Vor kurzem hat Brillux ein von CYQUEST umgesetztes Online-Assessment zur Azubi-Vorauswahl in Betrieb genommen (hier geht’s zum Artikel). Während das Projekt in vollem Gange war, kamen wir auch auf das Engagement des Lack- und Farbenherstellers in der Berufsorientierung zu sprechen. Brillux setzt da nämlich u.a. auf Ausbildungsbotschafter.
Das sind Auszubildende im zweiten oder dritten Lehrjahr, die in Schulen oder auf Veranstaltungen über ihren Beruf und ihre persönlichen Erfahrungen berichten. Sie sind sozusagen die Experten für ihren Ausbildungsberuf und geben den Schülern authentische Einblicke in ihren Berufsalltag.
Nun sind „Azubis-werben-Azubis“-Programme im Personalmarketing durchaus weit verbreitet. Also alter Wein in neuen Schläuchen? Auf keinen Fall! An sich sind Ausbildungsbotschafter zwar nichts Neues, aber Brillux bereitet seine Azubis auf außergewöhnliche Art und Weise auf diese Aufgabe vor. Der Lack- und Farbenhersteller kooperiert, wie auch einige andere Unternehmen, nämlich eng mit der IHK Lüneburg-Wolfsburg. Das Unternehmen bereitet die Ausbildungsbotschafter inhaltlich vor und stellt sie für ihre Aufgaben frei. Die IHK koordiniert die Einsätze in den Schulen und vermittelt den Azubis in extra Schulungen das Handwerkszeug in Sachen Kommunikation, Präsentation und Moderation. Die enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und der IHK macht die Initiative zu etwas sehr Besonderem. Speziell die Verbindung mit professionellen Schulungen, in denen die Azubis systematisch für ihre Aufgabe fit gemacht werden, ist an diesem Ansatz einmalig.
Das hat uns neugierig gemacht. Also haben wir direkt mal die IHK zum Interview geladen, um mehr darüber zu erfahren. Wir plauderten mit Kirsten Deising, Ausbildungsplatzkoordinatorin der IHK-Lüneburg-Wolfsburg, die etwas genauer über das Konzept und die Rolle der IHK dabei erzählt.
Hallo Kirsten, magst du dich unseren Lesern kurz vorstellen?
Hallo Carolin, klar – sehr gerne. Ich arbeite seit 1,5 Jahren bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Lüneburg-Wolfsburg im Bereich Aus- und Weiterbildung. Als Ausbildungskoordinatoren bin ich zuständig für das Thema Berufsorientierung, nehme an Berufsmessen teil und betreue unsere Lehrstellenbörse im Internet. Den Schwerpunkt setze ich auf Berufsorientierungsprojekte, bei denen Unternehmen und Schulen der Region kooperieren. So ist auch das Projekt Ausbildungsbotschafter entstanden…
Magst du uns das Konzept der Ausbildungsbotschafter kurz vorstellen? Wie seid ihr darauf gekommen, das Projekt ins Leben zu rufen?
Unser Ziel war schnell definiert: Wir wollen am Übergang Schule-Beruf ein Projekt etablieren, das Schülern bei ihrer beruflichen Orientierung praxisnah und auf Augenhöhe ihre Möglichkeiten aufzeigt. Im Austausch mit Lehrern und Unternehmern wurde deutlich, dass Auszubildende ihre Berufsfelder authentisch rüberbringen und dieselbe Sprache sprechen wie Schüler. Damit sinkt für Schüler die Hemmschwelle, Fragen zu ihrem Wunschberuf zu stellen.
Was genau sind Ausbildungsbotschafter und was machen sie?
Ausbildungsbotschafter sind Auszubildende im zweiten oder dritten Lehrjahr, die in Schulklassen allgemein- und berufsbildender Schulen ihren Ausbildungsberuf vorstellen. Über den Sommer haben wir 100 Auszubildende aus 64 Unternehmen der Region zu Ausbildungsbotschaftern geschult. Nach den Sommerferien werden sie zum ersten Mal in den Partnerschulen eingesetzt. Die Ausbildungsbotschafter haben da ganz tolle Ideen: Ein Auszubildender zum Koch stellt zum Beispiel verschiedene exotische Gewürze vor, die Schüler versuchen diese zu benennen und bekommen im Anschluss Rezeptvorschläge. Eine angehende Kauffrau für Büromanagement plant ein Rollenspiel mit den Schülern, um einen Aufgabenbereich ihres Ausbildungsberufes, die Terminkoordination, zu verdeutlichen. In Zusammenarbeit mit ihren Ausbildern werden die Azubis richtig kreativ und nachdem ich die ersten Präsentationen gesehen habe, muss ich gestehen: Ich bin richtig stolz auf die Botschafter. In einer anschließenden Expertenbefragung können die Schüler die Azubis mit ihren Fragen löchern.
Wer kann Ausbildungsbotschafter werden?
