Wetfeet.com – Irgendwo zwischen Karriere-Consulting und den Armen eines Datenkraken

Über eine Facebook-ad bin ich vor Kurzem auf wetfeet.com aufmerksam geworden. Dort hieß es „Personalized, Insider Answers that help you get your dream job“. Das hörte sich ja erst einmal toll an – Grund genug für meine Kollegin Lisa und mich, uns ein wenig umzusehen.

wetfeet Umfrage

Nanu… was ist das? Wir sollen an einer Umfrage teilnehmen und als Benefit finden wir heraus, was für eine Art Jobsucher wir sind. Na das hört sich doch spannend an – nach SelfAssessment… Also schnell „Germany“ auswählen und ab geht die Post. Solange kann diese Umfrage bestimmt nicht dauern… leider weit gefehlt. Nach gut 10 Minuten ist die Luft raus und wir beginnen, teilweise Fragen einfach zu überspringen. Dies ist glücklicherweise möglich, da keines der Items verpflichtend beantwortet werden muss.

Die Umfrage beginnt, überraschenderweise auf Deutsch, mit ein paar personenbezogenen, demographischen Fragen. Welchen Ausbildungsabschluss streben Sie an? In welchem Jahr erwarten Sie Ihren Abschluss? Danach sollen aus einer leider nicht alphabetisch sortierten Liste all die Unternehmen ausgewählt werden, die man interessant findet. Sollte man dann kein Unternehmen ausschließen wollen, klickt man sich (in der leider nicht alphabetisch sortierten Liste) die Finger wund, um von Aldi bis Zalando alle Kästchen angewählt zu haben. In einem Infofeld wird zuvor noch herausgestellt, dass die Auswahl der dargestellten Firmen auf intensiven Recherchen beruht und die aktivsten Unternehmen im jeweiligen Land angeführt werden. Angeblich kann kein Unternehmen selbst beeinflussen in dieser Liste vorzukommen. Wir behalten im Kopf, dass wir herausfinden wollen, was für ein Jobsucher wir sind und klicken uns deshalb brav weiter durch die Umfrage.

Weiterhin stößt man auf Fragen, anhand derer man sein eigenes Interesse an den (vorher ausgewählten) Unternehmen weiter beschreiben kann/soll:

  • Ob man sich dort schon einmal beworben hat
  • Welche Eigenschaften man den jeweiligen Unternehmen zuschreibt und welche einem davon besonders wichtig sind (Themen sind dabei z.B. Unternehmenskultur, Image, Arbeitscharakteristika, Vergütung & Aufstiegschancen usw.)

Aus der gleichen langen Liste, die wir zuvor schon einmal gesehen haben, müssen wir dann noch einmal die Arbeitgeber auswählen, die wir nicht kennen. Nach und nach wird dann noch auf das persönliche Interesse an verschiedenen Branchen, das gewünschte Einstiegsgehalt und Karriereziele eingegangen. Weiterhin wird gefragt, wie man über die zuvor ausgewählten Favoritenunternehmen erfahren hat.

Nach einer gefühlten Ewigkeit ist es dann soweit, die letzte Frage wird beantwortet und wir können zu unserem Jobsucher-Profil gelangen. Dies ist allerdings erst durch Angeben unserer Emailadresse möglich. Ziemlich gemein dies hinterher zu erfahren. Jemand, der seine Mailadresse lieber nicht angeben möchte, hat zu diesem Zeitpunkt schon schöne Daten hinterlassen und kommt dann am Ende nicht einmal zum Ziel.

wetfeet Jobsucher-Profil

Wer nun dachte, dass das Jobsucher-Profil, wie die gestellten Fragen auch, auf Deutsch ist, muss sich eines Besseren belehren lassen. Alle Antworten und Informationstexte sowie die Navigation sind dann wieder auf Englisch.

wetfeet Professional Profile

Das Profil besteht aus 5 Menüpunkten. Professional Profile, University Experience, Career, First job und Suggestions.

In Bezug auf das „Professional Profile“ sind wir also Harmonizer, eher introvertiert, aber angeblich deutlich stärker als andere, was Teamarbeit angeht. Da fragt sich die Psychologin Lisa neben mir, wo denn die Persönlichkeitstest-Items versteckt waren, anhand derer man diese Aussage treffen könnte. Die einzige Frage, die möglicherweise im Zusammenhang damit stand, bezog sich auf unsere Einschätzungen in Bezug auf unsere Karriereziele, wo wir per Multiple Choice z.B. eher den Fokus auf Work-Life-Balance, eine internationale Karriere, Ausleben unserer Ideen  etc. legen konnten. Insofern steht dieses Feedback u.E. testdiagnostisch auf sehr wackeligen Füßen.

