Warum die Quality of Hire die entscheidende Recruiting-Kennziffer ist. Und wie man sich dieser praktisch nähern kann…

Es wird ja – zum Glück – mittlerweile relativ viel über Recruiting Analytics gesprochen. Wie macht Personalgewinnung man so zähl- und messbar, dass sie auch besser wird. Im Februar hatten wir im Blog einen wunderbaren Videocast mit Marcel Rütten und Tim Verhoeven zu diesem Thema, die ja beide mit dem Buch “Recruiting Analytics” quasi DAS Standardwerk dazu geschrieben haben. Wer hier also leichtfüßig etwas tiefer einsteigen möchte, dem sei der rund 40-minütige Talk sehr ans Herz gelegt (man kann die Wiedergabegeschwindigkeit ja auch etwas hochsetzen, dann passt das sogar in weniger als eine halbe Stunde… 😉).

Ich finde, es gibt eine ganze Menge relevanter KPIs, die zudem auch noch untereinander interdependent sind. Z.B. bedingt die Time-to-Hire sicherlich die Offer-Acceptance-Rate, weil ein schneller Entscheidungsprozess beim Unternehmen wahrscheinlich hilft, dass Kandidaten auch unterschreiben. Von solche Beispielen lassen sich etliche konstruieren.

Aber ich bleibe dabei: Die letztlich entscheidende KPI ist die Quality of Hire.

Wenn eine Person auf einen Job / in einem oder Unternehmen die Falsche ist, dann wird nichts dadurch besser, dass man diese schnell (Time-to-Hire) oder billig (Cost-per-Hire) eingestellt hat. Auch hilft es weder, dass diese das Angebot angenommen hat (Offer-Acceptance-Rate) noch dass diese den Auswahlprozess super fand (Candidate Experience).

Die Quality of Hire muss meines Erachtens immer die finale Erfolgsgröße sein. Ist diese sichergestellt, kann (und muss) natürlich die Frage gestellt werden, ob dies nicht auch noch etwas schneller, billiger oder akzeptierter zu erreichen ist. Aber die Betrachtung muss in dieser Reihenfolge erfolgen. Ohne Quality of Hire ist alles andere nichts.

Allerdings ist mir natürlich auch klar, dass Quality-of-Hire sicherlich auch von den anderen Zielgrößen beeinflusst wird. Bei einem schnellen und wertschätzenden Prozess steigt etwa die Chance, dass die „guten“ Kandidaten auch im Prozess verbleiben und das Angebot annehmen usw. Insofern haben wir es bei, Recruiting Analytics immer mit vielen Interdependenzen und wechselseitigen Ursache-Wirkung-Beziehungen zu tun. Aber egal wie man es dreht und wendet: Am Ende ist und bleibt die Daseinsberechtigung der Personalgewinnung immer die Quality-of-Hire – die Besetzung einer Stelle mit der richtigen Person.

Und es ist natürlich auch vollkommen klar, dass Quality-of-Hire eine enorm schwierig zu beziffernde Kennzahl ist.

Was ist denn eine „gute“ Einstellung? Wann ist denn eine Person „die richtige“? Worin bemisst sich „Berufserfolg“?

Letztlich muss dieses Kriterium natürlich selber wieder in zählbare und beobachtbare Merkmale runtergebrochen, „operationalisiert“ werden.

  • Ist es bei Vertriebspersonal der generierte Umsatz? Oder doch die Bindung der gewonnenen Kunden? Und wenn ja, über welchen Betrachtungszeitraum?
  • Ist es das Überstehen der Probezeit? Oder allgemein die Verweildauer (Retention Rate), und auch hier wieder: Über welchen Betrachtungszeitraum?
  • Ist es z.B. bei Azubis das gute Zwischenzeugnis in der Berufsschule? Und wenn ja, was ist mit „gut“ gemeint?
  • Ist es das „Zutun“ einer Person zur Stimmung in einer Abteilung oder einem Team? Wenn ja, wie zählt man das? Und überhaupt: Wie misst man denn Stimmung…?
  • usw.

