Arbeitsmarkt in Deutschland insgesamt stabil bis leicht positiv. Vor allem bei Großunternehmen. Der Manpower Arbeitsmarktreport

Man kann es ja nicht anders sagen: Gefühlt befindet sich die Welt ganz schon in Aufruhr. Konflikte, geostrategische Verwerfungen und kriegerische Auseinandersetzungen allerorten mit inzwischen sehr direkten und auch in Deutschland sichtbaren Folgen, siehe Flüchtlingskrise.

Es ist dabei – auch wiederum gefühlt – irgendwie erstaunlich, wie robust sich die deutsche Wirtschaft insgesamt so zeigt und vor allem auch, wie stabil bzw. positiv sich der deutsche Arbeitsmarkt entwickelt.

Im Februar waren laut Bundesagentur in Deutschland 2,91 Millionen Menschen als arbeitslos gemeldet. Das bedeutete nicht nur einen Rückgang der Quote gegenüber dem Vorjahres-Februar um 0,3 Prozentpunkte auf 6,6%, sondern auch einen Rückgang gegenüber dem Januar um mehr als 9000 Arbeitslose.

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Blickt man auf die Entwicklung der letzten zehn Jahre (und die waren inkl. einer saftige Weltwirtschafts- und Finanzkrise ja nicht gerade harmonisch) ist dieser Trend klar. Und auch wenn der Osten immer noch hinterherhinkt, die Arbeitslosigkeit hat sich auch dort in zehn Jahren nahezu halbiert und hat in 2015 etwa das westdeutsche Niveau aus dem Jahr 2006 erreicht.

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Mein Eindruck: Das Schreckgespenst “Arbeitslosigkeit”, das soweit ich mich zurückerinnern kann (da hieß der Bundeskanzler noch Helmut Schmidt…) das dominierende gesellschaftliche Problem war, verliert immer mehr an Schrecken. Ob uns jetzt ein flächendeckender Fachkräftemangel bzw. blutiger War for Talent droht oder nicht, vermag ich nicht zu sagen, aber eines ist klar: DAS dominierende gesellschaftliche Problem ist Arbeitslosigkeit nicht mehr. Vielleicht sind dann auf den ersten Blick so kurios anmutende Fundstücke wie die folgende Meldung aus dem Stormarner Tageblatt in naher Zukunft gar nicht mehr abwegig… ;-)

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Egal.  Wie Leser des Recrutainment Blogs wissen, halte ich mit meiner Meinung nicht unbedingt hinterm Berg. Aber – das ist zumindest mein Anspruch – ich versuche diese Meinung immer möglichst mit einem soliden Fundament an Fakten und Empirie untermauern.

Von daher habe ich zu der oben eingeleiteten Thematik der aktuellen Arbeitsmarktentwicklung nicht nur einen Blick in das aktuelle Arbeitsmarktbarometer von Manpower geworfen (dazu ganz unten am Ende des Artikels auch noch ein kleines Video und eine schöne Infografik als Zusammenfassung), sondern zudem Stephan Rathgeber, bei Manpower für Kommunikation zuständig, gebeten, uns zu erläutern, welche Branchen denn in Bezug auf ihre Arbeitsmarktperspektiven möglicherweise besonders – sowohl positiv (Handel) wie negativ (Logistik) – sind.

Stephan, deine Bühne…

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Top-Branche: Durchstarten im Groß- und Einzelhandel

Das Arbeitsmarktbarometer der ManpowerGroup schlägt in einer Branche gerade kräftig aus: Die größten Jobchancen gibt es im Handel. Hier wollen besonders viele Firmen in den kommenden drei Monaten neue Mitarbeiter einstellen.

Dieser Trend ist nicht neu. Schon jetzt arbeiten in Deutschland allein im Einzelhandel etwa drei Millionen Menschen. Im vergangenen Jahr hat die Zahl der dort Beschäftigten sogar noch um 62.000 Festanstellungen zugenommen. Grund genug also, sich anzuschauen, wie man in dieser Branche Fuß fasst.

Klar ist: Der Handel bietet vielfältige und abwechslungsreiche Jobs. Allein der Einzelhandel umfasst eine breite Palette, von der kleinen Modeboutique bis zum Supermarkt. Dazu kommt der Großhandel. Hier wird Milch vom Bauern oder Obst vom Großhändler für Supermärkte eingekauft. Restaurant-Besitzer versorgen sich auf dem Großmarkt mit Fleisch, Fisch, Gewürzen und anderen Waren für ihr Tagesgeschäft.

