Ontologisches Matching: whatchado verkündet strategische Zusammenarbeit mit Janzz. Aber was genau macht denn Janzz eigentlich?

Im Grunde genommen dreht sich im Recrutainment Blog alles um die Frage, wie A (Arbeitgeber) und B (Arbeitnehmer) möglichst gut zueinander finden. Und mit “gut” ist hierbei gemeint “möglichst gut passend”. Das kann durch die Hinzunahme von eignungsdiagnostischen Test sein – also dem Thema, mit dem wir bei CYQUEST unser Geld verdienen -, das umfasst aber auch alles, was sich um “gutes” (also die Passgenauigkeit erhöhendes) Personalmarketing dreht.

Will sagen: Hier dreht sich im Endeffekt alles irgendwie um den “Fit”, oder um das Megabuzzword zu bemühen, um “Matching“.

Hierzu hatte ich am Jahresanfang eine Artikelreihe gestartet, die nicht nur dem Zweck dient, sukzessive einige der zahlreichen Startups vorzustellen, die aktuell die HR-Szene wachküssen bereichern, sondern auch dem Thema Matching so etwas wie eine definitorische Struktur zu geben: Was ist alles Matching? Welche Formen des Matchings lassen sich unterscheiden? usw.

In diesem Kontext ist etwa auch der Gastartikel “Matcher als neue Facette des E-Recruitings: Implikationen für die Candidate Experience” zu sehen, den Prof. Lars Jansen, Leiter des Masterstudiengangs „Wirtschaftspsychologie Leadership & Management“ an der SRH Fernhochschule, hierzu im Juli im Recrutainment Blog veröffentlichte.

Ich sehe aktuell drei Stoßrichtungen, entlang derer sich das Thema Matching entwickelt:

  • auf Basis eignungsdiagnostischer Befunde,
  • auf Basis von “Kennenlernen und Einblicken”

und

  • auf Basis von Big Data bzw. big data-basierten semantischen und ontologischen Algorithmen

Arten_von_Matching

Vor ein paar Wochen hatte ich mich ja schon mit Sandra Petschar von Textkernel hierzu unterhalten und auch heute soll es um den drittgenannten Bereich gehen: Das für viele Personaler immer noch etwas mysteriöse Matching auf Basis von – ja man kann es so nennen – künstlicher Intelligenz… Es geht um sog. Ontologien

Ein sehr spannender Anbieter in diesem Bereich ist das Schweizer Unternehmen Janzz. Ich hatte bereits im Frühjahr Gelegenheit, mich im Rahmen eines Skypecalls sehr intensiv mit Janzz-CEO Stefan Winzenried auszutauschen. Seitdem steht eine Vorstellung von Janzz auf meiner Agenda.

Als nun vor ein paar Wochen offiziell wurde, dass whatchado eine strategische Kooperation mit Janzz geschlossen hat, dachte ich mir, dass doch nun spätestens das ein wunderbarer Anlass ist, einmal vorzustellen, was Janzz eigentlich macht…

Dazu hole ich ein wenig aus…

Damit A (Kandidat) und B (Unternehmen) zusammenfinden können, braucht es entweder Glück oder es bedarf gewisser Marktplätze, wo sich Angebot und Nachfrage treffen können. Früher war das die FAZ am Samstag, später waren es dann die zahllosen Jobboards im Web. Deren Problem ist aber zunehmend, dass dort so viele Jobs stehen, dass man sich diese als Nutzer natürlich unmöglich alle ansehen kann, um zu entscheiden, welcher denn für einen in Frage kommt. Je mehr Angebot, desto mehr “Noise”. Es bedarf zunehmend guter Such- und Filtermechanismen, um darin das Passende, das “Signal” zu finden.

Ein erster Aufschlag ist dabei eine Art Kategorisierung und Suchfunktionen auf Basis von Keywords. Das Problem mit Keywords: Diese sind statisch und vorgegeben.

Ein einfaches Beispiel: Wenn eine Stellenanzeige für einen Job als Tischler mit dem Keyword “Tischler” versehen ist, dann findet man diesen eben auch nur unter dem Suchbegriff “Tischler”. Was ist aber, wenn der Suchende unter den Schlagwort “Schreiner” nach einem neuen Job sucht? Genau: Er findet das “Signal” nicht.

Das ist jetzt natürlich ein sehr einfaches Beispiel, aber wenn man sich einmal überlegt, wie viele mehr oder weniger synonyme Begriffe es allein für Geschäftsführer gibt (Geschäftsleiter, CEO, Managing Director, Generaldirektor usw. usf.), wird deutlich, dass es hier eines Systems bedarf, das diese Synonymität oder zumindest Verwandtschaft (er)kennt.

Überlegt mal, in wie vielen Berufsbezeichnungen heutzutage der Begriff “Manager” auftaucht. Ich habe mal nach einem “Manager”-Job bei Stepstone gesucht und das ganze auf mein Postleitzahlengebiet +10 km Radius begrenzt. Und? Genau, natürlich helfen einem die gefundenen 2108 Jobangebote genau Null weiter…

Manager_Stepstone

Man braucht also im Prinzip so etwas wie ein lernendes System, das Zusammenhänge, Beziehungen und Verwandtschaften von Begriffen erkennt, die beispielsweise beurteilen können, dass “Tischler” und “Schreiner” im Prinzip das gleiche ist, aber möglicherweise regional unterschiedlich häufig verwendet wird. Man braucht eine Art

Thesaurus für Keywords…

Und genau hier kommen sog. Ontologien ins Spiel.

