Sollten (müssen?) Unternehmen Workation ermöglichen…?

Vor kurzem postete die bekannte LinkedIn-Influencerin Céline Flores Willers in eben jenem Netzwerk einen Beitrag zum Thema “Workation”.

Dieses aus “Work” und “Vacation” zusammengesetzte Kofferwort beschreibt dabei den Trend, Arbeit und Urlaub zu verbinden. Wobei diese Definition etwas hinkt, denn es geht hierbei in erster Linie schon darum, dass man arbeitet, dieses nur von einem anderen Ort aus tut, einem Ort, an dem man ansonsten eher Urlaub machen würde: Also vom Strand in Bali für den Arbeitgeber in Hamburg programmieren oder das Kundenprojekt nicht aus dem Büro oder Homeoffice in Berlin zu managen, sondern aus dem AirBnB in Lissabon etc.

Célines Beitrag schlug durchaus ein paar Wellen. Drei Tage nach Erscheinen fanden sich darunter knapp 3000 Reaktionen und rund 340 Kommentare. Damit Ihr wisst, wovon die Rede ist, habe ich den Beitrag hier nachfolgend einmal eingebunden:

Als ich das las musste ich durchaus ein wenig darüber nachdenken, wie ich das eigentlich selber sehe.

Ich bin selber durchaus der Idee zugeneigt, auch mal von einem anderen Ort der Erde meiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Sehr sogar. Wir haben ja nun zwei Jahre lang erlebt, dass remote Work durchaus funktionieren kann. Warum dann also nicht statt Homeoffice die Finca auf Mallorca? Unsere Branche und unsere Tätigkeit im Speziellen würde das sicherlich schon hergeben. Auch kann darin natürlich eine große Chance liegen, die Attraktivität des Unternehmens im War for Talent zu steigern.

Ich bin aber auch Arbeitgeber und schaue auf Fragen der Arbeitsorganisation infolgedessen nicht nur durch meine persönliche Brille, sondern muss dabei auch ein paar andere Aspekte berücksichtigen. Damit meine ich zwar auch Themen wie Informationsfluss oder Zusammenhalt im Team, aber ich meine damit vor allem arbeitsrechtliche, steuerliche, sozialversicherungstechnische, unfallversicherungstechnische Themen und natürlich auch Aspekte wie Datenschutz und IT-Sicherheit.

Diese Punkte nimmt Céline zwar zum Teil in ihrem Post auch auf, aber der Unterton ist “alles easy, kein Problem, man muss es nur wollen” bzw. “wenn das Unternehmen das nicht ermöglicht, dann ist es irgendwie gestrig”.

Ich habe das entsprechend zum Anlass genommen, den Einwurf von Céline entsprechend kurz zu kommentieren.

Nun, wie gesagt: Ich bin dem Konzept durchaus zugeneigt und da wo es gewollt ist, inhaltlich geht und Sinn macht, sollten Arbeitgeber nach Lösungen suchen, remote Work auch über das Homeoffice (ja ja, ich kenne den Unterschied zwischen mobiler Arbeit und Homeoffice…) hinaus zu ermöglichen. Wo ein Wille wird sich auch ein Weg finden.

Andersherum sehe ich aber auch den Punkt, dass es für die meisten ArbeitnehmerInnen womöglich dringendere zu lösende Probleme gibt (ich sag mal als ein Stichwort “Betreuung von Kindern berufstätiger Elternteile, in der Praxis immer noch zumeist Mütter”…) und Workation vielleicht doch eher ein Luxusproblem einer kleinen und zudem in mancherlei Hinsicht privilegierten Bubble von Wissensarbeitenden ist.

Und naja, die oben angerissenen formal zu klärenden Themen sind eben doch nicht so ohne, schon gar nicht für kleine und mittlere Unternehmen, die sich keinen eigenen Workation-Beauftragten leisten können, der all diese rechtssicher klärt. Ich glaube zum Beispiel nicht, dass Unternehmen Freude daran hätten, wenn jeder gerade auf Workation befindliche Mitarbeiter bzw. dessen “Arbeitsort” als Betriebsstätte im Sinne der Abgabenordnung definiert wird. Ich glaube auch nicht, dass auf Workation befindliche Mitarbeiterinnen es toll fänden, wenn sie auf einmal (auch) im Aufenthaltsland besteuert würden.

Und wenn diese Dinge nicht vorab sauber geregelt werden, sind sie halt auch nur genau so lange gut, wie es keine Probleme gibt…

Mich würde da durchaus mal eure Sicht interessieren.

Schreibt gern was in die Kommentare hier im Blog oder ansonsten auch gern unter Célines Beitrag oder meinen Kommentar bei LinkedIn.

Ein Gedanke zu „Sollten (müssen?) Unternehmen Workation ermöglichen…?

  1. Ich glaube auch, dass es nur eine gewisse Gruppe von Wissensarbeitern betrifft um die es hier geht. Eine Gruppe, die heiss umworben ist da viele von den Skills knapp sind. Darum werden Unternehmen sich länger überlegen ob Working from everywhere für diese Gruppe nicht eine Möglichkeit zur Steigerung der Attraktivität des Arbeitsplatzes ist. In grossen Unternehmen befindet man sich sofort in einer Falle: man will attraktiv am Arbeitsmarkt sein, sucht verzweifelt bestimmte Skills und ist auch bereit generelle Regeln aufzuweichen und z.B. Workation zu erlauben. Leider verstößt das gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz – warum für bestimmte Gruppen dies ermöglichen und für alle anderen Mitarbeiter nicht? Das ist schwer bis unmöglich zu argumentieren, entsprechende Betriebsvereinbarungen sind ein zähes Stück Arbeit.
    Was ich persönlich präferieren würde wäre die Möglichkeit der individuellen Lösung. So hat ein Trainee mit hohem Potential seinen Partner in den Niederlanden. ich bin sicher, man findet schnell eine Lösung für dieses Konstrukt.
    Ein anderer Kollege hat Familie in Vietnam und würde sie gern für 8 Wochen im Jahr besuchen und einen Teil von dort aus arbeiten. Auch das höchst unterschiedliche Anforderungen an Dauer, Arbeitsorte, etc.
    Aus meiner Sicht muss zumindest ein individueller Check sollte angeboten werden ob mobiles Arbeiten in den individuellen Fällen möglich ist, eine Whitelist von „unkomplizierten“ Arbeitsorten sollte vorhanden sein, ein Standardprozess für die Abwicklung existieren etc. Alles besser als ein generelles Verbot!
    Und gut kommunizieren muss man das auch. Denn es ist keine Gleichbehandlung. Vielleicht ist die Diskussion aber auch einfach, denn es werden nur wenige Wissensarbeiter die eh schon mobil arbeiten dürfen und können überhaupt danach fragen.

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