Egal aber, welche Tätigkeit Sie im Groß- und Einzelhandel anstreben, es gibt eine zentrale Voraussetzung: Spaß am Umgang mit Menschen. Denn es geht beim Verkaufen immer darum, einen Kunden zu beraten, zu bedienen oder zu informieren. Im Idealfall findet man heraus, was jemand wirklich benötigt und hilft ihm dann dabei, das richtige Produkt zu finden. Wer menschenscheu ist und nicht gerne redet, ist als Kassierer, Mode-Verkäufer oder Vertriebsmitarbeiter an der falschen Adresse.

Wie komme ich da rein?

Sie finden das Verkaufen richtig spannend? Gehen Sie gern mit Menschen um? Dann nichts wie los. Es gibt viele verschiedene Berufe im Handel. Der Einzelhandel bietet mehr als 30 verschiedene duale Ausbildungen an. Bei der Auswahl ist es sinnvoll, sich auf den Produktbereich zu konzentrieren, für den man sich interessierst. Egal ob Backwaren oder Kosmetik. Hat man einen Bereich gefunden, kannst man eine Ausbildung zum Fachverkäufer machen.

Eine Möglichkeit ist ein Beruf, der in Stellenanzeigen oft mit Begriffen wie „Metzgereifachverkäufer“ betitelt wird. Gemeint ist eine Ausbildung zum Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk. Diese dreijährige Lehre gibt es beispielsweise mit Schwerpunkt Bäckerei oder Fleischerei. Voraussetzung dafür ist ein Hauptschulabschluss – und natürlich wie immer die Freude am Umgang mit Menschen.

Hilfreich ist es auch, wenn Sie sorgfältig und verantwortungsbewusst sind. Denn gerade bei Lebensmitteln ist beispielsweise hygienisches Arbeiten wichtig. Sie sollten natürlich auch die Kassenabrechnung und Kundenwünsche ganz genau nehmen.

Was muss ich wissen?

Der Vorteil vieler Tätigkeiten im Handel liegt darin, Kommunikationsstärke und Kreativität ausleben zu können. Sie machen den Einkauf zum Erlebnis, empfehlen und erklären. Oft können Sie auch mitgestalten, die Produkte dekorieren und präsentieren. Zudem erwarten Sie gute Aufstiegsmöglichkeiten. Sie können Abteilungsleiter oder Filialleiter werden. Später dann auch für eine bestimmte Region zuständig sein.

Mit einer Weiterbildung können kaufmännische Aufgaben in der Zentrale übernehmen werden. Der Aufstieg ist deutlich leichter als in anderen Branchen. Laut einer Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg sind rund 80 Prozent der leitenden Stellen mit Mitarbeitern besetzt, deren Karriere mit einer Berufsausbildung begann. Das ist in anderen Branchen nicht so. Das Vorurteil, dass im Handel schlecht bezahlt werde, gilt für Führungspositionen nicht. Oft kommen sogar noch Prämien zum Fixgehalt dazu.

Ein Nachteil kann der Schichtdienst sein. Im Einzelhandel wird oft von Montag bis Samstag jeweils von acht bis 20 Uhr gearbeitet. Manche Geschäfte haben abends noch länger auf.

Den Spieß umdrehen

Zwar sind die meisten Handelsprofis Verkäufer. Sie können den Spieß aber auch umdrehen – und Einkäufer werden. Im Einzelhandel aber vor allem im Großhandel werden diese Profi-Händler gesucht. Dabei übernehmen Sie die Rolle des Kunden. Sie holen bei verschiedenen Produzenten Angebote ein und erzielen das Beste Ergebnis für Ihre Firma . Egal ob es sich um Kleidung oder Nahrungsmittel handelt. Doch auch hier hast du mit Menschen zu tun und Fähigkeiten wie Einfühlungsvermögen sind wichtig.

In der Regel brauchen Sie für diesen Job eine kaufmännische Ausbildung und zusätzlich meist eine Fortbildung beziehungsweise ein Studium im kaufmännischen Bereich. Die Aussichten für Einkäufer sind aber auf jeden Fall gut. Laut Branchenverband BME herrscht derzeit ein Mangel an Einkäufern.

Eher schwierig: Transport, Lagerung und Kommunikation – Qualifizierung sichert den Job

Ihr Traum ist ein Arbeitsplatz in der Logistik oder im Lager? Oder Sie sind bereits in der Branche aktiv? Dann lohnt sich jetzt ein zweiter Blick auf diesen Wirtschaftszweig. Denn das neue Arbeitsmarktbarometer der ManpowerGroup zeigt in diesem Bereich der Wirtschaft eher einen Trend nach unten. Das heißt: Die Bereitschaft, in den kommenden drei Monaten Leute einzustellen, ist im Bereich Transport, Lagerung und Kommunikation nicht besonders groß.

