Corporate Career Twitter Accounts – Ansätze einer qualitativen Beurteilung

Vor ein paar Wochen habe ich ja mal begonnen, die deutschprachigen Karriere-Twitter-Accounts von rekrutierenden Unternehmen quantitativ zu vergleichen, d.h. zunächst einmal reinweg auf Basis der jeweiligen Follower-Zahlen. Ich habe das auch heute mal wieder aktualisiert, doch dazu erst am Ende des Artikels mehr.

Wie sich über den Zeitraum von jetzt einem Monat gezeigt hat, sind nahezu alle inzw. 26 gezählten Accounts bzgl. ihrer Follower-Zahl gewachsen, d.h. grundsätzlich scheint das Thema “an sich” weiterhin Zulauf zu haben.

Allerdings fällt das Wachstum doch von Fall zu Fall durchaus unterschiedlich aus. Während die Deutsche Bahn mit @dbkarriere in einem Monat um knapp 19% mehr Follower verzeichnete, wuchs z.B. Daimler (@daimler_career) “nur “um knapp 5,5%. Das größte Wachstum konnte ich allerdings im “unteren” Bereich der Tabelle feststellen – bei SNT (@SNTlive) und der Commerzbank (@CommerzbankJobs). SNT habe ich erst seit 2 Wochen in der Zählung, aber in diesem Zeitraum wuchs die Zahl Followers um mehr als 31%. Die Commerzbank legte in vier Wochen um fasst 66% zu. Natürlich ist ein hohes relatives Wachstum leichter, wenn man von einem niedrigeren absoluten Niveau kommt, aber dass es daran nicht allein liegen kann, sieht man etwa an BMW (@BMWKarriere). BMW legte im gleichen Zeitraum von zwei Wochen nämlich “nur” von 163 auf 180 Followers (+10,4%).

Damit wäre aus meiner Sicht auch erstmal widerlegt, dass die Anzahl Twitter-Followers ein simples Abbild der allgemeinen Attraktivität der Employer Brand ist (etwa ablesbar am Trendence Ranking). Doch was ist es dann? Was macht einen Corporate Career Twitter Kanal attraktiv, bzw. attraktiver als andere? Hierzu habe ich mir auf der einen Seite die Tweets von der Deutschen Bahn, SNT und der Commerzbank also die relativ stark wachsenden Angebote, sowie die Kanäle von Thyssenkrupp (@thyssenkruppjob) und Ernst & Young (@ey_careers), die in der Zahl Followers nur wenig zulegen konnten, einmal etwas näher angeschaut – inhaltlich:

– Häufigkeit: @dbkarriere hat in einem Monat ziemlich genau 40 Tweets abgesetzt (also im Schnitt etwas mehr als ein Tweet pro Tag). @SNTlive bringt es in zwei Wochen auf etwa 140 Tweets (also ca. 10 täglich)! Die Commerzbank liegt mit 48 Tweets in einem Monat bei einem täglichen Schnitt von ca. 1,5. Thyssenkrupp bringt es in drei Wochen auf gut 100 Tweets (im Schnitt ca. 5 täglich) und Ernst & Young schrieb in einem Monat 16 Tweets, also ca. 0,5 pro Tag.

These 1: An der Menge liegt es nicht…

– Inhalt: Hier wird es naturgemäß subjektiv. Ich habe mich mal den Mitteln der Content-Analyse bedient und die jeweils letzten 40 Tweets versucht zu kategorisieren. Und zwar nach folgendem Raster:

1) Veranstaltungen / Events (Hinweise auf Veranstaltungen, Berichte von Veranstaltungen etc.).

2) Retweets anderer (Karriere-)Twitterer, Corporate oder nicht Corporate.

3) Direkte Dialog-Tweets, also solche, die mit einer @Anrede beginnen und sich direkt an einen anderen Twitterer richten.

4) Jobangebote (Stellen, Praktikanten-, Ausbildungs-, Traineeprogramme etc.).

5) Hinweis / Links zu anderen Inhalten im Web (oft mit Verlinkungen), nennen wir es mal “Lesenswertes”. Diese Kategorie ist m.E. recht dicht an der Retweets-Kategorie dran, nur dass es nicht vorher schon jemand anderes getwittert hat.

Bei der Deutschen Bahn bezogen sich von den letzten 40 Tweets ziemlich genau 50% auf eine bzw. mehrere (Karriere-)Veranstaltung(en), d.h. Berichte, Twitpics, Anreise zum Event, Eindrücke vom Event usw.. 20% waren Retweets anderer (Karriere-)Twitterer, 12,5% waren direkte Dialog-Tweets, 10% waren Jobangebote (Praktikum etc.) und 5% waren Hinweise / Links zu anderen Inhalten im Web.

Bei SNT hingegen waren über 57% der Tweets Retweets anderer (Karriere-)Twitterer. Ca. 25% waren direkte Dialog Tweets, wobei sich diese recht hohe Zahl auch daher erklärt, dass sich SNT bei vielen neuen Followern auf diesem Weg für´s Folgen bedankt (mit Hinweis auf die Facebook-Präsenz), 12,5% waren Hinweise auf Jobs bzw. auf die Karrierewebsite oder Facebook-Präsenz. In meiner Zählung war nur ein Hinweis / Link zu anderen Webinhalten (2,5%). Aber wie gesagt: Dieses ist in der Mechanik dem Retweeten ja durchaus verwandt.

