Serious Game “Energetika” liefert wertvolle Anregungen für das Arbeitgebermarketing

Im Kontext des Themas Serious Games sind wir auf eine interessante Präsentation von Christoph Weidner von der MultiMediaManufaktur gestoßen, in der auf das nicht weniger interessante Energiespiel „Energetika“ verwiesen wird.

Christoph Weidner beleuchtet hier die Bedeutung von Serious Games für den Bereich Recruiting und bringt den nicht selten im Personalmarketing vernachlässigten Faktor „Emotionalität“ aufs Tablett: „Das Gehirn speichert die Informationen immer zusammen mit den Emotionen. […] deswegen vergessen wir immer die binomischen Formeln, aber niemals unseren ersten Kuss.“ (Gerhard Roth, Professor für Verhaltensphysiologie). Darüber hinaus liefert er weitere interessante Argumente für das Medium Game: Laut Weidner bzw. seiner recherchierten Quelle BIU/GFK sind 28% der Deutschen über alle Bildungsschichten hinweg regelmäßige Spieler. Das Durchschnittsalter der Spieler ist 31. Die Online- und Gamingzeiten steigen bei gleichzeitig sinkendem TV-Konsum.

Serious Games als Instrumente des Arbeitgebermarketings? Neben der Emotionalisierung sprechen einige weitere Gesichtspunkte dafür:

  • Das hohe Involvement der Spieler durch die aktive Rolle und die intensive Auseinandersetzung mit den Themen und Aufgaben des Arbeitgebers, die die Selbsteinschätzung in Bezug auf die eigene Passung fördern.
  • Die Bildsprache: Den Spielern werden im Vorfeld einer etwaigen Bewerbung konkrete Einblicke gewährt.
  • Das virale Potenzial.
  • Die direkte Erfolgsmessbarkeit und damit auch der Controllingaspekt.

Diese und viele weitere Gründe legen nahe, sich mit Serious Games als mögliche Intrumente zur Profilschärfung und Einflussnahme auf den imagebildenden Prozess intensiver zu befassen.

Ein interessantes und wie ich finde sehr gelungenes Beispiel für ein Serious Game ist das vom Bundesministerium für Forschung und Entwicklung in Auftrag gegebene Energiespiel „Energetika“, das dem Spieler zur Aufgabe macht, die Energielandschaft des Traumlandes „Energetika“ umzubauen und den idealen Energiestaat zu schaffen. Zwar handelt es sich hierbei nicht um ein Serious Game im Recruitingkontext, sondern vielmehr um ein „Lernspiel“, das Schülern das Thema „nachhaltige Energieversorgung“ näherbringt. Nichtsdestotrotz kann es meiner Meinung nach auch als Best Practice Beispiel für Unternehmen dienen, das interessante Impulse und Anregungen für Personalmarketing und Recruiting liefert. Immerhin hat es den Deutschen Computerspielpreis 2011 in der Kategorie „Best Serious Game“ gewonnen, was eine nähere Betrachtung allemal rechtfertigt.

Zur Story: Ein junger Typ besucht die Klimakonferenz 2010 in Kopenhagen und schläft dann gleich beim ersten Vortrag ein. Aber es lohnt sich, denn er betritt das Traumland „Energetika“, in dem ihm bzw. dem Spieler auferlegt wird, die komplette Energielandschaft umzubauen, um bis 2050 den idealen Energiestaat geschaffen zu haben. Punkte können dabei in den Kategorien Ökologie, Ökonomie und Soziales erspielt werden, die gleichermaßen im Auge zu behalten und deren Zusammenhänge bei der Abschaltung, Pausierung oder dem Neubau von Kraftwerken zu berücksichtigen sind.

Spielziel ist, die richtigen Technologien bzw. den idealen Kraftwerksmix zur Stromerzeugung auf der Insel „Energetika“ aufzubauen. Neben der Betrachtung von zum Beispiel den Umweltbelastungen, die die Kraftwerke verursachen, sind die Kosten der Erzeugung und der Zusammenhang zur Strompreisentwicklung im Blick zu behalten. Auch sind die Standortfrage beim KW-Bau sowie die gesellschaftlichen Interessen und die Akzeptanz der Technologien in der Bevölkerung zu berücksichtigen, um im Spiel erfolgreich zu sein. Zur Seite stehen ein erfahrenes Forscherteam, eine Vielzahl von Informationen und Statistiken zu den unterschiedlichen Kraftwerkstypen sowie Daten und Fakten zur Stromversorgung und -preisentwicklung.

„Energetika“ ist ein komplexes Lern- und vor allem Strategiespiel und „nicht mal eben so gespielt“. Im Gegenteil: Eine Anleitung gibt es quasi nicht, man muss sich (oder ich mich jedenfalls) mit den einzelnen Spielbestandteilen beim ersten Durchlauf erst einmal intensiver beschäftigen, um die Navigationsebenen und Aufgaben nachzuvollziehen. Dann aber bringt Energetika Spaß und macht Lust auf mehr. Die Motivation zum Weiterspielen resultiert aus dem Spielcharakter an sich bzw. das in Aussicht gestellte Spielziel und typische Spielelemente wie Restriktionen, Incentives und Zufallsvariablen. Inhaltlich vermittelt es ein Gefühl für Größen und Zahlen, die Komplexität und Interessengruppen des Energiemarktes und die Zusammenhänge zwischen Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft.

Die Gestaltung ist für mein Empfinden sehr gelungen. Sie ist zielgruppengerecht und modern, die Ansprache durch die Erzählerin ist angemessen. Im Spiel gibt es einiges zu entdecken, überall bewegt und dreht sich was, Schornsteine qualmen, die Musik tut ihr übriges.

Insgesamt also eine tolle Applikation, die den Computerpreis meines Erachtens durchaus verdient hat und wertvolle Anregungen für das Personalmarketing liefern kann!

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