Das bedeutet allerdings nicht, dass jeder, der hier zu tun hat, fluchtartig seinen Arbeitsplatz wechseln sollte oder sich die Bewerbung sparen kann. Die Mehrheit der befragten Unternehmen wollen einfach derzeit nicht viele Mitarbeiter neu einstellen, 93 Prozent wollen ihren Personalbestand konstant halten. Und für gut ausgebildete Fachkräfte stehen die Chancen auch hier weiterhin gut.

Trotzdem kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich diese Branche im Wandel befindet. Ein Grund dafür sind neue Technologien und die Digitalisierung. Immer mehr Tätigkeiten werden von Robotern oder Computerprogrammen übernommen. Das betrifft zum Beispiel besonders LKW-Fahrer und Logistiker. Die Autohersteller entwickeln bereits autonom fahrende Laster. Die Trucks haben intelligente Systeme an Bord, die es dem Fahrer erlauben, bei voller Fahrt die Hände vom Steuer und die Füße vom Pedal zu nehmen. Irgendwann kommen sie ganz ohne Fahrer aus. Und statt Lageristen auf Gabelstaplern fahren Lagerroboter zwischen den Regalen umher. Amazon experimentiert sogar mit ferngesteuerten Drohnen für den Versand von Waren.

Aktuelle Studien gehen davon aus, dass in 20 Jahren fast die Hälfte der heutigen Arbeitsplätze in Deutschland durch Roboter ersetzt werden. Doch keine Panik! In absehbarer Zeit werden noch immer Menschen auch in dieser Branche gebraucht. Allerdings wandelt sich ihr Aufgabenfeld. Und auch Personaler achten bei Bewerbungen verstärkt auf weitere Fähigkeiten. Denn in vielen Firmen beginnt die Digitalisierung in der Logistik und dem Supply-Chain Management. Das heißt: Die Logistiker übernehmen eine Vorreiterrolle bei der digitalen Transformation der Unternehmen – und müssen künftig stärker mit der IT zusammenarbeiten. Logistik-Experten gehen im Schnitt davon aus, dass sich 47 Prozent aller Arbeitsplätze durch die Digitalisierung verändern werden.

Auf dem Stand der Zeit

Bei so viel Wandel ist es immer eine gute Idee, aktiv zu werden! Der wichtigste Hebel für einen zukunftssicheren Job ist eine gute Qualifizierung. 78 Prozent der Logistikexperten sagen, ihr Arbeitgeber müsse dringend die Mitarbeiter für die Digitalisierung fit machen. Der Lagerist der Zukunft muss eben nicht nur Gabelstapler fahren und zählen können, sondern auch einen Tablet-PC bedienen. Wenn Sie also bereits gute IT Kenntnisse mitbringen, haben Sie gute Chancen auf einen sicheren Job.

Und selbst wenn nicht: Einen Tablet-Computer zu bedienen ist für Sie Alltag? Sie haben keine Scheu vor moderner Technik? Dann sind die Grundvoraussetzungen bereits vorhanden. Weitere Fähigkeiten kann man sich beispielsweise in einer Schulung aneignen. Studien zeigen, dass vor allem Informatik, Fremdsprachen und strategische Planung in diesem Arbeitsfeld erheblich an Bedeutunggewinnen. Der Besitz rein technischer Kenntnisse wie z.B. Logistik-Technologien, wird immer unwichtiger.

Was sind meine Alternativen?

Wenn Sie in dieser Branche unterwegs sind, können Sie Ihre Chancen auch durch ein breiteres Wissen steigern. Als Lagerist bietet es sich beispielsweise an, die Weiterentwicklung zum Fachwirt zu machen. Diese Weiterbildung erfolgt sechs Monate in Vollzeit oder drei Jahre in Teilzeit. Dabei erwirbt man eine kaufmännische Qualifikation. So können Sie nicht nur im Lager selbst, sondern auch nebenbei im Einkauf oder generell in Bürotätigkeiten eingesetzt werden. So sind Sie flexibler einsetzbar und damit stärker gegen potenziellen Jobabbau geschützt.

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Stephan, ich danke dir!

Wer jetzt etwas tiefer in den Arbeitsmarktbarometer einsteigen will, der sollte sich mit folgenden weiterführenden Informationen befassen:

Manpower_Arbeitsmarktbarometer_Q216

Das aktuelle Arbeitsmarktbarometer kann hier heruntergeladen werden.

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