Die Auszubildenden kommen aus alle Branchen, ob kaufmännisch, gewerblich-technisch oder aus Hotellerie/Gastronomie und Dienstleistung. Bekannte Berufe sind ebenso dabei wie eher unbekannte, zum Beispiel der Beruf Packmitteltechnologe/in oder Chemielaborant/in. Wir freuen uns besonders über die ein oder andere Azubine aus einem MINT-Ausbildungsberuf, Teilzeitauszubildende oder Jugendliche mit Migrationshintergrund, die über ihren beruflichen Werdegang berichten.
Julia Krüger, Ausbildungsbotschafterin Technische Produktdesignerin, Bertrandt Ingenieurbüro GmbH, Foto: Hans-Jürgen Wege / Andreas Tamme
Wie unterstützt die IHK Ausbildungsbotschafter?
Die IHK bereitet die Ausbildungsbotschafter in Schulungen auf ihre Schuleinsätze vor. Moderations- und Präsentationstechniken stehen ebenso auf dem Programm wie Kommunikation und Rhetorik. Viele Ausbildungsbotschafter haben ihre Präsentationen bereits betriebsintern vor Vorgesetzten gehalten. Außerdem präsentieren sie ihre Berufe auch in der IHK-Schulung und erhalten dann Feedback von einer professionellen Trainerin und den anderen Botschaftern. Dabei ist deutlich geworden: Die Auszubildenden nehmen ihre Aufgabe nicht nur ernst, sondern wachsen auch zu einer Gruppe zusammen, motivieren sich untereinander – und haben Spaß an der Sache. Die Teilnahme an der Schulung sowie das ehrenamtliche Engagement der angehenden Botschafter bescheinigen wir mit einem IHK-Zertifikat. Zudem wird jeder Schuleinsatz von uns begleitet.
Welche Vorteile habe ich als Unternehmen von der Initiative?
Der Vorteil des Projektes ist die Win-win-win-Situation für alle drei Beteiligten. Schülern werden bei ihrer beruflichen Orientierung auf Augenhöhe, zielgruppengerecht und mit einem praxisnahen Projekt unterstützt. Unternehmen können frühzeitig Kontakt zu potenziellem Nachwuchs aufnehmen und die Ausbildungsmöglichkeiten in der Region aufzeigen. Und, wenn den Auszubildenden ihre Aufgabe Spaß macht, ist aus der theoretischen Idee ein praktisches Projekt geworden, welches die Azubis mit ihrer Kreativität und Motivation beleben. Zudem sind wir überzeugt, dass die Ausbildungsbotschafter auch persönlich von dem Projekt profitieren.
Maik Amann, Ausbildungsbotschafter Elektroniker für Geräte und Systeme, Bertrandt Ingenieurbüro GmbH, Foto: Hans-Jürgen Wege / Andreas Tamme
In welchen Landkreisen/Niederlassungen der IHK gibt es das Programm bisher? Ist eine Ausweitung des Projektes geplant?
Das Projekt Ausbildungsbotschafter geht in allen Regionen im Bereich der IHK Lüneburg-Wolfsburg in diesem Sommer ans Netz. Überall sind Auszubildende geschult und werden in den lokalen Partnerschulen im jeweiligen Landkreis zum Einsatz kommen. Das Konzept wird ähnlich auch in anderen IHK-Bezirken umgesetzt, zum Beispiel in Hannover oder in Stuttgart. In der Umsetzung unterscheiden sich die Projekte und unterstreichen so das Potential, das diese Idee in seiner Ausweitung besitzt.
Welche Aufgaben kommen auf das teilnehmende Unternehmen zu und wie kann ein Unternehmen an der Initiative teilnehmen?
Teilnehmende Unternehmen bereiten ihre Auszubildenden mit auf ihre Schuleinsätze vor und stellen sie hierfür frei, in der Regel zwei- bis dreimal im Halbjahr. Geplant ist, die Rolle des Ausbildungsbotschafters im Unternehmen über die Generationen der Auszubildenden hinweg weiterzugeben. Die nächste Generation der Auszubildenden kann bei den „älteren Semestern“ in einem Mentor-Mentee-Verhältnis hospitieren und kann so zusätzlich auf seine Aufgabe vorbereitet werden.
Interessierte Unternehmen können gerne Kontakt zu mir aufnehmen unter deising@lueneburg.ihk.de, Tel.: 04131 742-132.
Vielen Dank für das Interview, liebe Kirsten!
Wer sich also genauer für das Ausbildungsbotschafterkonzept in Kooperation mit der IHK interessiert, dem sei die Homepage der IHK oder der direkte Kontakt mit Kirsten Deising wärmstens ans Herz gelegt.
In Kürze berichten hier dann auch zwei Brillux-Azubis vom Azubibotschafter-Dasein.
Das ist ja mal eine coole Aktion, die IHK-Ausbildungsbotschafter. Ich finde das super, dass junge Leute andere junge Leute für die Ausbildung begeistern. Ich hätte mir das auch gewünscht, als ich noch in der Schule war. Das hätte mir bestimmt die Entscheidung erleichtert.