In regelmäßig-unregelmäßigem Abstand lassen wir im Recrutainment-Blog immer wieder externe Experten in Gastbeiträgen zu Wort kommen. Dieses mal freue ich mich sehr mit dem squeaker.net Gründer Stefan Menden einen alten Weggefährten – sozusagen schon aus Zeiten des Web 1.0 – für einen solchen Gastbeitrag präsentieren zu können. Das Thema könnte aktueller kaum sein: Die Bedeutung von Social Media für das Employer Branding – gesehen und beurteilt aus Sicht der Zielgruppe. Ein Plädoyer für die authentische Kommunikation…
Viel Spaß bei der Lektüre… Stefan, deine Bühne!
Zeitlich nicht weit von der Gründung von CYQUEST entfernt habe ich damals im Jahr 2000 das Karriere-Netzwerk squeaker.net erfunden. Damals nannte man das „Community“ – heute sind wir wohl ein Social Network – spezialisiert auf Karrierethemen für ambitionierte junge Talente. Dem ganzen Social Media Recruiting Hype der letzten 12 Monate stand ich daher immer etwas unbeeindruckt gegenüber. Zwar glaube ich, dass ein spannender und wichtiger Wandel zu neuen Mustern des Medienkonsums im vollen Gange ist – allerdings sind viele der Dinge die heute propagiert werden gar nicht so brandneu und Social Media kein alleiniger Allheilsbringer für Arbeitgebermarken. Naja, und dann bin ich bis vor kurzem trotz meiner persönlichen Überzeugung zu dem Nutzen von Social Media davon ausgegangen, dass hierzulande – also im deutschsprachigen Raum – der gemeine Bewerber von heimischen Konzernen reichlich mit hausgemachten Medienmarken befüttert wird, die gerne auch mal die Angst vor vermeintlich übermächtigen amerikanischen Datenkraken schüren. Vor diesem Hintergrund „plagten“ mich drei Fragen:
1) Nutzen karriereorientierte Studenten Social Media Plattformen wirklich zur Information über Arbeitgeber?
2) Welche Plattformen nutzen sie und welche halten sie für ihre Karrierepläne für nützlich?
3) Welche Inhalte erwarten sie insbesondere auf Social Media Plattformen?
Zusammen mit Manuel Koelman von Talential.com und der studentischen Unternehmensberatung Oscar habe ich zur Vorbereitung eines Workshops, den wir beim „World Business Dialogue“ in Köln gehalten hatten, eine Umfrage hierzu durchgeführt. 409 Teilnehmer, davon rund 75% Studenten, haben mitgemacht (Danke an Jo für den RT). Genug, um angereichert mit den Ergebnissen des Workshops, an dem neben Studenten der internationalen Top-Hochschulen auch Personalentscheider von DAX-Konzernen, Unternehmensberatungen und dem Mittelstand teilgenommen haben, erste vorläufige Ergebnisse zur weiteren Diskussion zu veröffentlichen. Einen Überblick (und Kritik) habe ich im Ambitionierte Karriere Blog bereits zusammenfassend vorgestellt. An dieser Stelle möchte ich meine eingehenden Fragen mit den Lesern des Recrutainment-Blogs diskutieren:
Welche Social Media Plattformen Studenten nutzen – und welche nützlich sind
Wir haben die Teilnehmer der Umfrage gefragt, welche Social Networks sie benutzen, bei welchen Sie schonmal Arbeitgeberinformationen wahrgenommen haben und bei welchen sie diese für nützlich empfunden haben. Die folgenden Ergebnisse zeigen die Verteilung der Antworten für Studenten. Meine Top-5 Erkenntnisse hierzu:
- nur 1% – ein verschwindend geringer Anteil – benutzt kein Social Network. Dies bestätigt deren vermutet hohe Verbreitung.
- Facebook ist auf Platz 1 – da rund 75% der Umfrageteilnehmer aus Deutschland kamen, ein klares Statement, dass StudiVZ offenbar überholt wurde. Vor einem Jahr sah das noch ganz anders aus.
