Vor zwei Wochen fand an der Goethe-Universität Frankfurt das Fachforum “Online Self-Assessment” statt. Im Rahmen einer Reihe hochqualitativer Vorträge wurden verschiedene Einsatzmöglichkeiten der webbasierten Selbstestung zur Verbesserung der Studienwahl vorgestellt.
So berichtete bspw. Prof. Lutz Hornke von der RWTH Aachen in seinem Vortrag Self-Assessment für Studieninteressierte an der RWTH Aachen von einer signifikanten Zunahme der selbsteingeschätzten „Informiertheit“ und einer deutlichen Abnahme der „Unsicherheit“ nach der Teilnahme am SelfAssessment. Im SelfAssessment enthaltene Leistungsaufgaben und Selbsteinschätzung tragen deutlich zur Vorhersage des Studienerfolg über die Abiturnote hinaus bei (signifikante Verbesserung auf .58). Die Vortragsfolien können hier heruntergeladen werden.
Dr. Dennis Mocigemba von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg betonte in seinem Vortrag Fachspezifische Studienorientierung durch Online Self-Assessments den informatorischen Charakter der Freiburger Self-Assessments und zeigte exemplarisch den Aufbau der virtuellen Studienorientierungsangebote mit den Standardbestandteilen „meinFach“, „meinStudieren“ und „meineAufgaben“. In Freiburg sollen zusätzlich zu den bereits bestehenden acht Online Self-Assessments bis 2011 weitere sieben hinzukommen. Die Vortragsfolien können hier herunter geladen werden.
Joachim Diercks von CYQUEST stellte in seinem Vortrag HAW-Navigator – Self-Assessment und virtuelle Studienorientierung an der HAW Hamburg – Erfahrungen aus drei Jahren Realbetrieb den Konstruktansatz der virtuellen Studienberatungs- und Selbsttestangebote der Hochschule für Angewandte Wissenschaften („HAW-Navigator„) vor, welcher in besonderem Maße den Aspekt betont, dass unzureichender Studienerfolg oft nicht nur in mangelnden Fachkenntnissen und -kompetenzen begründet liegt, sondern auch und vor allem in Informationsdefiziten in Bezug auf Studieninhalte und die Passung dieser auf die eigene Person. Da die HAW-Navigatoren als eines der ersten vergleichbaren Angebote überhaupt bereits 2006 in einer ersten Ausbaustufe gestartet sind und inzwischen ca. 145.000 Personen an min. einem der Navigatoren teilgenommen haben, liegen inzwischen umfangreichen Evaluationsdaten vor. Die Vorstellung der Evaluationsbefunde bildete folglich einen weiteren Schwerpunkt des Vortrags. Neben der signifikant positiven Wirkung auf das Image der Hochschule (bei 61,2% bis 84,4% der jeweils Befragten Teilnehmer hatte das Angebot hier eine positive Wirkung, nur bei 0% bis 3,51% eine negative) ist vor allem Steigerung der Studienwahlsicherheit bemerkenswert (Anteil derer die Angaben „sicher“ oder „absolut sicher“ in ihrer Studienwahl zu sein stieg zwischen 8,2 und 16,3 Prozentpunkte an). Die Vortragsfolien können hier herunter geladen werden.
Prof. Udo Rauin vom Zentrum für Lehrerbildung und Schul- und Unterrichtsforschung, Goethe-Universität Frankfurt stellte in seinem Vortrag CCT: Career Counselling for Teachers das gleichnamige virtuellen Orientierungsangebot für (angehende) Lehrer vor, was ja auch hier im Blog vor einiger Zeit schon einmal detaillierter vorgestellt wurde. Prof. Rauin betonte, dass das Berufsbild „Lehrer“ sehr häufig aufgrund nicht realistischer Einschätzungen angestrebt wird, folglich oft Fehlentscheidungen hinsichtlich der Studienwahl erfolgen. CCT dient daher als webbasierte Beratungsplattform für Studieninteressierte, Studierende, Berufseinsteiger und berufstätige Lehrer/innen, bestehend aus den Elementen Informationen (Texte, Reportagen), Weblinks und SelfAssessments (Pädagogische Vorerfahrungen, Persönlichkeitsfragebogen, Interessenfragebogen). Die Vortragfolien können hier heruntergeladen werden.
