Warnung vor Fachkräftemangel – die demografischen Vorboten des „War for Talent“

Unterbeschäftigung_IAB

Klingt erstmal ganz gut – Arbeitsmarktforscher prophezeien Deutschland bis zum Jahr 2025 die Erreichung der „Quasi-Vollbeschäftigung“. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung geht dann von nur noch knapp 1,5 Mio Menschen aus dem sog. Erwerbspersonenpotential ohne Arbeit aus. Zum Vergleich: Heute liegt die Zahl bei knapp 5 Millionen, ca. 3,25 Mio. davon in der offiziellen Arbeitslosenstatistik registriert.

Wer wie viele von uns quasi sein ganzes Leben mit immer neuen Horrormeldungen von immer neuen Höchstständen an Arbeitslosen konfrontiert war, der hört das eigentlich erstmal ganz gern. Doch ist das wirklich ein Grund zur Freude?

Der Hauptgrund für den Rückgang der Arbeitssuchenden wird in erster Linie rein demografischer Natur sein. Das Erwerbspersonenpotential – also grob gesagt die Zahl der Menschen in Deutschland im arbeitsfähigen Alter – wird sich nämlich bis 2025 um satte sieben (!) Millionen reduzieren – trotz Rente mit 67, zunehmender Erwerbsbeteiligung von Frauen und positivem Zuwanderungssaldo. Wir sind hier im Blog ja auch schon mehrfach auf diesen Punkt eingegangen (siehe zum Beispiel den Artikel „Das Ende des entspannten Zurücklehnens„) – die Verknappung des Potentials an geeignetem Nachwuchs bzw. geeigneten Mitarbeitern wird unweigerlich zu einem steigenden Wettbewerb um diese Ressource führen. Jeder Ökonom weiß was das bedeutet: Verknappung = Verteuerung. Mit Hilfe des Bevölkerungsrechners des Statistischen Bundesamts kann jeder mal ausprobieren, wie sich „seine“ Zielgruppe quantitativ verändern wird. Wir haben das mal durchgespielt für die Gruppe der 18-19-Jährigen, also der Zielgruppe, um die sowohl Unternehmen mit ihren Ausbildungsprogrammen als auch Hochschulen mit ihren Studienangeboten buhlen: Heute (2010) ist diese Gruppe ca. 1,85 Mio. groß (51,3% männlich, 48,7% weiblich). In zehn Jahren, also 2020 wird sich die Zahl um sage und schreibe 19,8% reduzieren, auf dann nur noch 1,49 Mio. Es werden also gut 360.000 (!) junge Menschen weniger zur Verfügung stehen, um Ausbildungsplätze oder Studienplätze zu besetzen.

Abb.: Demografische Entwicklung 1955 – 2009 – 2049

Was heißt das? Nun, neben Effekten wie einer stärkeren Einbeziehung älterer Arbeitnehmer, einer stärkeren Flexibilisierung der Arbeitsmodelle (z.B. um auch „Familienmanagern“ die Kombination aus Familie und Berufstätigkeit verbessert zu ermöglichen) oder auch einer stärkeren Umstellung auf weniger beschäftigungsintensive Produktionsmethoden, wird dies vor allem dazu führen, dass sich Unternehmen einen deutlich stärkeren Wettbewerb um das knappere Potential liefern werden. Bereits heute klagen viele Unternehmen, die zwar „an sich“ attraktiv sind (oft Mittelständler, deren Produkte weltweit führend sind), die aber z.B. nicht über eine Endverbraucher-bekannte Marke verfügen und / oder an weniger begehrten Standorten sitzen, darüber dass sie ihre Stellen nicht mehr oder nur noch mit erheblich gestiegenem Aufwand und zu „aufgestockten“ Konditionen besetzt bekommen.

Zukünftig werden diese Unternehmen, aber auch die vermeintlich „begehrten“ sich zunehmend den Kopf darüber zerbrechen müssen, wie sie es schaffen, ihre Zielgruppen auf sich aufmerksam zu machen, für sich zu interessieren, zu rekrutieren und dann auch zu halten. An allen diesen Stellhebeln wird zu arbeiten sein. Instrumente wie Employer Branding, Realistic Job Previews, SelfAssessments oder Engagement in sozialen Medien können hier genauso helfen wie Talent Management Programme, verbesserte Work-Life-Balance oder Alumni Programme. Es gibt sicherlich kein Allheilmittel, jedes Unternehmen muss „seinen“ Weg finden. Aber eines ist sicher: Kein Unternehmen wird um das Problem herumkommen…

5 Gedanken zu „Warnung vor Fachkräftemangel – die demografischen Vorboten des „War for Talent“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert