Lange Schläuche und dicke Hupen – und der schmale Grat zwischen Gut und Böse im Personalmarketing

Tja, der Wettbewerb zwischen den HR-Bloggern ist ein knallharter – ein Wettbewerb um die heißeste Schlagzeile und die schnellste Meldung… ;-)

Ende letzter Woche lief mir die Meldung über den Weg, kurze Notiz gemacht “Verbloggen”, weiter gearbeitet und dann – zack – bringt der Knabenreich die Nachricht dazu schon am Wochenende…

Er ist halt nicht nur eine spitze, sondern auch eine schnelle Feder und Work-Life-Balance ist ihm eh fremd. Wochenendarbeit, tz tz.

Naja, egal, der Gedanke war ja schon im Kopf und ganz einer Meinung sind wir ja auch nicht immer… Also, auch von mir das Thema nun nochmal.

Worum geht es?

Es geht um dicke Hupen, lange Schläuche und schnelle Abenteuer.

Und damit ist natürlich auch schon klar, um was und vor allem um wen es wohl geht. Na klar.

Die Feuerwehr.

Konkret die Feuerwehr Dormagen. Diese wirbt nämlich seit kurzem mit folgendem Motiv, per Postkarte an ca. 9000 junge Dormagener zwischen 16 und 30 Jahren verschickt:

Werbung_Feuerwehr_Dormagen

Foto: Feuerwehr Dormagen

Meine erste Reaktion war: Boah, is dat weit draußen! Im wahrsten Sinne ein heißer Kandidat für die goldene Runkelrübe. Da haben andere ja schon für viel weniger sehr viel mehr Haue bekommen…

Soweit der erste Gedanke. Aber: Auf die Aktion haben sich in wenigen Tagen 15 Interessierte gemeldet – die durchschnittliche jährliche Anzahl von 10 Meldungen mal so eben in ein paar Tagen um 50% gesteigert.

Also, doch alles gut, der Zweck heiligt die Mittel?

Nun, die Ansprache der Werbung ist natürlich politisch höchst unkorrekt und anzüglich. Die Gestaltung des Motivs auf unterem Volkshochschulkurs-Niveau.

Aber: Die Ansprache ist wiederum soweit draußen, dass das natürlich auch jedem sofort ins Auge springt. Das ist sooo politisch unkorrekt, dass ernsthaft kein Mensch auf die Idee kommen kann, dass die Feuerwehr Dormagen deshalb ganz klar ein niveauloser und wahlweise frauen- (Hupen) oder männerfeindlicher (Schläuche), auf jeden Fall aber sexistischer Arbeitgeber ist.

Und: Unter den 15 Interessenten waren eben auch drei Frauen. Aus der Meldung geht zwar nicht hervor, ob das jetzt über- oder unterdurchschnittlich viel ist, aber es verdeutlicht, dass stereotype – im ich sag mal schlechtesten Sinne schwarzer´sche – Aussagen wie

Frauen fühlen sich immer von so etwas diskriminiert

eben NICHT pauschal gelten. Immerhin ist auch die Chefin der Dormagener Feuerwehr eine Frau.

Klar, die Ansprache polarisiert – man kann das sehr schön auf der Facebook-Seite der Feuerwehr Dormagen nachlesen – aber vielleicht ist es auch manchmal nötig, politisch unkorrekt zu sein, zu polarisieren, um überhaupt durchzudringen. Und vielleicht ist es ja der Leser, der sexistisch diskriminiert, wenn er bei dicken Hupen automatisch Frauenfeindlichkeit unterstellt…?

Dass der Bezug “political correctness” in diesem Zusammenhang gar nicht so falsch ist, zeigt auch, dass das NRW-Emanzipationsministerium dann auch gleich kommentierte mit:

„Solch‘ antiquierte Stammtisch-Werbung kommentieren wir nicht!“

Naja, haben sie damit eben doch getan und der Sache – Achtung: Verschwörungstheorie… – dadurch zusätzliche mediale Aufmerksamkeit garantiert.

Ich habe auf jeden Fall an diesem Beispiel mal wieder festgestellt, dass das Spektrum von Gut bis Böse im Personalmarketing keine Gerade ist, sondern ein Kreis. Direkt nach Supergeil (weil voll dicht an der Kante gesegelt) kommt eben Oh Gott, das geht ja gaaar nicht Und umgekehrt.

Jörg Buckmann hat mich für sein Buch “Einstellungssache: Personalgewinnung mit Frechmut und Können” mal gefragt, was Frechmut für mich eigentlich ist. Ich habe im daraufhin ein Gleichnis aus dem Fußball genannt:

Wie sich der Linienrichter bei knappen Abseitsentscheidungen im Zweifel für den Stürmer entscheiden soll, entscheidet sich der frechmutige Personalmarketeer im Zweifel eher dafür, etwas zu bereuen, was er ausprobiert hat, als zu bereuen, etwas nicht ausprobiert zu haben . . .

Daher mein Fazit zu den Dicken Hupen und langen Schläuchen der Feuerwehr Dormagen:

Absolut politisch unkorrekt ;-), aber so überzeichnet, dass man´s auch merkt. Und da´s wirkt, alles richtig gemacht!

Also wenn man so will, Abseits riskiert, Tor geschossen, umstrittene Linienrichter-Entscheidung. Tor zählt.

Und jetzt Ihr!

4 Gedanken zu „Lange Schläuche und dicke Hupen – und der schmale Grat zwischen Gut und Böse im Personalmarketing

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