Und bei all diesen Fragen steht ja immer auch die Problematik im Raum, inwieweit die einzelne Person – der „Hire“ dies überhaupt beeinflussen konnte, sich also „der Erfolg“ überhaupt dieser einzelnen Person zuordnen lässt. Ohne das wiederum ist aber auch die Qualität der Recruitingentscheidungen schwer zu beziffern. Vielleicht sind all die genannten für Erfolg stehenden Außenkriterien ja durch externe Faktoren erreicht worden und hatten gar nichts mit der rekrutierten Person zu tun… Die Verkaufszahlen des neuen Vertrieblers sind vllt. deswegen so gut, weil das neue Produkt halt einfach viel besser ist und sich einfacher verkaufen lässt oder weil die Konkurrenz gerade Lieferprobleme hat…

Es ist also nicht einfach.

Aber das darf wiederum kein Grund dafür sein, dass man die Quality-of-Hire „dann halt nicht“ betrachtet. Das wäre ja ein bisschen so wie „der Patient müsste zwar eigentlich am Herzen operiert werden, aber das ist kompliziert, darum haben wir ihm mal die Fingernägel geschnitten…“. Oder nach verlorenen Autoschlüssel suchen, wo Licht ist, aber nicht dort, wo man ihn verloren haben könnte… 😋

Wie kann man also vorgehen?

Es gilt Merkmale systematisch zu erfassen, die für „Berufserfolg“ stehen, z.B.

  • (Früh)Fluktuation
  • Zwischenzeugnis (bei Azubis) oder (Quartals-)Bewertung durch Führungskraft
  • Anzahl gewonnener Kunden o. generierter Umsatz (bei Salesjobs)
  • Zufriedenheit des neuen Mitarbeiters nach Zeitraum X (3, 6, 12 Monate…)
  • Beurteilung durch KollegInnen u. Teams (z.B. aus 360° o.ä.).
  • usw.

Die Zutaten sind entsprechend immer ein bisschen anders u. deren jeweilige Gewichtung sicherlich auch. Quality-of-Hire ist eine komplexe (weil mehrdimensionale) Kennziffer und man muss diese individuell entwickeln.

Wenn man das stehen hat, dann kann man diese aber auch als Außenkriterium für die Kriteriumsvalidierung der Auswahlinstrumente im Recruiting nehmen. Z.B.:

  • „Wie gut sagt Testergebnis X im Auswahltest späteren Berufserfolg vorher?“,
  • „Wie hängt Bewertung Y im Interview mit späteren Berufserfolg zusammen?“, etc.

Hat man einmal eine solche Metrik, kann man auch den Erfolg des Recruitings daran messen, und zwar nicht wie schnell, billig oder akzeptiert wird rekrutiert, sondern „wie gut“.

Daran könnte man sogar die Entlohnung (des Recruitings) koppeln, also z.B. so etwas wie „wenn die eingestellte Person nach 3 Jahren noch im Unternehmen ist, dann bekommt die Recruitingverantwortliche dafür nochmal einen Bonus“ o.ä…. Das wäre sicherlich sinnvoller als eine variable Vergütung für die Besetzung der Stelle, weil dadurch die Qualität der Besetzung belohnt würde und nicht die Besetzung an sich.

Naja gut, ein solcher Ansatz wäre dann ja noch viel weiter draußen. Aber einen Gedanken wäre es durchaus mal wert…

Übrigens: „Quality of Hire“ wird auch das Leitthema der nächsten #HREdge, der #HREdge25, die am 27.03.25 in Hamburg stattfinden wird. In Form von mehreren Kurzvorträgen – Spotlights – werden verschiedene Abschnitte der Candidate Journey abgeklopft, wie diese so zu gestalten sind, um am Ende positiv auf die Qualität der Personalauswahl einzuzahlen. Doch zur #HREdge25 werden natürlich in nächster Zeit noch detaillierte Informationen folgen… Stay tuned!

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