Es ist und bleibt ein schwieriges Terrain, wenn man über Generationen und deren Eigenarten und Vorstellungen spricht und schreibt.
Warum?
Weil man gezwungen ist in Stereotypen zu denken, die auf die große Zahl bezogen sicherlich oft einen wahren Kern haben, im Einzelfall aber naturgemäß immer irgendwie falsch liegen und dem Einzelnen Eigenschaften unterstellen, die dieser nicht hat. Der Betrachtung von Generationen geht es da nicht besser als der Analyse von Kulturen. Schließlich sind wir Deutsche alle pünktlich und essen Bratwurst, oder?
So ist es natürlich auch bei allen Betrachtungen, die man gegenwärtig so über die – über die – Generation Y findet. Immer irgendwie richtig, aber immer auch vereinfacht…
Gleichwohl ist es verständlicherweise für das Personalwesen von überragender Bedeutung, besser zu verstehen, was da für Menschen sukzessive in die Unternehmen kommen, was diese treibt und wie diese sich ihre Arbeitswelt von morgen so vorstellen. Denn auch wenn Henrik Zaborowski sicherlich recht hat, wenn er in seinem großartigen Einwurf „Glück schlägt Geld? Oder: Die Generation (Y), auf die niemand gewartet hat“ sagt, die – die – Generation Y möge sich doch bitte darauf einstellen, dass bis auf Weiteres immer noch andere – Babyboomer („die“ Babyboomer) und vor allem Generation X (auch wieder „die„) – die Regeln machen würden, so werden die Y- und Z´ler natürlich Einfluss darauf nehmen, wie wir arbeiten werden. Vielleicht nicht gleich heute Nachmittag im nächsten Vorstellungsgespräch, aber sicherlich über die nächsten 10-15 Jahre.
Vor diesem Hintergrund ist die Flut an Analysen und Betrachtungen über die nachwachsenden Generationen Y und Z (Ralf Tometschek fragte übrigens vor kurzem auf Twitter durchaus zu Recht, ob wir demnächst dann eigentlich wieder bei A anfangen müssen…) oft verwirrend, aber nichtsdestotrotz alternativlos…
Viel Aufmerksamkeit hat vor kurzem die Studie von embrace „Karriere trifft Sinn“ – unter Leitung von Gero Hesse und wissenschaftlicher Federführung von Christoph Beck – erfahren. Aus unserer Sicht durchaus zu Recht, zumal die Befragungsbasis mit mehr 3600 jungen Menschen aus der vielzitierten Generation Y sicherlich außergewöhnlich sein dürfte. Plus: Die Befragten stammten aus dem Mitgliederpool des Karriere-Netzwerks „Careerloft“. Careerloft ist sicherlich an sich verhältnismäßig premium positioniert, d.h. man hat es hier mit einer vorausgewählten Stichprobe zu tun, die naturgemäß einen überproportionalen Anteil an sagen wir mal „karriereaffinen“ Y´lern enthält. Will sagen: Finden sich selbst hier die vielzitierten und der GenY oft unterstellten Tendenzen in Richtung „Ethik schlägt Geld“, „Work-Life-Balance oder -Blend“ und „Sinn schlägt Profit“, dann wird da sicherlich was dran sein…
Die drei SINNdices der embrace Studie “Karriere trifft Sinn”
Zahlreiche Berichte (saatkorn, Personalmarketing Blog, Wirtschaftswoche) über die Studie “Karriere trifft Sinn” legten ihr Augenmerk insbesondere auf die Cluster-Analyse der Studie und die daraus neu entwickelten Studenten-Typologien, wie Alles-Anna oder Helfer-Hannes, die Gruppen mit jeweils ähnlichen Eigenschaften bezeichnen. Für das Personalmarketing können diese insbesondere dahingehend nützlich sein, passende Kandidaten auszumachen und für sich zu gewinnen.
Das Thema SINN wird in der Studie wahrhaftig GROß geschrieben. Auf der Suche nach Antworten auf die Frage, was sich für die Generation Y in Beruf und Karriere als Sinn ergibt respektive auf welche Weise die jungen Talente unterschiedliche Ziele priorisieren, wurden zudem drei sogenannte SINNdizes (Sinn+Index =SINNdex) ausgemacht. Diese zeigen auf einer Skala von 0 bis 100 Prozent, wie wichtig ein bestimmter Aspekt der Sinnhaftigkeit für die Generation Y in der Karriere ist.
Der SINNdex ICH tritt vor allem für das Ziel Selbstverwirklichung ein und wird von der jungen Generation am stärksten bevorzugt (89 % der 3.633 Befragten). Und zwar für Frauen und Männer nahezu gleich (Frauen: 90 % versus Männer: 88 %) und auch über alle Berufsgruppen/Studienrichtungen hinweg.
Der nächste SINNdex IHR gewinnt unter den Frauen etwas mehr Beachtung. Vielleicht nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass dieser Index dafür steht mit der eigenen Arbeit anderen Menschen zu helfen, sie zu begeistern und die Welt zu verändern. Der dritte und letzte SINNdex GELDwird dafür von dem männlichen Geschlecht etwas höher bewertet. Wie die Bezeichnung selbst verdeutlicht, steht hier das Ziel im Fokus mit der Arbeit viel Geld zu verdienen bzw. für seine Leistung materiell ausreichend belohnt zu werden.
Weiterhin interessant ist der Vergleich der SINNdizes nach unterschiedlichen Fachrichtungen. So sehen Wirtschaftswissenschaftler und Juristen einen höheren positiven Zusammenhang zwischen Geld und Sinn als Natur- und Geisteswissenschaftler, für die wiederum der SINNdex IHR eine höhere Rolle spielt.
Die drei SINNdizes der Studie veranschaulichen auf übersichtliche Weise die unterschiedlich priorisierten Ziele der Generation Y und geben für Unternehmen u. a wichtige Hinweise in Bezug auf die geforderte Unternehmenskultur und Stellenposition.
Darüber hinaus können Sie helfen, Personalmarketingmaßnahmen nach den Zielen der jeweiligen Zielgruppe auszurichten und auf diese Weise eine größere Anzahl von potentiellen Bewerbern anzusprechen. Ein intensiver Blick in die Ergebnisse der Studie ist daher definitiv SINNvoll.
Der Altersschnitt der Befragten lag übrigens bei 23 Jahren. Weitere Informationen zur Studie finden sich hier.
Übrigens: In eine ähnliche Richtung – nämlich der Generation Y über eine nach Funktionen und Bereichen differenzierten Betrachtung näher zu kommen – geht eine Analyse des Organisationsforschungsunternehmens Vocatus. Bei dieser auf insg. mehr als 5000 Datensätzen beruhenden Analyse zeigte sich nämlich etwa, dass der „Wertschätzung der erbrachten Leistung“ von GenY´lern, die in HR und IT arbeiten, eine relativ hohe Relevanz zugeschrieben wird, während deren Altersgenossen aus den Bereichen Beschaffung/Einkauf, Vertrieb oder Administration diese als relativ wenig relevant einstufen.
Stereotype helfen also oft, die komplexe Welt besser zu verstehen. Sie können aber eben auch zu stark vereinfachen und zuweilen den Blick auf wichtige Unterschiede und nötige Differenzierung verstellen…
Co-Autorin: Benita Flohr
6 Gedanken zu „Generation Y – ICH, GELD, dann IHR. Die SINNdizes der embrace Studie ´Karriere trifft Sinn´“