Svea Vent stellte anschließend in ihrem Vortrag Einführung von Self-Assessments an der Philipps-Universität Marburg das unter der von ihr und Prof. Schmidt-Atzert stehenden wissenschaftlichen Leitung stehende Projekt SAM – Self-Assessment Marburg vor. SAM wurde mit den beteiligten Fachbereichen Wirtschaftswissenschaften und Biologie im Mai 2009 eingeführt und nun bis Ende 2010 evaluiert. Hierbei stehen folgende Evaluationskriterien auf dem Prüfstand:
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Objektiv: Studiennoten, Anzahl und Art der Prüfungen, Freiwilliger Studienabbruch, Freiwilliger Fachwechsel, Studienabbruch durch Exmatrikulation
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Subjektiv: Studienbewältigung, Studienzufriedenheit, Abbruchneigung, Hochschulbindung
SAM ist erreichbar über den Link: http://www.online.uni-marburg.de/self-assessments/testmaker/index.php. Die Vortragfolien können hier heruntergeladen werden.
André Schmidt stellte im Anschluss die ersten Schritte im Online Self-Assessment am Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin vor. Das Projekt zielt auf die Reduzierung der Abbruchquoten des Physikstudiums durch folgende Elemente ab:
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Einblick in das Physik-Studium
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Wissenslücken & falsche Annahmen aufdecken
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Grundlagenabfrage für erfolgreichen Studieneinstieg
Das Projekt ist dabei in drei Stufen aufgebaut: Erstens der Informierung über den Physik-Studiengang, zweitens einem nicht-kognitiver Testteil (in dem erfolgskritische Studienanforderungen und situationsspezifische Verhaltensweisen getestet werden sollen) und drittens einem kognitiver Testteil bestehend aus physikalischen und mathematischen Aufgaben.
Die Vorstellung von Fallstudien beendete schließlich Michael Schreiner vom Institut für Psychologie der Goethe-Universität Frankfurt mit dem Vortrag Das Frankfurter Self-Assessment für Psychologie: Dienstleistung und wissenschaftliche Forschung aus einer Hand. Das Projekt betont sehr stark den eignungsdiagnostischen Aspekt von Selbsttests. Das Self-Assessment setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:
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Intelligenzkomponenten; verbales & figurales schlussfolgerndes Denken
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Kognitive Kompetenzen: Textverständnis & mathematische Kompetenz
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Handlungskompetenzen: Anspruchsniveau, Stressbewältigung, Lernbereitschaft & Arbeitshaltung
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Persönlichkeitseigenschaften: Ängstlichkeit, Gewissenhaftigkeit, Selbstwirksamkeit und weitere
Die Ergebnisse zeigen hohe prognostische Validitätskoeffizienten für frühe akademische Leistungen (kognitive Kompetenzvariablen) und substantielle Zusammenhänge mit akademischen Erfolg auch im späteren Studienverlauf. Ferner geben Studieninteressierte mehrheitlich das Feedback, dass das Online-SelfAssessment eine bessere Einschätzung der Anforderungen im angestrebten Studiengang ermöglicht. Die objektive Persönlichkeitstests bringen nicht nur verschiedene Vorteile (Reduktion von Antworttendenzen etc.) mit sich, sondern gestalten das SA zudem abwechslungsreicher. Über die Arbeitsgedächtniskapazität schließlich lässt sich bedeutsam mehr Varianz des frühen Studienerfolges vorhersagen als über klassische Intelligenzaufgaben. Die Vortragfolien können hier heruntergeladen werden.