Wie Virtuelle Studienorientierungen (OSA) bei Studieninteressierten ankommen – eine qualitative Betrachtung

Virtuelle Studienorientierungen (oftmals auch als “OSA”, kurz für Online-Self-Assessment oder Online-Studienwahl-Assistent bezeichnet) sind dafür da, Studieninteressierten einen umfassenden Einblick in die Welt des Studiums mit all seinen Facetten zu geben.

Dass es insb. an solchen Einblicken, an Transparenz und entsprechender Orientierung mangelt, bestätigen ja immer wieder Studien in schöner Regelmäßigkeit.

OSA sind also im Prinzip das Hochschulpendant zur Berufsorientierung.

Ein Beispiel für den sehr umfangreichen Einsatz solcher OSA ist die HAW Hamburg, die aktuell 23 fachspezifische virtuelle Studienorientierungen unter dem Namen HAW-Navigator anbietet.

Diese Navigatoren bestehen immer aus 5 Kapiteln zu den Themen:

  • Studium
  • Anforderungen
  • Berufswelt
  • Studienorganisation
  • Studienkultur

Innerhalb dieser Kapitel finden sich viele Informationen in Form von Text, Bild, Video und Audio. Es gibt Interviews mit Lehrenden, Studierenden und Alumnis und viele interaktive Inhalte wie Selbsttest und Selbsteinschätzungen.

Wichtig hierbei ist, dass es sich nur zu einem (kleinen) Teil um Tests bzw. Selbsttests handelt. Vielmehr steht bei diesen Instrumenten der Gedanke im Vordergrund, den Studieninteressierten Einblicke in Studieninhalte und -organisation zu geben, im Sinne eines Realistic Preview. Genauer beschrieben haben wir diesen Ansatz hier.

Wie kommt das bei Studieninteressierten an? Und hilft es ihnen bei der Studienorientierung?

Die Antwort liefert das freiwillige Evaluationsmodul am Ende der Navigatoren. Hierüber wird eine quantitative und qualitative Bewertung der Navigatoren eingesammelt. Die quantitativen Daten werden jährlich ausgewertet und zeigen ein sehr positives Bild:

78% der Studieninteressierten würden die HAW Navigatoren weiterempfehlen, weitere 20% vielleicht. Auch die Bewertung in Schulnoten ist zu 97% positiv. Würde man dies in einer Schulnote ausdrücken, so läge diese bei einer 1,94.

Wer tiefer in die quantitativen Befunde einsteigen möchte, dem sei dieser Fachaufsatz auf der Wirtschaftspsychologie aktuell empfohlen.

Zusätzlich gibt es ein Freitextfeld für Kommentare, die wir für einen Bewerbungszeitraum von sechs Wochen ausgewertet haben. In dieser Zeit haben 9.627 Personen mindestens einen der Navigatoren vollständig absolviert. Davon haben 7.276 (76%) mindestens eine quantitative Evaluationsfrage und 1.188 (12%) die drei Leitfragen über dem Freitextfeld beantwortet.

Die Grafik zeigt die Verteilung der Antworten auf diese drei Fragen. Fast 2/3 der Kommentare sind positive Bewertungen und weniger als 1/3 kritische Kommentare bzw. Verbesserungsvorschläge.

Betrachtet man die Antworten auf die Frage nach offen gebliebenen Fragen, sieht man schnell, dass bei den wenigsten Personen Fragen offen bleiben. Die Antwort ist meistens „keine Frage offen“. Die wenigen offen geblieben Fragen verteilen sich auf verschiedene, teils sehr konkrete Themengebiete, wie z.B. Auslandssemester, Anerkennung voriger Leistungen oder Details zu späteren beruflichen Aussichten, die zwar in manchen Navigatoren angeschnitten werden, meistens aber auch Inhalte ausführlicher Studienberatungsgespräche an der Hochschule sind.

Die Verbesserungsvorschläge verteilen sich ebenfalls breit auf verschiedene Aspekte. Einige Vorschläge beziehen sich auf die Kapitelinhalte (7%), wobei Rückmeldungen zu den Kapiteln Studium und Anforderungen etwas häufiger sind, die aber auch die beiden größeren Kapitel darstellen. Andere wiederum kritisieren den Umfang der Studienorientierung oder schlagen eine Kürzung vor (6%). Das passt auch zur Erkenntnis aus der quantitativen Auswertung, in der zwar 56 % den Umfang als genau richtig bewerten, jedoch auch 37% „etwas zu viel“ antworten.

Unter den positiven Bewertungen fällt die Kategorisierung wie folgt aus:

Die meisten Interessierten kommentieren die Navigatoren mit positiven Adjektiven, wobei besonders häufig „gut“, „sehr gut“ oder „alles gut“ kommentiert wird. Die Navigatoren werden außerdem positiv als „ausführlich“ oder „umfangreich“ beschrieben. Hier spiegelt sich erneut das Bild aus der quantitativen Auswertung, in der 56% den Umfang als genau richtig bewertet haben.

Unter den Inhalten fallen die Interview-Formate am meisten auf, hierauf bezieht sich fast die Hälfte der Kommentare in dieser Kategorie. Außerdem werden die Selbsttests, Selbsteinschätzungen und Fallbeispiele häufiger genannt.

Insgesamt zeigt die qualitative Auswertung der Evaluationsfragen, dass die Virtuelle Studienorientierung gut angenommen und als hilfreich und unterstützend bei der Studienentscheidung wahrgenommen wird. In Bezug auf die Verbesserungsvorschläge sticht kein Aspekt deutlich hervor, der von einem Großteil der Studieninteressierten angemerkt wird. Zwar wird der inhaltliche Umfang und damit einhergehend der Zeitaufwand häufig angemerkt, dazu in Kontrast stehen allerdings die vielen positiven Bewertungen in Bezug auf den Umfang. Ein Kompromiss könnte darin bestehen, bei der Konzeption von Inhalten auf eine kompakte Form mit hoher Informationsdichte zu achten und redundante Informationen zu vermeiden. Ausführliche Informationen können anhand von Verlinkungen zur Webseite der Hochschule einbezogen werden, ohne den Navigator zusätzlich aufzubauschen.

Beliebte Formate sind Interviews in allen Erscheinungsformen (Video, Audio oder Text) und auch die Möglichkeit der Selbsterfahrung in Form von Selbsttests oder Selbsteinschätzungen. Durch diese Formate werden Virtuelle Studienorientierungen lebendig, abwechslungsreich und interaktiv und geben somit einen interessanten Einblick in die Hochschule und unterstützen bei der Studienorientierung weiter.

Die HAW-Navigatoren sind hier frei zugänglich zum Ausprobieren.

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