“Karriereoption Startup”. Interview mit Janka Schmeißer von Startupcareer / i-potentials

Man, die Zeit rennt. 1999 haben wir CYQUEST gegründet und als typisches Dot-Com Startup eine sagen wir mal doch recht atemberaubende Achterbahnfahrt erlebt, vor allem in den ersten Jahren: Steil rauf, steil runter und dann wieder rauf, nur nicht so steil… Naja, wir werden demnächst 13 Jahre alt, immerhin fünf Jahre älter als Facebook. Just “gestartet” sind wir also nicht gerade. Trotzdem fühlen wir uns noch ein bißchen so und versuchen uns auch einiges an “Startup” zu bewahren. Und auch die Erinnerungen an die wilde “New Economy” ist durchaus noch sehr wach. Blickt man auf die aktuellen Entwicklungen, nicht zuletzt sicherlich auch befeuert durch den anstehenden IPO von besagtem Facebook, erkennt man ja auch vieles wieder. Anderes wiederum scheint völlig anders. Grund genug  für mich einmal das Gespräch mit “Startupcareer” zu suchen, der Website von i-potentials, die sich explizit dem Thema “Karriereoption Startup” widmet. Das Interview habe ich mit Janka Schmeißer geführt. Ab geht er…

Hallo Janka,
Ihr betreibt Eure Seite unter dem Namen „startupcareer“. Was genau sind Eure Themen?

Mit Startupcareer wollen wir Leute für Karrieren in Internetunternehmen und Startups begeistern und vor allem Studenten und Absolventen andere Optionen aufzeigen als die „klassische“ Karriere in Konzernen, Unternehmensberatungen usw. Und weil das mit praktischen Einblicken am besten geht, stellen wir sowohl Unternehmen als auch Menschen und ihre Aufgaben in der Internetwirtschaft vor, haben jede Menge Tipps für die Online Karriere  und bloggen zu Arbeitsmarktentwicklungen und Trends, mitten aus der Berliner Startupszene.

Ich kann mich selber noch ganz gut erinnern, als ich mich 1999 mehr oder weniger frisch von der Uni kommend mit CYQUEST selbständig gemacht habe. Was hat sich seitdem verändert? Wie stellt sich die Gründerszene heute dar?

Ich selbst bin zu jung, um die Unterschiede zwischen 1999 (da habe ich gerade mein Auslandsschuljahr in Brasilien verbracht) und heute detailliert beschreiben zu können. Grundsätzlich glaube ich aber, dass in der jetzigen zweiten Internet-Gründungswelle nachhaltigere Netzwerke – virtuell und ganz real – bestehen. Das Internet ist heute sehr viel „normaler“, was dazu führt, dass Gründungen in diesem Bereich häufiger sind, sich Gründungsideen vervielfachen und vor allem mehr Potential ausgeschöpft wird, einfach weil Internet heute für wesentlich mehr Menschen ein unentbehrlicher Bestandteil ihres Lebens ist.

Was zeichnet denn einen „Gründer“ eigentlich aus? Aus welchem Holz muss jemand geschnitzt sein, um hier erfolgreich zu sein?

Ich habe kürzlich ein Interview mit Gunter Dueck geführt, der mir auf diese Frage eine sehr schlichte, aber extrem überzeugende Antwort gegeben hat: Gründer müssen begeistern können, sie müssen aus ihrer Idee eine Story machen können, die Menschen mitreißt. Sonst gelingt es ihnen weder, Mitstreiter an Board zu holen, noch Kunden zu gewinnen oder Investoren zu überzeugen. Und auch wenn das irgendwie banal klingt, unterschätzen viele Gründungswillige diese notwendige Fähigkeit. Menschen mitreißen können ist schlicht nicht jedem gegeben.

Natürlich sollte ein Gründer noch ein paar mehr Sachen mitbringen. Eine gewisse Liebe zum Risiko halte ich zum Beispiel für relativ wichtig bzw. die Fähigkeit, trotz vieler Ungewissheiten entscheiden und arbeiten zu können. Und gerade für die Anfangsphase muss ein Gründer in der Lage sein, viele verschiedene Funktionen auf einmal zu übernehmen; dafür braucht es vor allem einen offenen Geist, Analytik und Urteilsvermögen.

Nun, es muss ja nicht jeder selber Gründer sein. Auch die Mitarbeit in einem Startup kann ja eine sehr interessante berufliche Perspektive bieten: „Karriereoption Startup“. Worauf lässt man sich da ein? Was heißt es, in einem Startup „Career“ zu machen?

