SeLF – Selbstreflexion zum Lehrerberuf in drei Schritten

Selbsterkundung zum Lehrerberuf mit Filmimpulsen“ hinter diesem doch recht sperrigen Titel (der dann aber die schöne Abkürzung „SeLF“ ergibt :-) ) verbirgt sich die Eignungsberatung zum Lehrerberuf der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Ein bekanntes Tool für die Studienorientierung und Laufbahnberatung für den Lehrerberuf ist „Career Counseling for Teachers“ (kurz: CCT) und auch CYQUEST hat sich vor gar nicht so langer Zeit im Rahmen der Virtuellen Studienorientierung für das Lehramtsstudium an der Universität Göttingen mit der Frage auseinandergesetzt, welche Informationen Studieninteressierte benötigen, um die Entscheidung für oder gegen den Lehrerberuf mit größtmöglicher Sicherheit treffen zu können. Im Unterschied zu diesen eher textlastigen Angeboten ist die LMU jetzt einen Weg gegangen, bei dem Videos im Mittelpunkt stehen.


SeLF funktioniert nach der Kurzanleitung auf der Projektseite folgendermaßen:

  • 1. Schritt: Einzelne Filme nach Interesse auswählen, um sich anschaulich zu informieren.
  • 2. Schritt: Im Anschluss an den jeweiligen Film zu drei Fragen Stellung nehmen, um die eigene Haltung zu reflektieren.
  • 3. Schritt: Feedback dazu lesen und über die persönliche Eignung für den Lehrerberuf weiter nachdenken.

Bevor es losgeht wird man gefragt, ob man sich registrieren möchte, um den eigenen Fortschritt, die ausgewählten Antworten und ggf. die eigenen Notizen zu speichern – das heißt dann „mySeLF“ ist aber keine Notwendigkeit.

Die Videos

Den User erwarten 16 Videos, die mit ca. 3-4 Minuten eine ganz angenehme Länge haben.  Neben dem jeweiligen Video werden die Inhalte stichpunktartig zusammengefasst, so dass man gleich weiß, was auf einen zukommt. Inhaltlich werden oft eine Mischung aus Interviews, und (gestellten) Beispielszenen gezeigt, die mit einem Sprecher untermalt sind.


Die Themen sind vielfältig, von der Rolle als Lehrkraft, dem Umgang mit Eltern, Zeiteinteilung bis hin zu einer Diskussion über den Amtseid ist alles dabei. Der Ton ist dabei sehr offen, so wird  beispielsweise auch sehr deutlich, dass die Zusammenarbeit mit Eltern oft schwierig ist („Eltern können sich heutzutage nicht vorstellen, dass ihr Kind etwas falsch macht.“) oder welche Verantwortung Lehrer tragen müssen („Selbst mit der Einschaltung eines Rechtsbeistandes müssen Sie rechnen.“).

An einigen Stellen wirken Teile der Videos (die gestellten Szenen,  der Sprecher) auf mich etwas sehr bemüht, insgesamt aber glaubwürdig und sympathisch.

Handwerklich sind die Videos keine Hochglanzproduktion mit hohem Budget, sind aber solide gemacht und vermitteln die jeweilige Aussage deutlich und anschaulich.

Anregungen zur Reflexion

Im Anschluss an jedes Video, werden 3 Aussagen zur Videothematik getroffen, denen man zustimmen kann oder nicht. Diese reichen von Selbsteinschätzungsfragen („Ich kann meine Arbeit gut organisieren.“) über Einschätzungen der Lehrerrolle bis zu Bewertungen von konkreten Beispielen aus den Videos („Auf mich wirkt das Auftreten der Lehrerin im Unterricht etwas übertrieben.“).

Danach gibt es pro Aussage ein ausführlicheres Feedback. Dieses ist in weiten Teilen statisch, egal was ich vorher angeklickt habe, ordnet die jeweilige Aussage aber noch einmal sinnvoll ein, und regt durch konkrete Handlungsempfehlungen („Weil man sich selbst oft anders sieht, als man von anderen gesehen wird, sollten Sie Gelegenheiten nutzen, Feedback von anderen einzuholen, zum Beispiel…“), zusätzliche erläuternde kurze Videosequenzen und weitere Fragen, die man sich stellen sollte, zur Reflektion an.

