Innovatives Recruitment Game bei niederländischer Großkanzlei Houthoff Buruma

Vor ein paar Wochen hatten wir hier ja noch über die Facebook-Abstinenz von Rechtsanwaltskanzleien bei Facebook berichtet. Um so mehr habe ich mich über einen sehr innovativen Ansatz der niederländischen Kanzlei Houthoff Buruma gefreut – das Recrutainment Format “Houthoff Buruma – The Game“, welches die international tätige niederländische Anwaltskanzlei Houthof Buruma einsetzt, um Top-Absolventen für das Unternehmen zu interessieren und passende Bewerber zu identifizieren.

In dem Spiel geht es darum, als Team in die Rolle von Anwälten bei Houthoff Buruma zu schlüpfen und an einem fiktiven aber durchaus realistischen Fall zu arbeiten. Der Plot dreht sich um die Übernahme des (fiktiven) holländischen Familienunternehmens Hoen (eine Reederei) durch das (fiktive) chinesisches Staatsunternehmen China Mining & Marine (CMM).

Die Teilnehmer erhalten eine Woche vor der eigentlichen Spieldurchführung ein Videobriefing, das sie mit dem Case vertraut macht, so dass The Game quasi zu Hause beginnt.

Die eigentliche Spieldurchführung findet dann in einem Houthoff Buruma Office unter Präsenzbedingungen, aber PC-gestützt statt. Es treten dabei bis zu fünf Teams mit jeweils bis zu fünf Teammitgliedern gegeneinander an.

Alle bekommen die gleiche Aufgabe – als Mitarbeiter des chinesischen Offices von Houthoff Buruma den Klienten CMM bei der Übernahme zu unterstützen. In 90 Minuten sollen die Teams Strategien erarbeiten, wie genügend Anteilseigner des Übernahmeziels Hoen dazu gebracht werden können ihre Anteile zu verkaufen. Dabei müssen Informationen aus Video- und Text-Chats, Filmausschnitten, E-Mails, Nachrichten, Webseiten und sozialen Medien gesichtet, interpretiert und versteckte Probleme gelöst werden. Ohne Strategie und vor allem Arbeitsteilung wird es dabei kaum gehen.

Als Instrumente stehen ein zentraler Spielcomputer, ein Laptop mit ca. 100 Detaildokumenten und eine Papierakte mit wichtigen Informationen zur Verfügung. Alle Details sind überaus realitätsnah gestaltet (was zwar sicherlich den Umsetzungspreis des Serious Games entsprechend nach oben beeinflusst hat, sich aber enorm positiv auf den Lerneffekt – i.S. eines Realistic Job Preview – auswirkt). Je nachdem, welche Lösungsstrategie angewendet wird, durchlaufen die Teams einen anderen Spielpfad.

Alle im Spielverlauf in Erscheinung tretenden Charaktere werden durch professionelle Schauspieler dargestellt. Die Charaktere “reagieren” im Spielverlauf nicht nur auf die vom Team eingegebenen Informationen, sondern sie tun dies auch noch jeweils entsprechend der jeweiligen Persönlichkeit sehr unterschiedlich – auch ein Aspekt, der den Realitätsgehalt einer solchen Simulation deutlich erhöht. Es geht also nicht nur um Fakten, sondern auch darum, mit verschiedenen Charakteren und Typen umgehen zu können.

Nach Ablauf der 90 Minuten treffen sich dann alle Teams, um ihre jeweiligen Lösungen vorzustellen und zu vertreten.

Das Spiel setzt keine juristischen Fachkenntnisse voraus, sondern fokussiert auf Problemlöse- und soziale Kompetenzen. Es soll somit aufgezeigt werden, dass juristische Tätigkeit heutzutage häufig andere Fähigkeit verlangt, als Paragrafen lesen zu können – insb. im internationalen Kontext.

Nach allem was ich über das Recruitment Game sehen konnte, muss ich sagen, dass es eine wirklich beeindruckende Recrutainment Best Practise geworden ist. Sowohl der Spielansatz als auch dessen multimediale und gestalterische Umsetzung sind erste Liga. Dass hierfür sicherlich auch ein Preisschild im deutlich sechsstelligen (wenn nicht mehr) Bereich für die Umsetzung aufgerufen wird, sei hier nur am Rande erwähnt, ich will ja kein Spielverderber sein. Der insg. sehr positive Eindruck wird noch verstärkt durch den sehr umfangreichen und durchaus professionellen Einsatz verschiedener Social Media Kanäle. Das geht damit los, dass die Kanzlei neben der Homepage zwei eigene Karriere-Websites betreibt, die beide sehr deutlich dem Ziel der “Einblick-Gewährung” folgen. Ferner gibt es einen eigenen Youtube-Kanal sowie eine Facebook Seite. Letztere hat zwar nur 16 Fans (was natürlich bei allein mehr als 300 Anwälten bzw. ca. 750 Mitarbeitern insgesamt eher ein Witz ist), aber zumindest muss ich meine Aussage aus dem August (dass es gar keine größeren Kanzleien bei Facebook gibt) damit relativieren. Das Gesamtbild wird abgerundet durch einen Twitter-Kanal und eine Company Page bei LinkedIn.

Houthoff Buruma – The Game ist übrigens Preisträger des diesjährigen European Innovative Games Award in der Kategorie “Innovative Application Methods and Environments”.

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