Employee Branding – Mitarbeiter als Botschafter für das eigene Unternehmen

Die große Bedeutung des Themas „Employer Branding“ wird inzwischen vor dem Hintergrund wachsenden Fachkräftemangels von der großen Mehrheit der Unternehmen erkannt. Dass jedoch das Arbeitgeberimage nicht nur Ergebnis des aktiven, unternehmensseitigen Kommunikationsverhaltens ist, sondern zunehmend Web 2.0 Errungenschaften wie Social Media gewichtige Einflussfaktoren darstellen, lassen viele Arbeitgeber bisher unberücksichtigt.

Die für das Unternehmen scheinbar unkontrollierbare private Meinungskommunikation von Bewerbern, Mitarbeitern oder Ehemaligen über Arbeitgeberbewertungsplattformen, soziale Netzwerke, Blogs oder Twitter wird von außen als authentisch und echt wahrgenommen und wirkt auf das Arbeitgeberimage in nicht zu unterschätzender Weise. Einer Studie der Fachhochschule Nordhausen und der Milch & Zucker AG zufolge bewerten knapp 70% der befragten Arbeitnehmer unternehmensbezogene Infos von von Privatpersonen im Vergleich zu Unternehmensaussagen als glaubwürdiger. Auch die große Mehrheit der Unternehmen selbst ist sich der Authentizität steigernden Wirkung der Einbindung der Mitarbeiter in die Unternehmenskommunikation bewusst, sieht aber gleichzeitig in Social Media häufig vor allem die Gefahr des Kontrollverlustes.

Otto-GroupEine langfristig erfolgversprechende Employer Branding Strategie muss sich von diesen Bedenken lösen und das Thema „Employee Branding“ als Chance im Aufbau einer starken und attraktiven Arbeitgebermarke begreifen. Dabei gilt es, in erster Linie die Mitarbeiter in den Fokus der Marketingaktivitäten zu rücken und Maßnahmen umzusetzen, die die Mitarbeiter für das Unternehmen begeistern und Identifikationspotenzial  bergen. Neben einer Vielzahl an Ansatzpunkten zur Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit und damit indirekten Einflussnahme auf die Meinungskommunikation der Arbeitnehmer ist eine offizielle Beteiligung der Mitarbeiter an der Unternehmenskommunikation eine zielgerichtete Employer Branding Maßnahme: Mitarbeiter erfahren Aufmerksamkeit und Wertschätzung durch ihren Arbeitgeber, indem sie z.B. als Repräsentanten des Unternehmens im Sinne von Testimonials der Personalmarketingkampagnen in den Mittelpunkt rücken. Durch den offiziellen Auftrag an die Mitarbeiter, sich in Form von z.B. Blogs über ihren Arbeitgeber zu äußern, entsteht in der Außenwahrnehmung ein glaubwürdigeres Arbeitgeberbild. Denn die Gefahr des Kontrollverlustes und der offiziellen wie inoffiziellen Negativkommunikation werden wesentlich dadurch gesenkt, dass Mitarbeitern durch den offiziellen Blogging-Auftrag Vertrauen signalisiert wird.

Zu den Arbeitgebern, die diese oder ähnliche Maßnahmen vorbildlich umgesetzt haben, gehören z.B. Bosch (Traineeblogs) oder die Otto Group, die ihre Mitarbeiter als Testimonials in die Personalmarketingkampagnen mit eingebunden hat.

BertelsmannWeitere Beispiele sind die Applikation „discover Bertelsmann“, ein virtueller Unternehmensrundgang mit Mitarbeitern als Testimonials, den CYQUEST für Bertelsmann realisiert hat, oder etwa das SelfAssessment „C!You“, in dem reale Mitarbeiter des Personalamtes der Stadt Hamburg Einblicke in die Ausbildung im öffentlichen Dienst geben. Diese Liste ließe sich weiter fortsetzen: Die spielerischen SelfAssessments “…ich und meine Zukunft” der DAK, “Probier dich aus.” der Commerzbank oder “CyPRESS” von Gruner+Jahr” oder auch die internetbasierte Berufsorientierung des Hamburger Mittelständlers Biesterfeld zeugen von dieser Entwicklung.

dak_ich_und_meine_zukunft_begrusung_klein.thumbnailVielleicht sind ja doch schon viele Unternehmen über die Bedenken des Kontrollverlusts hinweg…? In diesem Zusammenhang immer wieder lesenswert: Der Blog www.employee-branding.de von Carsten Franke (Milch & Zucker).

2 Gedanken zu „Employee Branding – Mitarbeiter als Botschafter für das eigene Unternehmen

  1. Zu diesem Artikel fallen mir einige Anmerkungen ein.

    Der Hype um Neue Medien sowie Mitarbeiter-Testionials sollte nicht den Blick auf die eigentlichen Erfolgsfaktoren des Employer Brandings verstellen. Der Aufbau einer Arbeitgebermarke findet in wesentlich komplexeren Zusammenhängen statt als die meisten Artikel, Blogeinträge oder Tweets der letzten Monate vermuten lassen.

