´Diversity ist kein Modethema!´ – Interview mit Detecon-Diversity Manager Heiko Schomberg

Wer gelegentlich mal beim Recrutainment Blog vorbeischaut, der weiß, dass das Thema Diversity hier seinen festen Stammplatz hat. Speziell in letzter Zeit tauchten Diversity-Themen in recht dichter Folge auf – nicht nur in Form des “Birkenfeld-Fundstücks“, das für Personalmarketing-Verhältnisse ja fast so eine kleine “Shit-Brise” ausgelöst hat, sondern auch durch den Beitrag meiner Frau im dmw-Blog mit dem Plädoyer für mehr Mut in Bezug auf die Vereinbarkeit von Kindern und Karriere.

Nun ist Work-Life-Balance oder die Vereinbarkeit von Kindern und Karriere nicht direkt ein Thema von Vielfalt. Da aber die faktisch damit einhergehenden Probleme (Aussetzen während der Kinderpause, Wiedereintritt in den Job, die Vereinbarkeit von Kinderbetreuung mit einem anspruchsvollen und ausfüllenden Job, Beschäftigungsmöglichkeiten in Teilzeit etc.) oftmals doch in erster Linie die Frauen treffen, kann man diese auch nicht losgelöst von Diversity sehen.

Dass sich an der Diversity-Front einiges bewegt, ist kaum zu leugnen. Zuletzt hatte der geschätzte Blogger-Kollege Lutz Altmann ja ein paar Beispiele – vor allem das adidas-Video “All in for Diversity” – in seinem Blog zusammengetragen. Aber allen positiven Ansätzen zum Trotz ist ja noch viel Strecke zu gehen.

Heiko_SchombergIch wollte daher mal wissen, wo das Thema Diversity denn bei den Unternehmen denn nun ungefähr so auf der Agenda steht und mich daher direkt an Heiko Schomberg gewandt, der sich seit kurzem in seiner Funktion als ´Diversity Manager´ bei dem weltweit tätigen Beratungsunternehmen Detecon genau diesen Fragen widmet. Und siehe da, Heiko stand mir spontan für ein Interview Rede und Antwort. Also Heiko, los geht´s!

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Hallo Heiko, du bist seit kurzem offiziell “Diversity Manager” bei Detecon. Was genau machst du in dieser Funktion?

Hallo Jo, das kann ich in Schlagworten beantworten! Zu meinen Kernaufgaben gehört: Überwachung und Forcierung der Diversity-Initiativen, die Vertretung der Detecon-Diversity-Ziele intern wie extern, die Identifikation und Analyse von Trends und Best Practices im Bereich Diversity. Ferner bin ich der zentrale Ansprechpartner für das Management und Kolleginnen und Kollegen in allen Fragen der Vielfalt. Ich berichte in dieser Rolle direkt an unseren CEO. Das zeigt, wie ernst das Thema bei uns genommen wird.

Ich frage mal ein wenig ketzerisch: Ist eine solche Funktion purer Zeitgeist – im Sinne von: sowas muss man als Unternehmen von Rang heutzutage haben. Hattet Ihr bei Detecon speziellen Handlungsbedarf oder ist dein Job Ausdruck der Erkenntnis, dass Diversity auch zu einem Wettbewerbsargument wird?

Diversity ist kein Modethema! Die Antwort ist also ein „sowohl als auch“! Auf der einen Seite gilt: Wer sich der Vielfalt verschließt, verschließt sich der Zukunft! Generell sind wir in Sachen Vielfalt als internationale Unternehmensberatung sehr, sehr gut aufgestellt. Wir haben aber auch die Herausforderung, dass wir auf einem bestimmten Karrierelevel zu viele hochqualifizierte Frauen verlieren. Das heißt: In Sachen Gender-Diversity gibt es noch Handlungsbedarf: Wir müssen den Beraterinnen auch nach der Elternzeit, die noch vor allem ein Frauenthema ist, Perspektiven innerhalb des Unternehmens aufzeigen. Eine Rückkehr in Teilzeit, das Kontakthalten durch die Führungskräfte während der Abwesenheit: Dies ist das zentrale Thema, dem ich mich mit großer Intensität widme. Und wir beide wissen, dass die Generation Y ganz anders mit den Themen umgeht, die wir hier erörtern. Da werden Väter, die eben nicht nur zwei Monate Elternzeit nehmen, sondern zwei Jahre Teilzeit arbeiten wollen, eher die Regel, denn die Ausnahme sein.

Mich – und damit wahrscheinlich auch die Leser des Recrutainment Blogs – interessiert ja immer besonders die Perspektive Employer Branding und Recruiting. Ist Diversity für dich auch ein mögliches Alleinstellungsmerkmal für die Arbeitgebermarke? Ich meine, immerhin heißt Diversity ja auch Vielfalt, es bietet sich doch geradezu an, sich darüber auch zu “unterscheiden”…

Wir sind sicher nicht die Einzigen, die wissen, dass es ohne Vielfalt nicht geht. Und Diversity ist kein „Alleinstellungsmerkmal“, auch nicht im Employer Branding. Diversity muss einfach in der DNA jedes erfolgreichen Unternehmens verankert sein! Damit meine ich, dass Diversity nicht die Kür ist, neben anderen Werten, die ein Unternehmen als Arbeitgebermarke attraktiv machen, sondern die Pflicht. Ich bin fast geneigt zu sagen: Eine Selbstverständlichkeit.

Bei meiner „Ernennung“ als Diversity Officer habe ich in einem internen Interview die Frage „Was möchten Sie in 12 Monaten über Detecon in puncto „Diversity“ sagen können?“ so beantwortet: „Dass der Diversity Officer überflüssig ist, weil „Diversity“ schon so weit in der Detecon-DNA verankert ist, dass wir meine Position nicht mehr benötigen.“

Vor ein paar Wochen habe ich mit meinem Fundstück – dem Anzeigenmotiv der KSK Birkenfeld – etwas unverhofft Wirbel losgetreten. Ich habe darin ganz bewusst mal ein bisschen überzeichnet und den Fall konstruiert, dass sich eine dunkelhäutige weibliche Bewerberin durch die Motivauswahl möglicherweise a) diskriminiert fühlen könnte und b) dies im Falle einer Ablehnung sogar arbeitsrechtlich als Indiz für mittelbare Diskriminierung iS. des AGG angeführt werden könnte. Mir wurde vorgehalten, dass man – sinngemäß – auch übertreiben könne (“Gefahr der Perversion“). Was meinst du dazu?

Uff, vermintes Feld! Also: Ich weiß, dass eine solch „interessante“ Anzeige bei der Detecon nicht möglich wäre. Und wenn man die Bildsprache der Anzeige dekonstruiert, dann könnte, ich sage könnte, man es so interpretieren, wie Du es tatest: Männliche Auszubildende stehen immer noch auf der Leiter der Wertschätzung über Frauen. Das war sicherlich nicht so intendiert, aber man kann es so lesen. Du hast natürlich bewusst überzeichnet, und ich habe den Blogbeitrag mit einem gewissen Amusement gelesen. Die These, dass sich diese Anzeige als „Beweismittel“ einer möglichen AGG-Klage ins Feld führen lässt, halte ich für kühn. Hast Du eigentlich mal mit der Kreissparkasse Birkenfeld besprochen, wie sie die Diskussion wahrnahmen? Das wäre doch ein schönes Interview für Deinen Blog? Aber Du stellst hier die Fragen…

Hattet Ihr – wenn du darüber sprechen kannst – schon AGG Fälle bei Euch im Unternehmen? Ist Diversity-Management am Ende sogar mehr als etwas “Gutes” im moralisch-ethischen Sinne, nämlich etwas, das ganz nüchtern kaufmännisch betrachtet, Risiken reduziert und Geld spart?

Wir hatten keine AGG-Fälle, die mir bekannt sind. Und unsere „People Manager“ und Line Manager – da kann ich mich weit aus dem Fenster lehnen – sind in Sachen AGG absolut parkettsicher. Es geht bei Diversity in der Detecon-Lesart also nicht um Risikominimierung oder Geldsparen, sondern ums Geldverdienen: Wir wollen den Pool von geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten jeglicher Couleur vergrößern und den Kolleginnen und Kollegen Wege aufzeigen, wie man Beruf und Familie – Kinder oder Elternpflege – in Einklang bringen kann, mit dem Lebenszyklus angepassten Arbeitszeitmodellen, dafür sensibilisierten Vorgesetzen etc..

Ich habe in dem konstruierten Fall der dunkelhäutigen weiblichen Bewerberin bei dem Birkenfeld-Beispiel bewusst ein wenig überzogen, um darauf hinzuweisen, dass auch die Bildsprache ein wichtiger und nicht zu unterschätzender Teil der Personalkommunikation ist. Man kann noch so viele Diversity-Statements und Leitbilder überall stehen haben, wenn man auf seiner Stellenanzeigen Männer oben auf die Leiter stellt, Frauen nach unten, dann ist es das Bild, das bleibt. Wie siehst du das? Arbeitet der Diversity Manager bei Detecon direkt auch mit der Personalkommunikation, dem Employer Branding zusammen? Achtet Ihr explizit auf so etwas?

Wir haben eine sehr, sehr gute inhäusige Corporate Communications-Abteilung, die, was unsere Bilderwelten angeht, den Puls der Zeit kennt, und auch ein sehr gutes Gespür dafür hat, was ankommt und was nicht ankommt. Darüber mache ich mir keine Sorgen. Hier hat man ein Fingerspitzengefühl für „Diversity“, auch in der Bildsprache, so dass ich mich entspannt zurücklehnen kann. Gottseidank!

Heiko, man könnte noch stundenlang das Thema Diversity diskutieren. Wir werden bei der Recruiting2014 hoffentlich ein wenig Gelegenheit dazu haben. Wer weiß – vielleicht machen wir im nächsten Jahr ein Schwerpunktthema der Tagung daraus… Ich danke dir herzlich für das Interview!

Interview: Jo Diercks

4 Gedanken zu „´Diversity ist kein Modethema!´ – Interview mit Detecon-Diversity Manager Heiko Schomberg

  1. Interessantes Interview! Das Themengebiet hat tatsächlich an Fahrt aufgenommen und umso besser finde ich die Reaktion vonseiten Detecon, Herrn Schomberg mit ins Boot zu nehmen. Bin neugierig, was sich in Zukunft in dem Bereich noch tun wird.
    Danke

    VG
    H. Krämer

  2. Super interessantes Interview! Vor dem Hintergrund des Demographischen Wandels und dem drohenden Fachkräftemangels wird dieses Thema definitiv an Fahrt aufnehmen!

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