Außerdem kann man jedes Video einmal bewerten, ob es einen „eher bestärkt“ oder „eher nicht bestärkt“ hat, ob der Lehrerberuf das Richtige ist. Die Formulierung „eher nicht bestärkt“ hat mich spontan zum Schmunzeln gebracht, aber vermutlich wollte man hier eine Negativformulierung vermeiden. Darunter kann man dann gleich eigene Notizen speichern, um Gedanken und Ideen zum jeweiligen Thema festzuhalten.

„Bearbeitete“ Videos werden mit einem Häkchen markiert und die Ergebnisse, Notizen und die Bewertung des Videos gehalten. Natürlich kann man das jeweilige Video aber auch erneut ansehen und die eigene Bewertung anpassen.

Unter „mySeLF“  kann man sich dann seine Ergebnisse anzeigen lassen. Hier wird noch einmal aufgelistet, wie oft man sich in der Entscheidung für den Lehrerberuf bestärkt oder nicht bestärkt fühlte. Das kann man sich dann inklusive aller Feedbacktexte auch noch einmal als PDF ausgeben lassen. Den Tipp dieses PDF dann zur Studienberatung oder Agentur für Arbeit mitzunehmen, sehe ich persönlich eher skeptisch, da viele Beratungsangebote das Tool vermutlich nicht kennen und mit der 30-seitigen PDF vielleicht eher überfordert sind – aber ohne Frage ist es eine schöne Option das ganze Tool und alle eigenen Eingaben „mitnehmen“ zu können.

Über den Link „Und wo bleibt jetzt die klare Empfehlung für mich?“ wird dann auch noch einmal ganz deutlich gemacht, dass ein einzelner Test natürlich nicht aussagefähig genug ist, um daraus eine klare Empfehlung abzuleiten und SeLF vorrangig Anstöße für die eigene Reflexion geben möchte.

Was noch?

Wenn man über die Videos hinausblickt, werden auf der Seite auch die Lehrkräfte aus den Videos  vorgestellt, sowie Links zu weiteren Beratungsangeboten gegeben. Unter „So funktioniert SeLF“ finden sich ausführliche Anregungen sowohl für Studieninteressierte, als auch für Studierende, Beratungen, Lehrende und Referendare, wie sie SeLF beispielsweise auch für die Reflexion der eigenen Entwicklung oder in der Beratung nutzen können.

Zusammenfassung

Insgesamt finde ich das Tool sehr gut gelungen. Die Ansprache ist sehr klar und dabei immer wertschätzend. Auch wird von Anfang an deutlich, dass es sich nicht um einen Test handelt, sondern um eine Selbsterkundung, bei der es kein Richtig oder Falsch gibt.

Auf den ersten Blick sieht das Angebot gar nicht nach viel aus, enthüllt aber eine große Bandbreite an Themen und Informationen und hat auch bei mir das eine oder andere Aha-Erlebnis ausgelöst. Sicherlich gäbe es zum Lehrerberuf noch viel mehr wichtige Dinge zu sagen. Mich persönlich hätte beispielsweise noch mehr zum Umgang mit schwierigen Situationen interessiert oder welche Hilfe man bei Problemen erhalten kann aber schlussendlich soll SeLF einen ja genau dazu anregen, sich solche Fragen zu stellen und sich selbst weiter zu informieren. Wenn man alle Videos und deren jeweiliges Feedback durcharbeitet, ist man jedenfalls schon deutlich über eine Stunde beschäftigt. Als Anregung zur Selbsterkundung dürfte das definitiv reichen!

Einen ähnlichen Weg der Berufsorientierung durch Videos geht übrigens auch die Online-Plattform whatchado. Hier berichten Menschen verschiedenster Professionen nach einem festen Muster von sich und ihrem Werdegang (hier geht’s zum entsprechenden Artikel im Recrutainment Blog). whatchado ging 2011 online und bietet inzwischen schon über 2.000 Videos.

3 Gedanken zu „SeLF – Selbstreflexion zum Lehrerberuf in drei Schritten

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