- Twitter ist mit fast 30% einer der meistgenutzten Social Media Kanäle. Für mich ein überraschend hoher Wert bei den tendenziell non-Techie, nicht-amerikanischen Teilnehmern der Umfrage.
Noch interessanter wird das ganze, wenn man schaut, auf welchen Seiten Arbeitgeberinformationen von den Nutzern der jeweiligen Netzwerke wahrgenommen werden:
- Insgesamt liegen bei fast allen Netzwerken die Werte über 50%. Man kann unterstellen, dass Facebook bei einem gleich hohen Wert wie das Business Netzwerk XING (75%) zunehmend neben Fun-Aspekten auch professionelle Networking und Business-Funktionen wahrnimmt.
- Bei der wahrgenommenen Nützlichkeit von Arbeitgeberinformationen (z.B. Facebook Fanpages) liegen die Werte für die meisten Netzwerke um die 50% aller Nutzer. Für mich ein ermutigend hoher Wert, ich hätte einen niedrigeren erwartet. Man erkennt deutlich, welche Social Networks eine klarere Fun-Positionierung haben, nämlich StudiVZ und MySpace.
- Das spezialisierte Karriere-Netzwerk squeaker.net schneidet hier erwartungsgemäß gut ab. 92% der Nutzer von squeaker.net nehmen Arbeitgeberinformationen wahr, 95% von ihnen halten sie für nützlich (88% aller Nutzer). Hier zahlt sich die Nischen-Strategie aus: Zwar ist squeaker.net vergleichsweise klein, aber die Zielgruppenrelevanz und Wirksamkeit der Employer Branding Informationen sind unvergleichbar größer. Ich würde ähnliche Ergebnisse für andere themenspezifische Social Networks in ihrem jeweiligen Themenbereich erwarten.
Welche Inhalte über Arbeitgeber auf Social Networks erwartet werden
Meine Hypothese bei dieser Frage war: Bewerber erwarten sachliche Firmeninformationen und Stellenanzeigen auf den Karriereseiten des Unternehmens und Insider-Berichte, Meinungen und Mitarbeiterportraits tendenziell eher in dem authentischen Umfeld eines Social Networks. Die Ergebnisse bestätigen diese Hypothese teilweise:
- Studenten suchen auf Social Networks eindeutig nach Insider-Informationen, Einblicke in die Unternehmenskultur und Gehaltsinformationen. Dies sind die Themen, die karriereorientierte Social Networks wie squeaker.net durch Foren, Erfahrungsberichte und authentische Unternehmensportraits bieten können.
- Dennoch erwarten Studenten vor allem auch Stellenanzeigen, klassische Firmeninformationen und News. Könnte dies ein Vorbote sein, dass sich die Karriereseite auf der Unternehmenshomepage zunehmend über syndizierte Inhalte in Social Networks verlagert? Der Trend von „Pull“-Inhalten zu „Push“ ist im vollen Gange. Einige der Diskussionen aus dem Workshop scheinen diese Hypothese zu belegen. Hier müsste durch genauere Fragestellung nochmal weiter nachgeforscht werden.
Die vorliegenden Ergebnisse sind nur vorläufig, statistisch teilweise angreifbar und nicht repräsentativ. Dennoch geben sie interessante Denkanstöße und Einblicke. Die Umfrage ist weiterhin online, wir freuen uns über weitere Teilnehmer. Bei entsprechendem Interesse werden wir gemeinsam mit der studentischen Unternehmensberatung Oscar an dem Thema weiterarbeiten.
Für den im Juni anstehenden squeaker.net Relaunch bestätigen die Ergebnisse unsere Hypothesen, dass vernetzte und offene Plattformen sowie ein authentisches und qualitatives Umfeld für Nutzer und Arbeitgeber ein Win-Win sind.
Alle Studienergebnisse (und ein erster Preview auf die neue squeaker.net-Seite) finden sich in dieser Präsentation: