Wirklich ein Selbsttest? Der Allianz JobChecker

Spätestens seit Potentialpark das Vorhandensein eines SelfAssessments zum Beurteilungskriterium für die Qualität einer Karriere-Website erhoben hat, kommt man mit dem Beschreiben und Bewerten derartiger Instrumente kaum noch hinterher, selbst in einem Medium wie dem Recrutainment Blog, wo dies ja eines der Kernthemen ist.

Nun, damit eines nicht mißverstanden wird – SelfAssessments sind ein sehr wertvolles Instrument und können sofern gut gemacht (dazu unten mehr) enorm hilfreich sein, die Selbstauswahlfähigkeit potentieller Bewerber zu verbessern. Nicht zuletzt deshalb haben die von Potentialpark danach, was sie denn für wichtig halten würden, befragten Studierenden in Europa SelfAssessments ja auch genannt. und wir werden es bei unserem Praxisseminar im November gebührend diskutieren. Aber, nicht alles wo momentan Selbsttest, Checker oder Matcher draufgeschrieben wird, verdient wirklich diesen Namen.

Gestern habe ich also den Allianz JobChecker gefunden. Dort heisst es:

“Wir zeigen Ihnen, welcher Job zu Ihnen passt! Spielen Sie sich in 5 Runden zu Ihrem Traumberuf…”

Okay, das klingt verheißungsvoll, das klingt nach spielerischer Berufsorientierung, nach Recrutainment. Zumal die Allianz eine durchaus bemerkenswerte Vergangenheit auf diesem Thema hat, brachte sie doch bereits 2002 das Recrutainment Format “Voyager” heraus (siehe hier).

Ich wurde dann doch leider enttäuscht… Also, was ist der JobChecker?

Zunächst einmal sucht man sich “seine” Einstiegsgruppe aus, also Schüler, Student, Absolvent oder Berufserfahrener (m/w). Wie man beim Durchlaufen der verschiedenen “Versionen” dann allerdings feststellt, ist es relativ egal, was man auswählt, da die Inhalte für alle quasi identisch sind…

Dann folgen fünf “Spiele”. Im ersten geht es darum, innerhalb eines gewissen Zeitrahmens jeweils aus einer Reihe von drei Fotos, das anzuklicken, welches aus der Reihe fällt. Okay, ein bißchen Konzentrationsfähigkeit, Bearbeitungsgeschwindigkeit…

Dann folgt ein “Kollegen-Memory” mit 18 Karten. Das muss man wohl nicht erklären…

Als drittes gilt es Zahlen “aufzufangen”. Es regnet immer eine Zahl herunter und man muss diese auffangen, in dem man rechtzeitig die entsprechende Zahl auf der Tastatur drückt. Reaktionsgeschwindigkeit…? Beherrschung der Tastatur…?

Bei Spiel 1 bis 3 geht es jeweils um Geschwindigkeit und es gibt Highscores.

Als viertes folgt dann ein Miniquiz zu Allianz-Standorten (“in welchen zwei Städten sind die Zentralen der Allianz Deutschland AG?”) – diesmal ohne Zeitlimit. Unternehmensbezogene Wissensaspekte…?

Am Schluss schließlich folgt noch etwas, was man vielleicht am ehesten in Ansätzen mit dem Attribut Selbsttest überschreiben kann. Drei Fragen, bei denen zumindest so etwas “Interessen”, “Jobpräferenzen” oder “Persönlichkeitsmerkmale” anklingen.

Dann kommt das Ergebnis: Überschrieben mit “Ihre persönliche Jobauswahl” werden einem drei Jobs empfohlen, über die man sich dann per Link zur Karriereseite weiterinformieren kann. Wovon hängt diese “Empfehlung” ab? Nun, wie es mir schien von der Antwort auf die Frage, ob ich mich für “Logik”, “Technik” oder “Arbeiten mit Menschen” interessiere und natürlich, welche Einstiegsgruppe ich ganz zu Beginn ausgewählt habe.

Fazit: Grundsätzlich begrüßenswert einen Selbsttest anzubieten. Und auch, dass dieser eher spielerisch daherkommt, kein Problem. Aber man kann das doch nicht “JobChecker” nennen, wenn man dann Memory spielt (wo ist der Bezug, was misst das, wozu brauche ich in einem der Allianz-Jobs diese Fähigkeit?) sowie es ankündigen mit “Wir zeigen Ihnen welcher Job zu Ihnen passt” und mit Begriffen wie “Jobempfehlung” belegen. Bei Berufserfahrenen, Studis oder Absolventen würde ich schätzen, dass man damit keinen hinter dem Ofen hervorlockt oder ggf. als Reaktion Kopfschütteln in Kauf nehmen muss. Bei Schülern aber ist das dann schon nicht mehr so witzig. Die nehmen die Empfehlung der Allianz (immerhin ein Unternehmen, das “Vertrauen” im Kern der Marke trägt) am Schluss noch ernst und glauben, dass das eine Art Berufsberatung ist. Wenn man nur spielen will, dann sollte man das sagen. Wenn man (auch) orientieren will, dann gehört dazu einfach ein bißchen mehr…

4 Gedanken zu „Wirklich ein Selbsttest? Der Allianz JobChecker

  1. Hi Jo,

    ich spreche jetzt nicht im Namen der Allianz, sondern gebe hier mal meine persönliche Meinung preis.

    Grundsätzlich stimme ich dir zu, dass die Spiele natürlich keinen Selbsttest darstellen oder gar eine Grundlage, auf deren Basis man ernstgemeinte berufliche Ratschläge geben kann.

    Das war und ist aber auch nicht gewollt. Woran man das merkt? Ich denke, man merkt dem ganzen “Spiel” an, dass es mit einem Augenzwinkern daher kommt, an.

    Das beginnt zum Beispiel gleich auf der Startseite. Da hast du ja als Zitat das hier herausgegriffen:
    “Wir zeigen Ihnen, welcher Job zu Ihnen passt! Spielen Sie sich in 5 Runden zu Ihrem Traumberuf…”.
    Aber bewusst oder unbewusst übersehen, dass dort auch noch steht “… Berufsalternativen sind aber erlabt :-)”.

    Daran und am Namen – JobChecker – wird zumindest aus meiner Sicht schon sehr klar ersichtlich, dass der Spaß im Vordergrund steht; natürlich mit einer Portion “Allianz-Info”, die an die Spieler vermittelt werden soll.
    Ich bin übrigens der Meinung, dass ein “richtiges” Selfassessment nicht über Facebook realisiert werden sollte. Dort dürften wohl nur die wenigsten Lust haben, einen solchen wichtigen Test durchzuführen. Evtl. allein schon aus Datenschutzgründen?!

    Apropos ernsthafter Test: Den bietet die Allianz ja durchaus. Den “Perspektiven-Test” für Schüler und Studierende findet man easy auf den Allianz Karriereseiten unter http://www.perspektiven.allianz.de (hier z.B. https://www.allianz.de/loesungen_fuer_ihre_lebenslage/perspektiven_tests/perspektiven_test_fuer_schueler/index.html?key1=simplebox&key2=2009-2010&key3=perspektiven&key4=rechts_162x104&key5=schueler&vtnr=4701665&zn=30&vtnr_zn=30&allianzvertretung=frank.hollander&int_key1=Teaser&int_key2=T1&int_key5=Der%20Perspektiven-Test%20für%20Schüler.%C2%A0%C2%A0).

    Letzlich hat der JobChecker mit den “Jobempfehlungen” zum Ziel, den Zielgruppen vor Augen zu führen, welche Bandbreite an Möglichkeiten es bei der Allianz gibt. Diese Bandbreite ist vielen schlicht nicht bewusst bzw. kann ohne entsprechendes Hintergrundwissen auch nicht präsent sein. Und hier könnte ich mir vorstellen, dass der JobChecker etwas Licht ins Dunkel bringt.

    Dir noch ein schönes Wochenende und viele Grüße
    Dominik

  2. Hi Dominik, ja insb. wg. der Allianz-Historie auf dem Thema (Stichworte Perspektiventest, Voyager) war ich ein wenig überrascht. Versteh mich nicht falsch: Ich finde einen spielerischen Angang auf dieses Thema dem Grunde nach absolut richtig – Motto: Durch den Bauch in den Kopf… Man kann das Thema Serious Gaming nicht ernst genug nehmen, das ist ja gerade der Kern vom Recrutainment. Auch die Zielsetzung, am Ende die Vielfalt der Allianz als Arbeitgeber aufzuzeigen, finde ich absolut ausreichend, um so etwas zu machen; es muss nicht immer ernsthafte Eignungsdiagnostik sein. Aber ich habe mich gefragt, was mir denn ein Memory an Vielfalt aufzeigt? Was lerne ich über das Unternehmen Allianz, wenn ich Bilder von Mitarbeitern auf Gleichheit untersuche? Warum nicht mehr von den Fragen wie nach den Standorten (Frage 4)? Da lerne ich immerhin das Unternehmen etwas besser kennen. Oder so etwas wie: Welche der folgenden Berufe findet man bei der Allianz? Drag & Drop und dann das Aha-Erlebnis: “Ach, so viele, das hätte ich aber gar nicht gedacht…”. Dann gibt mir der “Selbsttest” zwar auch keine Empfehlung, aber ich kann “selber besser assessen – SelfAssessment” ob das was für mich sein könnte. Wer weiß schon, dass Ihr auch Köche oder Maschinenführer in der Papierverarbeitung ausbildet oder was Kfl. für Dialogmarketing eigentlich wirklich machen… Stichwort Bandbreite. Spiele können wunderbare Möglichkeiten bieten, eben diese “Aha-Erlebnisse” zu transportieren…

  3. Hallo Jo, hallo Dominik!

    Als ich am 5. April auf meinem Blog vom Relaunch der Allianz-Karrierepages berichtet habe, war ich mir auch unsicher, ob der JobChecker angemssen angeteasert wird. Ich sehe da einen Spagat zwischen Spiel und Ernsthaftigkeit. Wie das bei der Zielgruppe ankommt, kann wohl nur individuell entschieden werden. Meines Erachtens ist der JobChecker ein netter Zeitvertreib, der Besucher auf der Seite hält und ggf. noch auf interessante Angebote weiterleitet. Das ist doch schonmal nicht schlecht?

    Richtige Assessments und Recruiting-Games sind ein ganz anderes Kaliber. Persönlich würde ich beides nicht auf einer Facebook-, sondern eher auf einer Minipage erwarten. Auf Facebook vermute ich höchstens die zugehörige Community und/oder Marketing-Kampagne.

    Ich freue mich auf die nächsten spannenden Recrutainment-Beispiele und natürlich auch auf die weiteren Schritte der Allianz! :)

    Viele Grüße aus Italien,
    Gunnar

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