Bei der Commerzbank überwog mit 65% der Hinweis auf Jobs und Einstiegsmöglichkeiten (Trainee, Ausbildung, Praktikum). 25% der Tweets waren Links und Hinweise zu Webinhalten (zumeist zu Inhalten, die wiederum von der Commerzbank kommen wie z.B. einer Klimaschutz-Studie o.ä.). Jeweils 5% waren dann Tweets zu Veranstaltungen (hier aber im Gegensatz zur Deutschen Bahn aber weniger als Bericht von einer Veranstaltung, als vielmehr Veranstaltungsankündigungen) sowie direkte Fragen an die Follower (im Stile einer Poll-Frage).

Bei Thyssenkrupp ist die Analyse leicht: 100% Postings von Jobs, direkt aus der Unternehmensjobbörse.

Bei Ernst & Young überwiegt dieser Teil auch (mit über 67%). Allerdings waren hier auch Tweets, die sich auf Veranstaltungen beziehen, mit 20% vertreten. Dabei fiel mir allerdings auf – wohlgemerkt kleine Stichprobe -, dass sich die meisten dieser Tweets auf die #dapm10, also das Treffen des Arbeitskreises Personalmarketing, bezog, also quasi die “Personaler-Suppe” intern”, 12,5% der Tweets waren Hinweise und Links zu anderen Webinhalten (z.T. mit E&Y-Bezug).

Das führt zu These 2: Es gibt nicht das Erfolgsrezept für einen guten Karriere-Tweet. Ach.

Aber: Nennen wir es mal These 3: Ich würde denken, dass das reine Posten von Stellenangeboten nicht zielführend ist, siehe Thyssenkrupp. Klar, wenn man es automatisiert, hat man auch keine Arbeit damit, aber wer soll denn diesen Kanal abonnieren, auf dem er täglich 5 Jobs angeboten bekommt, von denen aufgrund der Breite des Aufgabenspektrums bei Thyssenkrupp doch naturgemäß für einen selber nur ein klitzekleiner Ausschnitt relevant sein kann? An Viralität mag ich hier auch nicht recht glauben. Und sonst gibt es in diesem Kanal gar nichts weiter… Wenn man den Hinweis auf offene Stellen als einen wichtigen Inhalt des Corporate Tweets heranziehen möchte (was ich für durchaus sinnvoll halte), dann sollte dies scheinbar zumindest händisch – und entsprechend “persönlich” – passieren und auch immer mal wieder durch andere Inhalte aufgelockert werden (siehe Commerzbank).

These 4: Das aktive Retweeten, also Aufgreifen der Gedanken anderer ist offensichtlich auch kein schlechtes Instrument, seinen Kanal attraktiver zu machen, ggf. manchmal angereichert durch “eigene Findungen”, also das Hinweisen auf Artikel oder andere spannende Webinhalte. Ich denke auch, dass das aktive Weiterverbreiten anderer Aussagen auch die Wahrscheinlichkeit erhöht, selber mit seinen Inhalten viral verbreitet zu werden.

Schließlich – These 5 – erscheint es mir für einen Corporate Career Twitter Account offensichtlich eine gute Idee zu sein, gelegentlich “live” zu berichten. Diese Berichterstattungen sind meines Erachtens eines der wesentlichen (Erfolgs-)merkmale mindestens des @dbkarriere Kanals. Man nimmt es der Truppe um Robindro einfach ab, “da zu sein” und auch “voll dahinter zu stehen”. Beabsichtigt man, mit dem Karriere-Kanal nicht nur mit der Personaler-Community zu kommunizieren, sondern auch (mindestens mittelbar) die Zielgruppe zu erreichen, dann sind es solche Stilmittel die zu wirken scheinen.

So, bevor dies jetzt kommentiert werden kann erst nochmal die aktuellen Zahlen. Das sind immerhin nicht diskutable Fakten…

2 Gedanken zu „Corporate Career Twitter Accounts – Ansätze einer qualitativen Beurteilung

  1. Wieder einmal eine tolle Analsye, und wie immer die Mischung macht´s da muss von Werbung für die Firma über Jobs, News und Tratsch alles dabei sein, damit es für Bewerber und Partner Laune macht! Chapeau für die Analyse!

  2. Vielen Dank für diese Analyse, sehr interessant zu lesen und wieder mehr zu lernen. Man hat wirklich den Eindruck, dass es ganz stark darauf ankommt, dass “Menschen” dahinter stehen, die auch mal mit “Augenzwinkern” twittern. Eine interessante Frage für die Zukunft ist aber sicher auch, wie sich die “First Mover” mit den 1.000er-Zahlen weiterentwickeln, wenn mal die “Star-Twitterer” wechseln? Es muss halt eben auf lange Sicht in der Personalkommunikation integriert werden.

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