    Ich halte es für an der Zeit, dass die Fachdebatte wieder um die substanzielleren Themen kreist und den Unternehmen Orientierung darüber schenkt, was im Employer Branding wirklich wichtig ist, was Pflicht und was Kür, was wirklich wie wirksam ist.

    Das ist in letzter Zeit kaum passiert. Während über die diversen Kanäle und Medien debattiert wird, ständig ein neuer Trend durchs Dorf gejagt wird, sich viele für ihre innovativen neuen E-Tools stolz gegenseitig auf die Schulter klopfen und sogar Preise dafür verleihen, und immer mehr in diesen Chor einstimmen, um ihre im Online-Bereich angelegten Dienstleistungen zu promoten (durchaus legitim), haben die wenigsten Arbeitgeber ihre Hausaufgaben gemacht.

    Wer keine klare Positionierungsbotschaft hat, braucht sich keine Gedanken machen, in welches eAssesment, ob er in Twitter oder Facebook investiert. All diese Investments werden nur auf Sand gebaut. Sie sind kommunikations-, aber nicht markenwirksam.

    Eine aktuelle Analyse der Deutschen Employer Branding Akademie von etwa 250 Personalanzeigen aus dem Frühjahr 2009 zeigt, dass gerade die Unternehmen, die sich gerne damit schmücken, in den neusten Medien und dem Web 2.0 unterwegs zu sein, eher generisch auftreten. Da werden Hunderttausende verschwendet. Wenn der Recruitingboom wieder losgeht, schnell Millionen. (Die Studie wird bis Jahresende veröffentlicht – Interessenten können sich bei DEBA vormerken lassen.)

    Schönes Beispiel: Einer der großen internationalen Marktfürer unter den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mit über 140.000 Mitarbeitern sagte jüngst auf Nachfrage, sie würden sich als Arbeitgeber über “Teaming” und “Lust auf beste Ergebnisse” positionieren. Und diese Firma investiert flächendeckend in ganzseitige Imageanzeigen und feuert auch im Social Web ganz stolz und innovativ auf allen Kanälen. Da bleibt einem die Sprache weg.

    Nun zu den beiden konkreten Punkten in dem Blogeintrag: Inwieweit die Neuen Medien ein interessanter Zusatzkanal für das Recruiting sein können, ist natürlich eine relevante Frage, die getrost mit “Ja” beantwortet werden kann. Es ist aber eine Randfrage der operativen Kommunikation.

    Trotz sinnvoller und innovativer Plattformen wie kununu wird das Arbeitgeberimage natürlich auch in Zukunft nicht maßgeblich im virtuellen Raum geschmiedet oder beeinflusst. Richtig ist: Positive Äußerungen, die Mitarbeiter im Social Web über ihren Arbeitgeber tätigen, sind nur durch eine gute Arbeitgeberqualität und ein intern konsistent erlebtes Arbeitgeberversprechen zu erlangen. Wer gut ist, braucht keinen Kontrollverlust zu fürchten. Insofern eine wunderbare Sache.

    Allerdings keine für das Arbeitgeberimage wirklich relevante. Die im Fachkräftemangel meist gesuchten Zielgruppen nutzen diese Medien ohnehin nur eingeschränkt, wenn überhaupt. Insbesondere Führungskräfte. Selbst wenn ein Arbeitgeber also signifikant schlechte Bewertungen im Netz kassiert, sollte ihm das zwar zu denken geben, er muss aber nicht den Zusammenbruch seiner Employer Reputation fürchten. Die wird nach wie vor über die klassischen Informationskanäle geprägt und rezipiert. Der Haupt-Einflussfaktor auf das Arbeitgeberimage ist immer noch die Corporate Reputation. Negativschlagzeilen wie der Krümmel-Vorfall bei Vattenfall, Skandale in Vorstandsetagen, unternehmerische Misserfolge, unethisches Verhalten usw. haben den größten Einfluss auf das Arbeitgeberimage. Und werden es – ebenso wie positive –immer haben.

    Übrigens: Aufgabe des Employer Brandings ist es nicht, in vielen Kanälen präsent zu sein, sondern auf Basis einer glaubwürdigen und differenzierenden Arbeitgeberpositionierung in verschiedenen intelligent und budgetoptimal gewählten internen und externen Kanälen/Plattformen/Erlebnissen ein gewünschtes Vorstellungsbild vom und ein gerichtetes Gefühl für den Arbeitgeber zu erzeugen. Ein konturiertes Bild in Bewusstsein und Gefühl der Bezugsgruppen – erst dann ist ein Arbeitgeber zur Marke geworden. Und erst dann wird er als Arbeitgeber über eine eigene Markenintegrität verfügen, die zumindest tendenziell so viel Eigengewicht und Stabilität hat, dass sie ein kleiner Fels in der Brandung auch in Zeiten negativer Corporate Reputation sein kann.

    Leider ist dieses Ziel bei fast keinem größeren Unternehmen, vor allem nicht bei Unternehmen in Streubesitz, erreicht. Die zitierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist keine Ausnahme. Sicher ist das schwierig, und das ist meiner Vermutung nach auch der Grund, dass viele Employer Branding Verantwortliche sich lieber auf die Kanäle stürzen und dort Innovationssporen verdienen wollen. Dieses Finetuning am optimalen Recruiting ist eine gute Sache, dem Ziel Arbeitgebermarke kommen die Unternehmen dadurch aber nicht näher. Dabei ist das möglich, auch in großen, internationalen und hochkomplexen Unternehmen. Das Top-Management und die gesamte Organisation danken es meistens. Ich habe das vielfach erlebt. Auch dass in Deutschland gestartete Arbeitgeberpositionierungs-Projekte eine solche Dynamik annehmen, dass sie in die globalen Headquarters hineinwachsen.

    Eine belegbare, richtig gute Nachricht: Deutsche Arbeitgeber sind in der Entwicklung von markenaufbautauglichen Arbeitgeberpositionierungen Vorreiter, deutsche Projekte häufig Vorbild und Pilot für ihre internationalen Dachorganisationen.

    Auf das Thema Mitarbeiter-Testimonials möchte ich auch kurz eingehen: Liebe Arbeitgeber – hört auf, Eure Mitarbeiter auf Euren Karrierewebsites, in Euren Broschüren und auf Euren Anzeigen lächeln zu lassen. Das ist nicht glaubwürdiger als ein Imagetext ohne Zitatstriche. Offizielle Arbeitgeber-Blogs sind das ebenso wenig – auch hier werden kritische Bewerber annehmen, dass Kontrolle ausgeübt wird. Richtig: Alle Studien zeigen, dass Mitarbeiter die vertrauenswürdigste Quelle über einen Arbeitgeber sind. Aber nur, wenn sie im privaten Raum oder überraschend Zeugnis ablegen – ohne den Ruch, dass das offiziell missbraucht wird.

    “Employee Branding” klingt zwar gut, ist aus Markensicht aber unfundiert und zudem markensprachlich falsch. Es geht nicht darum, seine Mitarbeiter zu “branden”. Es geht um die alte Frage, wie ich Mitarbeiter dazu bringe, da draußen positiv über mich als Unternehmen und als Arbeitgeber zu sprechen. Dazu muss ich keinen Blog und auch kein Testimonial-Movie kaufen – ich muss dafür meine Leute wertschätzend und mit Respekt behandeln, eine Vertrauens- und Verantwortungskultur etablieren, berechenbar führen und transparent sein. Dann erntet man intrinsisch motivierte, begeisterte Mitarbeiter, die liebend gerne empfehlen und dafür nicht mal eine Prämie wollen.

    Die letzte Hürde: Selbst bei ausgezeichneten Arbeitgebern wissen die Leute manchmal nicht, wie sie beschreiben können, was sie dort so attraktiv finden. Schönes Beispiel: Ein Top-Arbeitgeber mit überdurchschnittlich begeisterten Mitarbeitern. Die TALEO-Daten zeigten, dass sehr viele Erstkontakte über Empfehlungen zustande kommen – jedoch waren die Einstellungsquoten dieser Empfehlungen geringer als bei den regulären Kanälen wie Stellenanzeigen. Erstaunliche Erkenntnis: Weder hat der Arbeitgeber je reflektiert, was ihn so einzigartig und attraktiv macht, noch konnten seine Mitarbeiter das überzeugend formulieren. Sie wussten auch nicht einzuschätzen, wer kulturell und persönlich in das Unternehmen passt. Klarer Fall von Top-Arbeitgeberqualität und besonderer Unternehmenskultur – aber fehlender Arbeitgeberpositionierung. Das hat das Unternehmen – ein internationaler Konzern mit über 40.000 Mitarbeitern – dann geändert.

    Zum Abschluss ein Plädoyer: Weniger E, mehr P. Weniger elektronische Tools, mehr persönlicher Draht. Weniger Bewerbungsmanagement, mehr Bewerbermanagement. Weniger Blabla, mehr Aha. Und: Content matters more than Channels. Hört auf, zu “branden”, was das Zeug hält – fangt an, eine “Brand” aufzubauen. Macht Eure strategischen Hausaufgaben – erst dann werden sich die viel größeren operativen Investments rentieren, egal ob in Twitter oder im guten alten SZ-Stellenmarkt. Die „Hidden Champions“ haben das längst verstanden und hängen die Großen und Bekannten häufig ab.

    Darum: Herzliche Grüße an alle, die nicht nur Employer Branding betreiben, sondern Arbeitgebermarke werden wollen. Lasst uns das Thema weiter fundieren und nach vorne bringen.

    Wolf Reiner Kriegler
    twitter: reiner_kriegler
    XING: https://www.xing.com/profile/Reiner_Kriegler

  2. erfrischender Kommentar, wenn die sozialen Medien kommerzialisiert werden, verlieren sie die ihnen zugeschriebene Wirkung. Wichtiger Hinweis, der zu Recht betont wird: am Innen arbeiten, und dann die Mitarbeiter als Botschafter wirken lassen, weniger durch Steuerung, mehr durch Erlauben. Gute Mitarbeiterbefragungsergebnisse könnte man dann kritischen Bewertungen auf kununu entgegenstellen.

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