Karriere im Startup zu machen, heißt in vielen Fällen, die gar nicht planen zu können. Keine Branche ist so offen für Quereinsteiger wie die heutige Startup-Welt, einfach weil es (immer noch) keine Ausbildungen und Studiengänge für viele Tätigkeitsfelder gibt und weil die Szene weiterhin boomt und hungrig nach Arbeitskräften ist. Natürlich gibt es in Internetstartups auch bestimmte Funktionsbereiche, angefangen beim Online Marketing über Product Management und IT bis hin zu Finance&Controlling und den Führungspositionen. Wie ausdifferenziert diese Bereiche sind, hängt vor allem an der Unternehmensphase – je größer das Unternehmen, desto kleinteiliger sind die Funktionen und Prozesse in der Regel.

Es schadet nichts, sich Gedanken darüber zu machen, in welchen dieser Bereiche man passen könnte und was man an Fähigkeiten dafür mitbringt, in vielen Startups gilt aber nach wie vor: Du gestaltest Deine Karriere selbst mit und kannst eine Menge „on the job“ lernen.

Was macht Startups als Arbeitgeber attraktiv? Und für wen ist das nichts?

Für mich ist es vor allem diese Offenheit, die Startups attraktiv macht: Dadurch, dass es für viele Geschäftsmodelle schlicht keine Vorlage in der Old Economy gibt, ist der Gestaltungsspielraum für jeden Einzelnen sehr groß. Das heißt gleichzeitig, dass die Lernkurve für Mitarbeiter extrem steil ist und vieles einfach durch Trial and Error gelernt werden muss. Diese große Freiheit muss man mögen und verkraften können. Wer feste Strukturen braucht, eine feststehende Karriereleiter will und immer konkret wissen muss, welche Aufgaben nächste Woche auf ihn warten, ist im Startup definitiv nicht richtig. Ein wichtiger Faktor ist auch das Thema Gehalt und Status: Wem viel Geld ein Bedürfnis ist und wer das Renommée eines großen Firmennamens braucht, wird sich im Startup auch nicht wohlfühlen. Was er dort bekommt, ist die Zugkraft einer Geschäftsidee und den Luxus, die Ergebnisse der eigenen Arbeit sehen zu können.

Wir haben – Stichwort New Economy – damals gedacht, wir könnten die (Business-)Welt aus den Angeln heben. Meinst du, die heutige Generation Y ist von ihrem Mindset besser für eine Karriere in Startups oder jungen Unternehmen geeignet? Ich meine z.B. das Arbeiten in mehr oder weniger losen Netzwerken, der fließende Übergang von Arbeit und Privatem etc.

Grundsätzlich denke ich schon, dass die Generation, die gerade auf den Arbeitsmarkt strömt, andere Präferenzen hat als ihre Vorgänger und dass diese Präferenzen – Projektarbeit, mehr Eigenverantwortung, kollaboratives Arbeiten, Work-Life-Integration – eher in Startups zu finden sind. Ich glaube auch, dass sich dieser Trend immer weiter verstärken wird. Ich bin allerdings vorsichtig damit, ganze Generationen über einen Kamm zu scheren. Ich kann mir bestens vorstellen, dass es weiterhin „Digital Natives“ geben wird, die lieber im Konzern arbeiten wollen. Ganz einfach weil das eigene Verständnis von Arbeit nie nur ein Produkt des Zeitgeistes ist, sondern immer auch ein Ausdruck persönlicher Bedürfnisse und Vorlieben. Meine Hoffnung ist, dass Digital Natives generell einen Wandel der Arbeitswelt vorantreiben werden, durch ihre „digitale Prägung“, die eben Netzwerkdenken, Transparenz, Partnerschaftlichkeit in Umfelder bringt, die davon bisher ganz und gar nicht geprägt waren.

Wir sind zwar selber eigentlich kein Startup mehr, aber wir versuchen nach wie vor, uns viel von dem Spirit zu bewahren. Was meinst du, heißt „Startup“ für dich „kürzlich gegründet“ oder steckt da mehr dahinter, eher im Sinne einer Geisteshaltung?

Für mich persönlich ist „Startup“ tatsächlich eine Geisteshaltung bzw. eine gewisse Art der Unternehmenskultur. Für mich sind bestimmte Internet-Riesen zum Beispiel keine Startups, auch wenn sie erst zwei oder drei Jahre alt sind. Für mich bedeutet „Startup“ eine gewisse Offenheit in den Organisationsstrukturen und der Unternehmensführung, die sich vor allem an den Menschen orientieren. Und das meine ich intern wie extern: Ein Startup existiert durch und für die Menschen, die in ihm arbeiten und gleichzeitig, weil es einen konkreten Nutzen für seine Kunden schafft. Unternehmensstrukturen der Old Economy aus reiner Profitgier in den Internetbereich zu übertragen, hat für mich mit „Startup“ nichts zu tun. Vielleicht ein wenig philosophisch, dieser Ansatz…

Janka, ich danke dir für das Gespräch! Sehen wir uns am Freitag beim HR Barcamp?

Oh ja, Berlin 17.02. HR Barcamp! Ich bin schon gespannt, was sich bei der Ansage „Open Agenda“ an Agenda ergibt ;-)

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