Klickt man sich nun weiter durch die einzelnen Menüpunkte, kann man seine eigenen Antworten mit den Antworten seiner Peergroup vergleichen. Man kann wählen zwischen Leuten der eigenen Universität, desselben Geschlechts und ähnlicher Studiengänge. Ob sich letzteres nur auf Deutschland oder weltweit bezieht, ist nicht ersichtlich und weiterhin ist leider auch nicht klar, wie groß die Vergleichsgruppe überhaupt ist! Was am Ende natürlich schon wichtige Punkte darstellen, um die eigenen Angaben zu vergleichen.

wetfeet First Job

Die Herleitung der Vergleichsdaten ist entsprechend völlig intransparent und alles andere als selbsterklärend. Genauso verhält sich das auch mit dem letzten Menüpunkt: Suggestions.

wetfeet Suggestions

Hier werden (immerhin deutsche) Arbeitgeber vorgeschlagen. Diese Auswahl basiert wieder auf Zahlen und Daten, die hier nicht weiter beziffert oder betitelt werden. Es heißt lediglich, dass Studenten, die ähnliche Antworten wie wir gegeben haben, folgende Unternehmen interessant finden oder gefunden haben. Geht es hier um die Leute, die genauso viel Geld nach dem Abschluss verdienen wollen, das gleiche studiert haben, das gleiche Geschlecht haben oder eine Mischung aus allen Punkten? Wir wissen es nicht.

Am Ende sind wir uns einig: Wir sind scheinbar Opfer eines gigantischen Datenkrakens geworden. Diese Vermutung wird auch noch einmal durch einen Blick in die Registrierungs-Mail bestärkt. Dort heißt es, dass man bei 10 geworbenen Freunden, die an der Umfrage teilnehmen einen 10€ Amazon-Gutschein bekommt, bei 20 geworbenen Freunden 20€ und bei 50 sogar einen iPod Shuffle. Wir fühlen uns fast wie im Kinofilm Kampf der Titanen:


(Wer Liam Neeson und sein treues Haustier nicht sehen kann, möge bitte einmal F5 drücken…)

Die Umfrage ist aber ja nur ein Teil der Seite und scheint in diesen Tagen auch zu Ende zu gehen, so ist die deutsche, österreichische und schweizer Variante nicht mehr aufrufbar. Wir wollen uns also weiter mit unserem Profil auf wetfeet.com beschäftigen, immerhin haben wir ja unsere Emailadresse eingegeben, somit sollten wir ja nun einen Account haben, oder etwa nicht?!

Leider nein – zur Nutzung der eigentlichen Seite wetfeet.com muss man sich noch einmal registrieren. Und die beiden Profile kann man auch nicht verlinken.

Erstellt man sich nun also noch einen Account für wetfeet.com, kann man sich dort wiederum über Unternehmen informieren, diesen Fragen stellen, an weiteren Umfragen teilnehmen und kostenlose Artikel sowie kostenpflichtige „Insider-Guides“ zum Thema Karriere-Consulting lesen.

Es wird also ziemlich deutlich, dass das eigentliche wetfeet.com-Portal komplett losgelöst von der Umfrage dasteht, und somit fast ein wenig mager wirkt. Wir sind der Meinung, dass man mit den Daten aus der Umfrage einige interessante Aspekte der Peergroups auch in das eigene Profil der wetfeet.com Seite hätte einfließen lassen können.

Beispielsweise indem im Jobsucher-Profil auch direkt zu den Informationen zu den einzelnen vorgeschlagenen Unternehmen (die ja zumindest für viele der amerikanischen Unternehmen vorliegen) verlinkt wird und, dass das eigene Jobsucher-Profil über den wetfeet.com Account wieder aufgerufen werden kann.

Fazit:
Mit wetfeet.com existiert ein nettes Portal, welches (hauptsächlich amerikanischen) Studenten Hilfestellungen zum Berufseinstieg bietet. Die davorgeschaltete Umfrage gaukelt einem aber eher vor, viel über sich selbst herausfinden zu können, kann dieses Versprechen jedoch nur mehr schlecht als recht einlösen.

Wer sich nun für wetfeet.com interessiert, oder sich in die Gewässer des Datenkraken (Umfrage) wagen möchte, kann dies hier tun.

Ein Gedanke zu „Wetfeet.com – Irgendwo zwischen Karriere-Consulting und den Armen eines Datenkraken

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