Interessen als wichtiges Kriterium bei der Berufswahl – Das RIASEC Modell nach John L. Holland

Dass junge Menschen möglichst in die für sie “richtigen” Berufe finden, ist sowohl für Unternehmen, für Hochschulen als auch gesamtgesellschaftlich ein wichtiges Ziel. Je knapper das Potential an verfügbarem Nachwuchs ist, um so weniger können wir es uns leisten, dass die Ausbildung im dritten Lehrjahr abgebrochen oder das Studium nach vier Semestern geschmissen wird. Aber wie findet man den richtigen Beruf oder Studienplatz? Wann “passt” es denn?

Neben fachlichen Anforderungen, deren Erfüllung natürlich ein wichtiges Kriterium ist, spielt die Übereinstimmung persönlicher Interessen mit den individuellen Begebenheiten des Job- oder Studienprofils eine entscheidende Rolle.

Nach dem amerikanischen Psychologen John L. Holland gibt es (in westlichen Kulturkreisen) sechs allgemeine persönlichkeitsbasierte Interessensorientierungen. Holland hat diese im sog. “RIASEC-Modell” zusammen gefasst:

  • “Realistische” (R) Typen lassen sich grob wie folgt charakterisieren: practical, physical, hands-on, tool-oriented. Sie bevorzugen tendenziell Tätigkeiten, die Kraft, Koordination und Handgeschicklichkeit erfordern und zu konkreten, sichtbaren Ergebnissen führen, insbesondere im mechanischen, technischen, landwirtschaftlichen Bereich.
  • “Intellektuelle” (I) Typen lassen sich grob wie folgt beschreiben: analytical, intellectual, scientific, explorative. Sie bevorzugen Aktivitäten, bei denen die Bewältigung von Aufgaben oder Problemen durch Denken, systematische Beobachtung oder Forschung erforderlich ist. Sie weisen Fähigkeiten und Fertigkeiten vor allem im mathematischen und naturwissenschaftlichen Bereich auf.
  • “Künstlerische” (A) Typen lassen sich wie folgt beschreiben: creative, original, independent, chaotic. Sie bevorzugen offene, unstrukturierte Aktivitäten, die eine sprachliche oder künstlerische Selbstdarstellung oder die Schaffung kreativer Produkte ermöglichen, insbesondere im Bereich Sprache, Kunst Musik und Schauspiel.
  • “Soziale” (S) Typen sind grob gesagt: cooperative, supporting, helping, healing/nurturing. Sie suchen Tätigkeiten, bei denen sie sich mit anderen in Form von Unterricht, Lehren, Ausbilden, Versorgen oder Pflegen befassen können. Ihre Stärken liegen im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen.
  • “Unternehmerische” (E) Typen sind typischerweise: competitive environments, leadership, persuading. Sie bevorzugen Tätigkeiten und Situationen, bei denen sie andere mit Hilfe der Sprache oder anderer Mittel beeinflussen, zu etwas bringen, führen, auch manipulieren können. Ihre Stärken bilden Führungs- und Überzeugungsqualität.
  • “Konventionelle” (C) Typen schließlich lassen sich etwa wie folgt charakterisieren: detail-oriented, organizing, clerical. Sie bevorzugen Tätigkeiten, bei denen der strukturierte regelhafte Umgang mit Daten im Vordergrund steht, insbesondere ordnend-verwaltende Tätigkeiten. Ihre Stärken liegen im Bereich rechnerischer und geschäftlicher Fähigkeiten.

Holland_HexagonDiese sechs Orientierungen stehen zueinander in einer hexagonalen Beziehung. Bei jeder Person sind alle sechs Interessen in unterschiedlich starker Ausprägung vorhanden. Berufe sowie Studiengänge lassen sich ebenfalls nach diesen Interessenkategorien kodieren (den sog. Holland-Codes). Je größer die Übereinstimmung zwischen persönlichen Interessen und Interessencode des Berufsbilds oder Studiengangs, desto größer die potentielle “Passung”.

4 Gedanken zu „Interessen als wichtiges Kriterium bei der Berufswahl – Das RIASEC Modell nach John L. Holland

  1. Spannen. Insbesondere das immer wieder aufgekochte, aber nie durch Belege untermauerte Märchen, dass “Unternehmerisch” denkende Menschen besser für Führungsaufgaben geeignet seien. Und dass, obwohl sie ja Konkurrenz bevorzugen und gerne manipulieren.

  2. Hallo,

    ich bin gerade am Lernen für meine erste Klausur in der Uni und habe mich sehr über den ausführlichen Beitrag gefreut.

    Liebe Grüße,
    Philip

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