Ontologien in der Informatik sind meist sprachlich gefasste und formal geordnete Darstellungen einer Menge von Begrifflichkeiten und der zwischen ihnen bestehenden Beziehungen in einem bestimmten Gegenstandsbereich.

Soweit die offizielle Definition, wie man sie auf Wikipedia findet. Und Wikipedia liefert dann auch gleich eine Grafik mit, die das ein wenig präzisiert:

ontologien

Auf unseren Fall übertragen heißt dass, dass viele verschiedene Begriffe wie Jobbezeichnungen und Skills so miteinander verknüpft werden, dass deren Beziehungen zueinander abgebildet werden. Das Ganze datenbankbasiert und vor allem lernend.

Es liegt auf der Hand, dass die Komplexität solcher Ontologien für Jobmatching-Zwecke beträchtlich ist, insbesondere dann wenn das auch noch über verschiedene Sprachen hinweg passen und funktionieren soll.

Und genau solche Ontologien entwickelt Janzz.

Der Semantic Matching Engine (“Janzz.sme”) liegen unheimlich große Ontologien zugrunde, die über Jahre mittels sog. Onotologieeditoren aufgebaut wurden und denen buchstäblich von Menschen das Denken beigebracht wurde. Diese Engine erkennt verschiedene Begrifflichkeiten über verschiedene Sprachen hinweg und gleicht verschiedenste Ausbildungen miteinander ab.

Wenn also – das Beispiel erzählte whatchado CEO Jubin Honarfar zur allgemeinen Erheiterung auf der HR-Edge im September – ein Unternehmen einen “Wildlife Operator” sucht und sich wundert, dass sich auf diese Stelle keine passenden Kandidaten bewerben, dann war hier im Hintergrund offenbar keine Ontologie am Werk, die erkennt, dass es sich bei einem “Wildlife Operator” schlicht um einen “Förster” handelt.

Das könnte am Ende dann auch die Logik hinter der Zusammenarbeit von whatchado und Janzz sein. Der Erfolg von whatchado – Stand heute finden sich exakt 4247 Videos auf der Plattform – dürfte nämlich sukzessive auch zu einem Problem der Plattform werden. Denn viele Video und Lebensgeschichten sind toller Content, aber nur dann für den Nutzer hilfreich, wenn er möglichst zielgenau auch zu den für ihn bestpassenden gelangt, also in zunehmendem “Noise” auch das “Signal” findet. Hier könnte es durchaus sein, dass über kurz oder lang das bestehende Matching, welches letztlich momentan vor allem auf Ähnlichkeit bei den Antworten auf die 14 Fragen des whatchado-Matching-Fragebogens basiert, nicht mehr ausreicht.

whatchado_Matching

Algorithmen, die hier Passung erkennen, obwohl diese sich möglicherweise nicht so vordergründig zeigt, können hier sicherlich perspektivisch sehr hilfreich sein…

3 Gedanken zu „Ontologisches Matching: whatchado verkündet strategische Zusammenarbeit mit Janzz. Aber was genau macht denn Janzz eigentlich?

  1. Hallo Jo,

    super (aktueller) Artikel, der das Thema Matching von einer oft vernachlässigten Perspektive betrachtet.

    Für mich stellt sich die Frage, wie zukünftige Berufe, für die es derzeit weder Bezeichnungen, Definitionen oder konkrete “Ausbildungspläne” gibt, “gematcht” und ontologisch erfasst werden können?

    Natürlich gibt es Nähe und Schlagworte zu ähnlichen Berufen, Positionen. Aber die Herausforderung sehe ich darin, dass Jobsuchende vllt. Interessen und Qualifikationen aufweisen, die passend wären, jedoch keinerlei Kenntnis von diesen Berufen/Jobs haben.

    Beste Grüße,
    Jakob

  2. Hallo Jakob

    Eine Anmerkung in eigener Sache. Genau das schafft eben unsere Ontologie, da nicht einfach nur die Berufsbezeichnung gematched wird. Wir denken schon lange nicht mehr in “Jobmachting” sondern Job- und Skillsmatching. So kann man diese Problematik perfekt verhindern werden.

    Ebenso können User wie auch Unternehmen so spezifisch nach einem gewünschten Skill suchen, dass ermöglicht z.B. Projektteams lediglich auf Grund der benötigten Fähigkeiten zusammenzustellen, kann aber auch zur Gap-Analyse benutzt werden oder zur Eruierung der Fähigkeiten der eigenen Mitarbeitenden (zumindest wenn diese klassifiziert sind).

    Es spielen also, wenn gewünscht mehr Faktoren als einfach nur die Berufsbezeichnung eine Rolle. Immer aber vom User selbst definiert.

    Liebe Grüsse
    Jonas

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