Die Erwähnung von Soft Skills in Stellenanzeigen

Jeder kennt sie – die Aufzählung der “üblichen” Merkmale einer eierlegenden Wollmilchsau in den Texte der Stellenanzeigen. Neben der Erfüllung verschiedener Hardfacts sollen die Bewerber natürlich auch kreativ, flexibel, teamfähig und belastbar sein.

Das Gefühl, dass die Idee, hier einen Allgemeinplatz nach dem anderen aufzuzählen, vielleicht nicht so gut ist, haben sowohl Recruitingverantwortliche wie auch Bewerber irgendwie schon lange: Die Begriffe sind mehrdeutig – was versteht denn Unternehmen A unter Teamfähigkeit? Unterscheidet sich dies Verständnis nicht von Unternehmen B und auch vom Verständnis des Bewerbers? Unterscheiden sich die Definitionen nicht auch schon von Recruiter zu Recruiter innerhalb eines Unternehmens? Und wie steht es mit falsch genutzten Begriffen, die vielleicht auch nur modischen Erwägungen folgend eingesetzt werden? “Unternehmerisch Denken” soll der Kandidat. Aber ist das wirklich gewollt oder soll er nicht doch vorrangig loyal sein und sich einfügen können? Echtes Unternehmerisches Denken ist nach Schumpeter ja doch eher ein kreativer Zerstörungsprozess, und einen Zerstörer wollte man nun doch vielleicht nicht einstellen… .

Wie soll hierbei die Klarheit der Erwartungen (die für Realistic Job Previews so wichtige “Accuracy of Expectations”) denn steigen?

In einer interessanten Untersuchung ist Thomas Römer nun gemeinsam mit “Chancen und Karriere” der Frage nach dem Nutzen solcher Aufzählungen einmal nachgegangen. Und siehe da – viel hilft scheinbar doch viel… In der Studie wurden zwei fast identische Anzeigenrümpfe (ohne Jobtitel, ohne Firmenbeschreibung) formuliert. Die eine enthielt eine Aufzählung gängiger Soft Skills (sorgfältige und gewissenhafte Arbeitsweise, hohes Maß an Engagement, Eigeninitiative und selbstständiges Arbeiten, Kommunikationsstärke, Teamfähigkeit), die andere nicht. Beide “Anzeigen” wurden 34 Berufstätigen vorgelegt sowie zusätzlich 51 Studenten im höheren Semester an der Universität Hamburg. Es wurden jeweils Hard Facts abgefragt (ein abgeschlossenes Hochschulstudium, Auslandserfahrung, fließende Deutsch- und Englischkenntnisse, Erfahrung im Führen von Mitarbeitern). Die Frage an alle lautete: “Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie sich auf diese Stelle bewerben?”.

Das Ergebnis war ebenso eindeutig, wie überraschend: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Bewerbung erfolgt, war im Falle der Nennung der – vermeintlich so unscharfen – Softskills in allen Fällen signifikant höher, wie folgende Abbildung verdeutlicht:

Studie Thomas Römer

Über die Gründe kann nun trefflich gerätselt werden. Diese wurden in der Untersuchung auch nicht erforscht. Aber man kann ggf. doch unterstellen, so die Studie, dass hierfür folgende Gründe zumindest teilweise verantwortlich sein könnten:

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1. Die Soft Skills sind der Strohhalm, an den ich mich als Bewerber klammere, wenn schon die belastbaren Fakten nicht passen. Ja, ich halte mich für teamfähig, das ist ja gefragt, da kann ich mich auch bewerben. Die harten Anforderungen schreibe ich einfach kleiner, sind ja nur noch 50 % der Anforderungen, die rücken in den Hintergrund. Also alles nur eine Frage der realistischen Selbsteinschätzung?
2. Unabhängig von Hard- oder Soft Skills, unabhängig von der Präzision der Kriterien: Mehr als 5-7 Informationen kann der Mensch nicht gleichzeitig verarbeiten. Somit verliert er auch den Überblick bei vielen genannten Anforderungen – je mehr, desto verwirrender. Im Gedächtnis bleiben nur die, die passen. Also alles nur eine Frage der Menge?
3. Der klassische Recency-Effekt. Den kennen wir alle aus den Beobachterschulungen für Assessments und Auswahlinterviews: Zuletzt gegebene Informationen beeinflussen das Urteil stärker als in der Mitte gegebene Informationen. Und tatsächlich: Wie in den meisten Anzeigen, so wurden auch hier die Soft Skills nach der Firmen- und Aufgabenbeschreibung und den Hard Facts erwähnt. Alles nur eine Frage der Reihenfolge?

Heisst das jetzt, dass Recruiter nun doch wieder möglich viele und möglichst allgemeine wünschenswerte Eigenschaften in den Stellenanzeigen auflisten sollten? Wohl kaum – es besteht ja zumindest die Hoffnung, dass sich irgendwann einmal die Erkenntnis durchsetzt, dass nicht die Frage “wieviele haben sich denn beworben?”, sondern “wieviele passende haben sich beworben?” das zentrale Erfolgskriterium wird. Das wiederum sollte heißen: In der Stellenanzeige möglichst viel “Richtiges und Wichtiges” aufzählen, mehr aber eben nicht…

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