auch für den „Arbeitgeber Staat“ bzw. dessen Behörden und Ämter und die suprastaatliche Organisationsebene als Grundlage dienen zu können. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Problematik (globaler) öffentlicher Güter, als „(Dienstleistungs-)Produkt“ staatlicher Leistungserstellung thematisiert und im entsprechenden Kontext eingebettet. Die zusätzliche Besonderheit und Herausforderung der Bundeswehr (und europäischer Armeen liegt dabei, im Gegensatz z.B. zur Polizei, darin, dass die „Dienstleistungserstellung“ exterritorial stattfindet, die relevante Wahrnehmung der Arbeitgeberattraktivität und des Employer Branding allerdings auf dem Binnen-Arbeitsmarkt zu etablieren ist.

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